CPI kommen selten allein

ELCC 2024 Lara Sommer

Viele Patient:innen haben Komorbiditäten und nehmen zusätzlich zur Krebstherapie weitere Pharmaka ein. Viele Patient:innen haben Komorbiditäten und nehmen zusätzlich zur Krebstherapie weitere Pharmaka ein. © avarand - stock.adobe.com

Wenn Komedikationen immunsuppressiv wirken oder das Mikrobiom stören, hilft eine Checkpoint-­Inhibition eventuell weniger. Forschende identifizierten nun fünf Wirkstoffklassen, auf die dies zutreffen könnte.

Wissenschaftler:innen bringen bestimmte Pharmaka mit einer Disruption des Darmmikrobioms in Verbindung, was potenzielle Implikationen für eine Immuntherapie hat, erläuterte Prof. Dr. Dr. ­Alessio ­Cortellini, Università Campus Bio-Medico di Roma, Rom. In einer Studie untersuchten er und Kolleg:innen, inwiefern sich zahlreiche Medikamentenklassen auf das Gesamtüberleben unter einer Checkpoint-Inhibition auswirken.

Sie berücksichtigten 1.012 Erkrankte mit fortgeschrittenen Malignomen, die gegen PD1 oder PD-L1 gerichtete Behandlungen erhielten, und stratifizierten für zahlreiche Kofaktoren, darunter Tumorentität, Alter, Krankheitslast und BMI. Insbesondere fünf Medikamentenklassen erwiesen sich als problematisch:

  • Kortikosteroide
  • Antibiotika
  • Protonenpumpenhemmer
  • Opioide
  • Metformin

Kortikosteroide

In einer Auswertung mit 455 Personen wirkte sich eine Kortikosteroiddosis von ≥ 10 mg Prednisonäquivalent bei fortgeschrittenem NSCLC deutlich negativ auf das Überleben unter Immuntherapie aus (p < 0,001). Der Referent betonte jedoch, dass der Zusammenhang nur besteht, sofern die Einnahme aus tumor­bedingten Gründen erfolgt. Er hält die Interaktion für spezifisch: „Es gab auch unter mit Chemotherapie behandelten Patient:innen einen Einfluss auf das PFS, der Effekt war aber für Immuntherapie-Rezipient:innen Magnituden größer.“

Antibiotika

Antibiotika, die Betroffene in den 30–60 Tagen vor Beginn der Checkpoint-Inhibition einnehmen, sind ebenfalls mit schlechteren Outcomes assoziiert. Dies gilt vor allem, wenn diese Substanzen prophylaktisch Einsatz finden. Ein Unterschied in der Prognose zeigte sich in Daten aus der POPLAR/OAK-Studie spezifisch für diejenigen, die Atezolizumab erhielten, nicht jedoch unter einer unselektiven Chemotherapie mit Docetaxel. „Es könnte Mitigationsstrategien geben, beispielsweise den Einsatz von Probiotika“, stellte der Experte in Aussicht. In zwei Kohorten mit ­NSCLC-Erkrankten verlängerten diese selektiv das Gesamtüberleben Antibiotika-exponierter Personen.

Protonenpumpenhemmer

Ähnliches gilt auch hinsichtlich Protonenpumpenhemmern, insbesondere bei prophylaktischer statt therapeutischer Nutzung. Für ­NSCLC-Patient:innen, die als Erstlinientherapie Pembrolizumab erhielten, verkürzten PPI das mediane PFS (5,4 Monate vs. 10,3 Monate; HR 1,36; p = 0,0001). In der Gruppe derjeniger, die eine platinbasierte Chemotherapie bekamen, sah man hingegen kaum einen Effekt.

Ebenso wie Antiinfektiva kann auch diese Wirkstoffklasse zu Veränderungen im Mikrobiom führen. Die Wissenschaftler:innen erstellten zusätzlich einen kumulativen Score auf Basis der Nutzung von Kortikosteroiden, Antibiotika und PPI. Damit gelang es ihnen, Teilnehmende in drei Risikogruppen zu differenzieren.

Opioide

„Hier ist der negative assoziative Bias vermutlich am stärksten, da Opioide vorrangig Patient:innen mit hoher Symptom- und Krankheitslast gegeben werden“, warnte Prof. ­Cortellini. Andererseits gebe es Evidenz dafür, dass Morphin immunsuppressive Effekte ausübt und Opioide Dysbiosen verursachen können. In seiner Kohorte blieb nach Korrektur für zusätzliche Einflussfaktoren ein PFS-Unterschied signifikant (p = 0,034), nicht jedoch der Effekt auf das OS. Methylnaltrexon scheint im Setting der bestmöglichen Supportivversorgung wiederum das Gesamtüberleben zu verlängern.

Diabetesmedikationen

Als letzte Gruppe identifizierten die Forschenden Behandelte, die neben CPI glukosesenkende Wirkstoffe erhalten. In einer Differenzialanalyse betraf der Nachteil ausschließlich eine Behandlung mit Metformin (OS HR 1,59; p = 0,0017; PFS HR 1,37; p = 0,016). Für die Gesamtheit sonstiger Diabetes­therapien zeigte sich hingegen kein signifikanter Einfluss. „Es gibt einige immunmodulatorische Effekte von Metformin, die vermutlich vom Kontext abhängen“, gab der Onkologe zu bedenken. Weil Metformin ­Diarrhö verursache, könne es darüber hinaus auch das Darmmikrobiom beeinflussen.

Fazit

Alles in allem gibt es klare Hinweise, dass sich bestimmte Komedikationen bei CPI-behandelten Patient:innen immunsuppressiv auswirken können. „Es kommen verschiedene potenzielle Mechanismen infrage, am wahrscheinlichsten eine Disruption des Darmmikrobioms“, ordnete Prof. Cortellini ein. Vor diesem Hintergrund kann er sich vorstellen, Optimierungsstrategien für den Medikamentenplan sogar in onkologische Leitlinien aufzunehmen. Eine solche Empfehlung könnte beispielsweise lauten, PPI zu meiden, wenn keine eindeutige Indikation vorliegt. „Schluss­endlich können wir aber nicht ohne gewisse konkomitante Medikationen auskommen. Es braucht also definitiv zusätzliche Forschungsbestrebungen, um nach Mitigationsstrategien zu suchen“, schloss der Kollege. 

Quelle: Cortellini A. European Lung Cancer Congress 2024; Vortrag „Polypharmacy and concomitant medications as prognostic factors for immune checkpoint blockade“
 

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