
Cartoon Medizin und Markt
Cannabis in der Schmerztherapie

Die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) hat sich in ihrer Praxisleitlinie zur Verwendung von Cannabis in der Schmerztherapie gleich in mehrerlei hinsicht klar positioniert und damit Mut bewiesen:
- Für den Einsatz oraler Cannabinoide in Form von Fertig- oder Rezepturarzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol, Nabiximols oder Nabilon in Indikationen, in denen das Gesamtbild aus Studien- und Erfahrungsevidenz für einen möglichen Behandlungserfolg spricht – jeweils dann, wenn die etablierten Therapieformen nicht zum Ziel führen; das betrifft vor allem verschiedene chronische Schmerzformen, Tumorschmerz, Anorexie/Kachexie, Übelkeit/ Erbrechen, aber auch palliative Situationen.
- Für eine patientenzentrierte Medizin, die sich zwar wissenschaftlich hochwertige Studien wünscht, den Patienten aber bei deren Fehlen nicht mit seinen Beschwerden allein lässt.
- Gegen den therapeutischen Einsatz von Cannabisblüten.
Die Empfehlung gegen Cannabisblüten wird begründet u.a. mit:
- einer erheblichen Variabilität der Wirkstoffkonzentration durch Zubereitungsprozeduren,
- der Gefahr übertherapeutischer Dosierungen,
- der Schwankungsbreite der Wirkstoffkonzentrationen in den Pflanzenanteilen,
- möglichen Überschneidungen mit dem Freizeitgebrauch und
- dem Fehlen jedweder wissenschaftlichen Grundlage zur Wahl einer spezifischen Cannabissorte.
Die Erstellung der PraxisLeitlinie erfolgte unter Beteiligung der interessierten (Fach-)Öffentlichkeit (MT berichtete). Die anschließende DGSinterne Konsentierung mündete nun in die Publikation der finalen Fassung. Die DGS-Praxisleitlinie „Cannabis in der Schmerztherapie“ finden Sie hier.
Cannabinoide: auf Wirtschaftlichkeit achten!
Eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes analysierte nach der Techniker Krankenkasse nun auch die Barmer die bisherige Nutzung dieser neuen therapeutischen Option durch ihre Versicherten und deren Ärzte.1 Die meisten Cannabinoid-Rezepte kommen laut Barmer von Hausärzten: Allgemeinmediziner, hausärztliche Internisten und Praktische Ärzte bilden mit fast 42 % die Majorität der Cannabinoid-Verordner. Sie stehen an vorderster Front und erkennen den potenziellen Nutzen dieser Wirkstoffe für viele ihrer Patienten mit bislang therapierefraktären Beschwerden wie chronischen Schmerzen, Spastiken oder auch Übelkeit, Erbrechen, Appetitmangel/Kachexie im Zusammenhang mit einer schweren Grunderkrankung. Die Krankenversicherungen betonen, dass der positive Entscheid den Arzt nicht von der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Therapie entbinde.Blüten kosten rund 1000 Euro mehr pro Monat und Patient!
Dies gelte auch für die Wahl des Wirkstoffs. In diesem Zusammenhang bezifferte die Barmer erstmals reale Therapiekosten2: Für Mai 2018 gibt sie für Cannabinoid-Fertig- und -Rezeptur-Arzneimittel Ausgaben von im Mittel zwischen 350 und 721 Euro je Cannabis-Patient an – im Vergleich zu 1708 Euro bei Cannabis- Blüten. „Cannabis-Blüten sind nicht nur unverhältnismäßig teuer, sondern in der Praxis auch kaum dosierbar, da es verschiedene Sorten, Stärken und Verabreichungsformen gibt. Blüten sollten nicht zum Einsatz kommen, zumal es alternative Cannabis-Präparate gibt“, kommentierte die leitende Medizinerin der Barmer, Dr. Ursula Marschall, die Zahlen. Das aktuell am häufigsten verordnete Cannabinoid ist Dronabinol (reines THC)3, das als Rezepturwirkstoff schon seit 1998 in Deutschland betäubungsmittelrechtlich verkehrsund verordnungsfähig ist. Mehr zur Cannabinoid-Therapie erfahren Sie hier.1. Marschall U et al. In: Barmer Gesundheitswesen aktuell 2018, Sept. 2018; S. 218-271
2. Pressemitteilung vom 28.8.2018. www.barmer.de/presse/presseinformationen/ pressemitteilungen/6-583-antraege-aufcannabis- haltige-medikamente--nutzen-voncannabis- haeufig-nicht-erwiesen--164064
3. www.tk.de/centaurus/servlet/contentblob/ 982396/Datei/88085/TK-Studienband- Cannabis-Report-2018.pdf
Fallbericht: Dronabinol bei chronischen Schmerzen
Zu den gut etablierten Indikationen von Dronabinol zählen chronische, insbesondere neuropathische Schmerzen. Häufig profitieren Schmerzpatienten nicht nur von der analgetischen Wirkung, wie folgender Fall zeigt: Vorgeschichte: Die 78-jährige Patientin stellt sich mit heftigen Rückenschmerzen und Bewegungseinschränkungen vor. Im CT zeigen sich Osteolysen der gesamten Wirbelsäule und Schädelkalotte, die zusammen mit den Laborbefunden die Diagnose festigen: Die Patientin leidet an einem fortgeschrittenen multiplen Myelom (IgA kappa IIIa). Nach Einleitung einer Chemotherapie mit Bendamustin, Prednison und Velcade werden die Wirbeldefekte kyphoplastisch behandelt und die Knochensubstanz durch Bisphosphonate stabilisiert.Wirkspektrum von THC:1***
- Analgesie
- Entzündungshemmung
- Spasmolyse
- Appetitnormalisierung
- Antiemesis
- Sedierung
- Anxiolyse
Fallbericht und CT-Aufnahme mit freundlicher Genehmigung von Dr. Sylvia Mieke, Fachärztin für Allgemeinmedizin und Schmerztherapie, Frankfurt/Main.
* VAS: Visuelle Analogskala
** NRF: Neues Rezeptur-Formularium
*** THC: Tetrahydrocannabinol
1. Grotenhermen F. Clin Pharmacokinet. 2003; 42: 327-360
Cannabisbasierte Therapie: Das sind die häufigsten Ablehnungsgründe der GKVen
Tipps zur Antragstellung
Musteranträge und weitere hilfreiche Informationen zur Antragstellung, GKV-Kostenübernahme und Wirtschaftlichkeit von Cannabinoid-Verordnungen finden Sie auf dieser Seite und unter den Links in der rechten Spalte.1. www.tk.de/centaurus/servlet/contentblob/ 982396/Datei/88085/TK-Studienband- Cannabis-Report-2018.pdf
2. Begutachtungsanleitung – Richtlinie des GKV-Spitzenverbandes nach § 282 SGB V: Sozialmedizinische Begutachtung von Cannabinoiden nach § 31 Absatz 6 SGB V (Stand Juli 2017); www.mds-ev.de/uploads/media/downloads/ BGA_Cannabis_2017_08_29.pdf
CaPRis: Orale Cannabinoide sind gut verträglich
Orale Applikation bevorzugen
Wirksamkeitsbestimmend in fast allen im Cannabisgesetz genannten Wirkstoffen ist Tetrahydrocannabinol (THC) bzw. dessen rein synthetisches Analogon Nabilon. THC ist als Reinsubstanz unter seinem internationalen Freinamen Dronabinol als Rezepturwirkstoff in Deutschland bereits seit 20 Jahren verfügbar, daneben seit 2011 als Bestandteil der Cannabisextrakt-Mischung Nabiximols und seit 2017 auch als Inhaltsstoff in sonstigen Cannabisextrakten und in Cannabisblüten. Dementsprechend ähneln sich all diese Wirkstoffe in der Art ihrer Nebenwirkungen, während Häufigkeit und Intensität stark von der Darreichungsform beeinflusst werden. Am häufigsten werden zu Therapiebeginn vorübergehend Schwindel oder Müdigkeit/Benommenheit, Mundtrockenheit, leichte Änderungen der Herzfrequenz oder des Blutdrucks, bei Überdosierung auchAngst berichtet. Wegen der ungünstigen Pharmakokinetikmit extrem schwankenden THC-Plasmaspiegeln ist vonder inhalativen Anwendung abzuraten. Cave: Schwangerschaft, Stillzeit, Psychose. Die Verträglichkeit von THC kann durch Auftitration zu Therapiebeginn erheblich verbessert werden. Dies ist mit Dronabinol als Rezepturwirkstoff besonders gut möglich.Start low, go slow, keep low
In den meisten Fällen reichen 5 bis 20 mg/d oral für eine klinisch relevante Beschwerdelinderung aus. Da Nabilon derzeit nur in 1-mg-Kapseln, entsprechend 7–8 mg THC-Äquivalent, verfügbar ist, ist hier die Auftitration erschwert. Bei Verwendung von Cannabisblüten wird erfahrungsgemäß die 10- bis 30-fache THC-Dosis benötigt, eine reproduzierbare Dosierung durch den Patienten ist deutlich erschwert. Die gute Langzeitverträglichkeit von definierten, titrierfähigen oralen Cannabinoiden wie Dronabinol ermöglicht ihren Add-on-Einsatz bei therapierefraktären Beschwerden wie chronischen Schmerzen oder Übelkeit, von dem viele schwer kranke Patienten profitieren.Fit für die Cannabinoid-Verordnung: So meistern Sie die administrativen Hürden

- Die Praxisleitlinie „Cannabis in der Schmerztherapie“ der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS). Sie befindet sich aktuell in der Vorbereitung zur Konsentierungsphase und soll voraussichtlich im dritten Quartal 2018 final publiziert werden. Die vorläufige Version ist einsehbar unter https://dgs-praxisleitlinien.de/ leitlinien/cannabis/komm/pll_cannabis_ comment.php und eine Zusammenfassung finden Sie auch im Folgenden dieses Beitrags.
- Die Broschüre „Hinweise zur Verordnung von Dronabinol“ von Bionorica ethics. Sie erläutert den Gesetzestext und veranschaulicht anhand von Checklisten, Schaubildern und Muster-Arztfragebögen mit zahlreichen Tipps das praktische Vorgehen bei der Antragstellung für eine GKV-Kostenübernahme. Literaturhinweise zu den wichtigsten Indikationen von Dronabinol, Informationen zur Begleiterhebung und eine Übersicht über die Abrechnungsziffern fehlen ebenso wenig wie Informationen zur Fahrtauglichkeit des Patienten und zu Auslandsreisen. Diese Broschüre steht Ihnen hier zum kostenlosen Download bereit und unter www.bionorica-ethics.de im Passwort-/DocCheckgeschützten Bereich Arzt. Darin finden Sie viele weitere hilfreiche Informationen und Serviceangebote zur Cannabinoid-Therapie.
CME-zertifizierte Cannabinoid Collegs in 2018 in elf Städten

Erfahren Sie im Cannabinoid Colleg, wann eine Therapie mit Cannabis- Wirkstoffen indiziert ist, welche Dosierung und Darreichungsform geeignet ist und wie Sie Rezepterstellung, GKV-Antragstellung und Begleiterhebung effizient meistern. Anhand konkreter Fallbeispiele diskutieren Siemit renommierten Referenten aus Praxis und Klinik das praktische Vorgehen bei der Therapie und Verordnung und erhalten Musterbeispiele und Tipps für die administrativen Aspekte.
www.cannabinoid-colleg.de
https://streamed-up.com/cannabinoide-in-der-medizin/

DGS-Praxisleitlinie „Cannabis in der Schmerztherapie“: Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) stellt Leitlinien-Entwurf zur Diskussion
„Viele Ärzte sind noch unsicher bei der Versorgung mit Cannabinoiden oder befürchten Regresse“, erklärte der soeben neu gewählte Präsident der DGS, Dr. Johannes Horlemann, auf einer Pressekonferenz im Rahmen des Deutschen Schmerz- und Palliativtages am 9. März in Frankfurt. „Die Verordner benötigen stabile Rahmenbedingungen, auch innerhalb der vorhandenen Evidenz, um Cannabinoide sinnvoll, ethisch gesichert und pharmakologisch sicher einsetzen zu können.“ Daher hat die DGS die erste PraxisLeitlinie „Cannabis in der Schmerztherapie“ erarbeitet. Sie soll Ärzte bei der Verordnung von Cannabinoiden, auch im Umgang mit den Krankenkassen, unterstützen. Die Leitlinie befindet sich derzeit in der Kommentierungsphase und kann unter www.dgs-praxisleitlinien.de eingesehen und bewertet werden.Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).
