
Chinin gegen Wadenkrampf nur noch auf Rezept?
Chininhaltige Präparate zur Therapie von Wadenkrämpfen sollen nach dem Willen des BfArM1 unter Verschreibungspflicht gestellt werden. Eine sorgfältige Abwägung von Nutzen und Risiken der Therapie könne nur der Arzt leisten.
Die Wirksamkeit von Chinin in der Prophylaxe und Therapie nächtlicher Wadenkrämpfe ist moderat, schreibt Dr. Ute Brixius vom BfArM. In einem Cochrane-Review mehrerer Studien ergab sich bei zweiwöchiger Anwendung im Vergleich zu Placebo eine signifikante Reduktion der Krampfzahl um 28 %, was 2,4 Krämpfen entspricht.
Die Intensität der Krämpfe bzw. der Schmerzen verringerte sich um 10 %. Die aktuelle Leitlinie „Crampi/Muskelkrampf“ empfiehlt als Mittel der ersten Wahl die Dehnung der betroffenen Muskulatur.
Muskelkrämpfe zunächst dehnen
Bevor symptomatisch wirksame Medikamente verordnet werden, müssen Differenzialdiagnosen wie muskuläre Überlastung, Magnesiummangel, metabolische Myopathien und chronisch venöse Insuffienz ausgeschlossen werden.
Zudem gilt es, eventuell den neurologischen Status, Blutzucker, Schilddrüsenwerte und Elektrolyte zu überprüfen.
Chininhaltige Arzneimittel sollte der Arzt nur verordnen, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind: Ausschluss einer Grunderkrankung, sehr schmerzhafte oder häufige Muskelkrämpfe, regelmäßige Störung des Nachtschlafs durch Muskelkrämpfe oder Wirkungslosigkeit physiotherapeutischer Maßnahmen wie z.B. Dehnungsübungen.
Ein Therapieversuch mit Chinin ist nach vier Wochen ohne deutlichen Erfolg (Reduktion von Krampffrequenz und -stärke) abzubrechen, bei längerer Anwendung ist die Indikation alle drei Monate zu überprüfen, fordert die Expertin.
Wadenkrämpfe: Chinin nur zweite Wahl
Zu den möglichen Nebenwirkungen von Chinin bei empfohlener Dosierung gehören eine immunologisch vermittelte Hepatitis beziehungsweise Nephritis und gastrointestinale Beschwerden.
In seltenen Fällen können schwere Blutbildveränderungen wie Thrombozytopenien bzw. thrombotisch-thrombozytopenische Purpura sowie ein hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) auftreten.
Außerdem wurden Herzrhythmusstörungen bis hin zur Torsade-de-pointes-Tachykardie beobachtet, bei empfindlichen Personen können bereits geringe Chinindosen das QT-Intervall verlängern.
Chinin: Gefährliche UAW
Aufgrund der neuen Nutzen-Risiko-Bewertung empfiehlt das BfArM eine Rezeptpflicht. Denn nur der Arzt könne etwaige Kontraindikationen und Wechselwirkungen ausschließen. Vor der Verordnung von Chinin sollten Alternativmedikationen, z.B. Magnesiumpräparate erwogen werden.
Auch den Genuss chininhaltiger Getränke sieht man im BfArM kritisch. Sie seien z.B. für Schwangere, Patienten mit Arrhythmien, Tinnitus, hämolytischer Anämie oder vorgeschädigtem Sehnerv riskant.
1Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte | |
Quelle: | Ute Brixius, Bulletin zur Arzneimittel- sicherheit 2014; Ausg. 1: 3–8 |
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