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Chemo trotz Schwangerschaft möglich

Wie riskant die Einnahme von Medikamenten während der Schwangerschaft sein kann, ist spätestens seit dem Contergan-Desaster klar.
Die daraus resultierende Zurückhaltung wird heute durch jeden Medikamenten-Beipackzettel bestätigt und als verantwortungsbewusster Arzt muss man in solchen Fällen immer sehr sorgfältig das Wohl von Mutter und Ungeborenem abwägen.
Schwierig wird dies, wenn die werdende Mutter während der Schwangerschaft zum Beispiel eine Krebsdiagnose bekommt. Nicht nur ist diese Diagnose selbst meist ein Schock für die Patientin – darüber hinaus lässt sich eine mehr oder weniger aggressive Therapie in einem solchen Fall oft auch nicht vermeiden oder zumindest verschieben, ohne das Leben der Mutter zu gefährden.
Eine europäische Gruppe von Institutionen in Belgien, den Niederlanden, Italien und Tschechien, alle Mitglieder des International Network on Cancer, Infertility and Pregnancy, hatte bereits multizentrische Daten publiziert, wonach Kinder, die in utero Krebstherapien ausgesetzt waren, später keine kognitiven oder kardialen Probleme aufweisen.
Spätere Gesundheit der Kinder abgefragt
Da diese Studie sowohl retrospektiv als auch prospektiv erhobene Daten analysiert hatte, was zu Interpretationsschwierigkeiten führen kann, wurde in der Folge die prospektive Komponente der Untersuchung ausgeweitet:
Die Autoren unter Federführung von Gynäkologen an der Universtiät von Leuven in Belgien berichten nun über insgesamt 129 Kinder, deren Mütter während der Schwangerschaft eine Krebsdiagnose erfahren hatten und verglichen sie mit 129 Kindern, deren Mütter keine Krebsdiagnose während der Schwangerschaft bekommen hatten.
Mittels eines Gesundheitsfragebogens und der Klinikakten wurden die Gesundheit der Neugeborenen sowie die allgemeine spätere Gesundheit der Kinder abgefragt.
Außerdem folgten prospektiv nach 18 und/oder 36 Monaten eine neurologische Untersuchung sowie eine Feststellung der kindlichen Entwicklung mit den Bayley Scales of Infant Development.
Im Alter von drei Jahren wurde darüber hinaus der kardiale Zustand kontrolliert.
Gleiches Geburtsgewicht wie in der Gruppe ohne Krebs
Drei Viertel der Kinder mit einer Tumorerkrankung der Mutter waren während der Schwangerschaft einer Chemotherapie (alleine oder in Kombination mit anderen Behandlungen) ausgesetzt gewesen, 8,5 % hatten eine Radiotherapie (mit oder ohne zusätzliche Behandlung) mitgemacht.
In jedem zehnten Fall war die Mutter nur operiert worden, bei lediglich zwei Kindern (1,6 %) war sie mit anderen (nicht zytotoxischen) Medikamenten behandelt worden und nur 14 Kinder (10,9 %) hatten keinerlei Exposition gegenüber irgendeiner onkologischen Therapie erfahren.
Das Geburtsgewicht lag bei 22 % der Kinder von Müttern mit Krebs in der Schwangerschaft unterhalb der zehnten Perzentile, in der Kontrollgruppe, in der die Mütter keine onkologische Erkrankung hatten, waren es 15,2 %; der Unterschied war nicht signifikant (p = 0,16).
Auch bei der kognitiven Entwicklung, gemessen mit dem Bayley-Score, gab es keine signifikante Differenz (p = 0,08) – auch nicht in Subgruppenanalysen.
47 der Kinder in der Krebsgruppe wurden bisher im Alter von drei Jahren kardiologisch untersucht: Hier ergaben sich ebenfalls nur normale Befunde.
Die pränatale Exposition eines Fetus gegenüber einer mütterlichen Krebserkrankung – egal ob diese während der Schwangerschaft behandelt wird oder nicht – führt also beim Kind nicht zu einer Einschränkung der kognitiven, kardialen oder allgemeinen Entwicklung nach der Geburt.
Frühgeburten waren mit schlechterer kognitiver Entwicklung korreliert, aber dieser Zusammenhang scheint unabhängig von einer Krebstherapie zu sein.
Quelle: Amant F et al., New Engl J Med 2015, Sep 28 [prepub ahead of print, DOI 10.1056/NEJMoa1508913]
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