Damit der Hochdruck nicht ins Auge geht

Dr. Dorothea Ranft

Ein Patient Ende zwanzig wird wegen einer akuten Blutdruckentgleisung (275/195 mmHg) notfallmäßig stationär eingewiesen. Seit einem Monat leidet er unter einer Sehverschlechterung und Kopfschmerzen. Die Augenspiegelung ergibt einen Fundus hypertonicus Stadium IV mit Papillenödem und ausgedehnten Lipidablagerungen. Ein Patient Ende zwanzig wird wegen einer akuten Blutdruckentgleisung (275/195 mmHg) notfallmäßig stationär eingewiesen. Seit einem Monat leidet er unter einer Sehverschlechterung und Kopfschmerzen. Die Augenspiegelung ergibt einen Fundus hypertonicus Stadium IV mit Papillenödem und ausgedehnten Lipidablagerungen. © augeninfo.de

Wenn ein junger adipöser Patient über Kopfschmerzen und Sehstörungen klagt, sollten Sie unbedingt den Blutdruck messen. Denn diese Symptome können das erste Zeichen einer hypertensiven Retinopathie sein.

Ein chronisch oder akut erhöhter Blutdruck schädigt die Retina gleich dreifach. In der Fundoskopie imponieren die vaskulären Veränderungen mit einem gestreckteren Gefäßverlauf, Kapillarektasien und Kaliberschwankungen. Zu den parenchymatösen Läsionen zählen Cotton-wool-Herde, Blutungen, Exsudate und Papillenödem.

Retinopathie kann sehr 
lange unbemerkt bleiben

Ischämische Areale können sich sowohl in der Netzhaut als auch in der Chorioidea zeigen, schreiben Professor Dr. Nicolas Feltgen von der Universitätsaugenklinik Göttingen und Kollegen.

Ein akuter, starker Druckanstieg (Eklampsie, Phäochromozytom etc.) bewirkt einen fokalen Spasmus der retinalen Arterien. Die Folgen sind Gefäßwandschäden, Netzhautblutungen, Ischämien und Exsudationen. Die chronische Hypertonie dagegen führt über eine Arteriosklerose zu Wandverdickungen der retinalen Arteriolen.

Patienten mit hypertensiver Retinopathie bleiben meist lange beschwerdefrei. Erst wenn die zentrale Netzhaut beteiligt ist, kommt es zu einer langsamen Sehverschlechterung über mehrere Tage, oft begleitet von Kopfschmerzen. Treten Symptome auf, findet sich meist auch ein massiver Anstieg des Blutdrucks auf 200–300 mmHg systolisch und > 100 mmHg diastolisch. Auch in der Schwangerschaft ist mit derartigen Entgleisungen zu rechnen (Präeklampsie/Eklampsie).

Bei Schwangeren im dritten Trimester wachsam sein

Deshalb sollte bei jeder Sehverschlechterung im letzten Trimenon eine hochdruckbedingte Netzhaut­erkrankung ausgeschlossen werden. Wenn sich bei der Augenspiegelung zusätzlich eine Papillenschwellung zeigt, spricht man von einer malignen Retinopathie (Stadium IV, s. Kasten). Dabei droht eine partielle oder komplette Atrophie des Sehnervs. Als Zeichen des Nervenfaserverlusts erscheint der zentrale Fundus auch nach erfolgreicher Blutdruckeinstellung oft matt. Die Sehschärfe erholt sich zwar meist wieder, Gesichtsfelddefekte und ein vermindertes Kontrastsehen können jedoch verbleiben. Ringgförmige Lipidablagerungen in Bereich der Makula (Circinata-Figuren) gehen ebenfalls mit einer ungünstigen Prognose für den Visus einher.

Hypertensive Retinopathie

  • Stadium I: Leichte generalisierte Verengung der Arteriolen, auffällige Schlängelung, keine fokalen Engstellen 
  • Stadium II: Ausgeprägte generalisierte Engstellung der Gefäße mit fokalen Stenosen und Kompression der kreuzenden Venen (Gunn-Zeichen)
  • Stadium III: Zusätzlich Blutungen, harte Exsudate, Cotton-wool-Herde
  • Stadium IV: Zusätzlich Papillenödem und Optikusatrophie

Nach der Keith-Wagener-Barker-Klassifikation. Keith NM et al. Am J Med Sci 1974; 268: 336-345

Eine erhöhte Mortalität ermittelten Studien für die moderate Retinopathie, also wenn parenchymatöse Läsionen wie retinale Blutungen, Mikro- und Makroaneurysmen, Cotton-wool-Herde und harte Exsudate vorliegen. Betroffene tragen ein erhöhtes Schlaganfallrisiko – evtl. sogar trotz suffizienter Blutdruckeinstellung. Auch die Koronar- und Nephropathie-Sterblichkeit (Relatives Risiko: 2,29 bzw. 2,96) liegt bei ihnen höher.

Finger weg von abschwellenden Tropfen

Die Therapie der Retinopathie steht und fällt mit einer erfolgreichen Blutdruckkontrolle. Wenn sie gelingt, bilden sich die Fundusveränderungen größtenteils innerhalb weniger Wochen zurück. Ödemreduzierende Augentropfen und intravitreal applizierte Medikamente sind bei einer rein hypertensiven Genese nicht indiziert. Die Augen­ärzte können jedoch erheblich zur Beruhigung der Patienten beitragen, wenn sie diese während der Rückbildungsphase kurzfristig (z.B. alle zwei Wochen) untersuchen.

Feltgen N et al. Z. prakt. Augenheilkd. 2017; 38: 133-143

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Ein Patient Ende zwanzig wird wegen einer akuten Blutdruckentgleisung (275/195 mmHg) notfallmäßig stationär eingewiesen. Seit einem Monat leidet er unter einer Sehverschlechterung und Kopfschmerzen. Die Augenspiegelung ergibt einen Fundus hypertonicus Stadium IV mit Papillenödem und ausgedehnten Lipidablagerungen. Ein Patient Ende zwanzig wird wegen einer akuten Blutdruckentgleisung (275/195 mmHg) notfallmäßig stationär eingewiesen. Seit einem Monat leidet er unter einer Sehverschlechterung und Kopfschmerzen. Die Augenspiegelung ergibt einen Fundus hypertonicus Stadium IV mit Papillenödem und ausgedehnten Lipidablagerungen. © augeninfo.de