COPD: Im oligosymptomatischen Krankheitsstadium kann man am meisten gewinnen

Manuela Arand

Bisher hat sich die COPD-Therapie darauf beschränkt, Symptome zu lindern und Exazerbationen zu verhindern. Bisher hat sich die COPD-Therapie darauf beschränkt, Symptome zu lindern und Exazerbationen zu verhindern. © iStock/Visual Generation

Wenn der COPD-Patient hustet und kurzatmig wird, kommt eine krankheitsmodifzierende Intervention schon zu spät. Um das Vollbild gar nicht erst manifest werden zu lassen, gilt es, früh einzugreifen. Dazu muss aber klar sein, was unter früher COPD zu verstehen ist.

Ein aktueller Vorschlag1 definiert die frühe COPD anhand von Spirome­trie- und CT-Befunden. So muss bei einem unter 50-Jährigen Raucher oder Exraucher mit mindestens zehn Packungsjahren der Quotient FEV1/FEVC unterhalb des unteren Normbereichs liegen oder der FEV1-Abfall beschleunigt sein (≥ 60 ml/Jahr). Alternativ oder zusätzlich ist das CT auffällig (Emphysem, air trapping, Bronchialverdickung). Entscheidend dabei: Objektiv messbare Veränderungen signalisieren, dass der Patient gefährdet ist, das Vollbild COPD zu entwickeln, Symptome spielen dabei keine Rolle. Ob man das Ganze frühe COPD, Prä-COPD oder GOLD-Stadium 0 nennt, ist Geschmackssache.

Startschuss im Uterus

Schon in frühen Stadien der COPD gehen Atemwegsepithelzellen zugrunde und die kleinen Atemwege schwinden. Natürliche Killerzellen, deren Zytotoxizität bei Rauchern und COPD-Patienten verstärkt scheint, treiben die Epithelzellen in die Apoptose. Das bessert sich übrigens nicht, wenn der Patient aufhört zu rauchen, erklärte Professor Dr. Christine Freeman, Division of Pulmonary and Critical Care Medicine, Medical School, University of Michigan, Ann Arbor. Was immer die NK-Zellen so aggressiv macht, überdauert den Rauchstopp. Dendritische Zellen spielen eine wichtige Rolle, sie scheinen die NK-Aktivität zu befeuern und sezernieren proinflam­matorische Zytokine. Prof. Freeman konnte nachweisen, dass diese Prozesse schon bei Feten beginnen, die in utero Tabakrauch ausgesetzt sind. Das erklärt, warum das COPD-Risiko von Kindern rauchender Eltern erhöht ist, selbst wenn sie selbst später nikotinabstinent bleiben. Möglicherweise setzt die intrauterine Exposition einen Schneeballeffekt in Gang, der die Suszeptibilität für spätere Noxen wie Infekte oder Rauchen verstärkt.

Sich bei der diagnostischen Strategie ein Beispiel an den Diabetologen zu nehmen, schlug Professor Dr. Fernando J. Martinez vom Weill Cornell Medical College in New York vor. Diese haben ein zweistufiges Prozedere entwickelt, das Risikokandidaten anhand einfach zu erhebender Parameter wie Alter, Geschlecht, Body Mass Index und Anamnese identifiziert und sie dann einer intensiveren, beim Diabetes naturgemäß primär laborgestützten Diagnostik unterzieht. Übertragen auf die COPD hieße das: Anamnese auf Stufe 1, Spirometrie und/oder Bildgebung auf Stufe 2.

Modifikation der Krankheit anstreben

Bisher hat sich die COPD-Therapie darauf beschränkt, Symptome zu lindern und Exazerbationen zu verhindern. Krankheitsmodifikation steht nicht auf der Agenda, zumal die bisher verfügbaren Therapien das gar nicht leisten können. Das wird sich ändern müssen, wenn es gelingen soll, die individuelle und gesellschaftliche Krankheitslast durch die COPD nachhaltig zu senken. Zielgruppe für eine solche Intervention sind am ehesten die Patienten, die mit einer normalen Lungenfunktion starten und dann rasch FEV1 verlieren, meinte Professor Dr. Jadwiga Wedzicha, Imperial College, London. Bisher haben sich aber nur wenige Studien dieser Patienten angenommen, etwa die Lung Health Study.2 Sie konnte zeigen, wie effektiv ein früher und konsequenter Rauchstopp den weiteren Funktionsverlust verhindert, zumal Raucher umso mehr Funktion einbüßen, je besser ihr Ausgangswert ist.3 Bei früher COPD lässt sich also noch am meisten herausholen.

Tiotropium scheint Verlust an FEV1 zu verlangsamen

Weit weniger klar erscheint die Datenlage hinsichtlich pharmakologischer Interventionen. Zwar deutete sich in der UPLIFT-Studie an, dass eine bronchodilatatorische Therapie mit dem LAMA Tiotropium den FEV1-Verlust verlangsamen kann.4 Dies gelingt aber nur, wenn die COPD mild ausgeprägt ist und die Patienten noch wenig Symptome haben. Interessanterweise scheinen inhalative Steroide diese protektiven Effekte abzuschwächen.5 Deshalb möchte Prof. Wedzicha für künftige Studien zur Frühintervention lieber keine ICS-behandelten Patienten rekrutieren. Speziell UPLIFT liefert gute Argumente, früh zu intervenieren, ergänzte Professor Dr. Bartolomé Celli, Brigham and Women’s Hospital Boston. Eine Post-hoc-Analyse ergab, dass Patienten unter 50 Jahren zwar eine ähnliche Verteilung der COPD- Schweregrade aufwiesen wie über 70-Jährige.6 Der Therapieeffekt sowohl hinsichtlich der FEV1 als auch der Lebensqualität fiel bei den Jüngeren aber dreimal so groß aus und erreichte im Gegensatz zur Gesamtstudie statistische Signifikanz.

* American Thoracic Association

Quellen:
1. Martinez FJ et al. AJRCCM 2018; 197: 1540-1551; DOI: 10.1164/rccm.201710-2028PP
2. Anthonisen NR et al. JAMA 1994; 272: 1497-1505; DOI: 10.1001/jama.1994.03520190043033
3. Lange P et al. N Engl J Med 2015; 373:111-122; DOI: 10.1056/NEJMoa1411532
4. Zhou Y et al. N Engl J Med 2017; 377:923-935; DOI: 10.1056/NEJMoa1700228
5. Tashkin DP et al. N Engl J Med 2008; 359: 1543-1554; DOI: 10.1056/NEJMoa0805800
6. Morice A et al. Respir Med 2010; 104: 1659; DOI: 10.1016/j.rmed.2010.07.016

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