Mücken und Fische im Auge

Dr. Michael Brendler

Trotz Laser- und OP-Option lieber abwarten, bis die „Tierchen“ von allein verschwinden. Trotz Laser- und OP-Option lieber abwarten, bis die „Tierchen“ von allein verschwinden. © Kaden Verlag, Heidelberg

Floaters, die durchs Gesichtsfeld schwimmen, sieht spätestens im höheren Alter die Mehrzahl der Menschen. Meist sind sie kein Anlass, sich Sorgen zu machen. Aber es gibt auch Ausnahmen.

Mouches volantes – fliegende Mücken – nennen Augen­ärzte fast schon poetisch dieses Krankheitsbild. Was schon andeutet, dass meist nichts Ernstes dahintersteckt. Mit dem Fortschreiten der Lebensjahre trennen sich Kollagen und Hyaluronsäure voneinander, die zusammen mit Wasser das transparente Gel im Glaskörper des Auges bilden. Dies führt zu einer Aggregation und oft auch zur Verklumpung von Kollagenfibrillen, die dann von den Patienten meist als fadenförmige, fliegenähnliche oder an ein Spinnennetz erinnernde, semi­transparente graue Gebilde wahrgenommen werden.

Vor hellem Hintergrund wie einem weißen Blatt Papier oder einem strahlend blauen Himmel seien sie oft besonders deutlich zu erkennen, erklären der Augenarzt und Journalist Dr. Dr. Ronald­ Gerste­ und der Augenarzt und Verleger Dr. Reinhard­ Kaden­. Typischerweise verändern die auch Floater genannten „Fäden“ bei Augenbewegungen ihre Position im Gesichtsfeld.

Eher ein psychologisches Problem?

24 % der Menschen in der Altersgruppe von 50 bis 59 Jahren beschweren sich über solche Mouches volantes, unter den 80- bis 89-Jährigen fast 90 %. Aber auch Jüngere kann es treffen. Zumindest gaben bei einer Befragung von 603 Smartphone-Nutzern zwischen dreißig und vierzig Jahren 76 % an, regelmäßig „fliegende Mücken“ zu sehen. Unter Kurz- und Weitsichtigen liegt der Anteil noch einmal deutlich höher.

In der Regel hält sich der Krankheitswert der Mouches volantes in Grenzen: Nur bei massiven Glaskörpertrübungen kann das entstehende Streulicht beispielsweise das nächtliche Autofahren erschweren. Derselbe Effekt lässt Floater auch die Kontrastwahrnehmung verringern. Viele Menschen bemerken die Erscheinungen gar nicht, berichten die Autoren. Andere wiederum empfinden die Glaskörpertrübungen als extrem störend. Verschiedentlich habe man solchen Betroffenen in der Literatur ein spezifisches Profil zugesprochen. Aufs Detail fixiert, nach Perfektion strebend – manchmal seien die Probleme weniger ophthalmologischer als psychologischer Natur.

Laut Dr. Kaden und Dr. Gerste besteht die Herausforderung darin, Personen herauszufiltern, denen eine Therapie hilft. Vor allem wenn der „Mückenflug“ im Gesichtsfeld akut auftritt, sich plötzlich und ausgeprägt verändert oder man Blitze sieht, sollte er Anlass zur Sorge sein. Denn meist signalisiert er dann eine Trennung der hinteren Glaskörpermembran von der Membrana limitans interna der Netzhaut.

Zunächst kein ungewöhnliches Altersleiden, denn es kommt bei 60–70 % der über 70-Jährigen vor. Aber eine solche Abhebung kann, wenn sie nicht vollständig ist, zu schweren Komplikationen führen. Zu den häufigsten zählen Netzhautrisse, rhegmatogene Netzhautablösung und Blutungen. „Ascheregen“ nennen die beiden Augenärzte z.B. die Schatten der Erythrozyten, die dann als dunkle Flecken durchs Blickfeld huschen. Ein anderes Anzeichen ist der Martegiani-Ring-Floater aus Kollagenzellen, der als klumpiger oder zerrissener Ring durch das Gesichtsfeld schwimmt. Die Autoren raten, bei diesen Veränderungen einen Ophthalmologen aufzusuchen.

Entfernung zwar möglich, aber nicht sicher

Grundsätzlich gilt es, Mouches volantes von Glaskörpertrübungen durch Augen- oder systemische Erkrankungen abzugrenzen. Zur Dia­gnosestellung empfiehlt sich eine Dreifachkombination aus quantitativer Sonographie, Bestimmung der Kontrastsensitivität und der Erhebung der visuellen Lebensqualität des Patienten per Fragebogen.

Therapeutisch stehen gerade bei großen und störenden Glaskörpertrübungen zwei Optionen zur Verfügung: die operative Floaterektomie oder die Auflösung des Fremdkörpers mittels Laser, die Floaterrhexis. Bei Letzterer fehlen bisher allerdings die wissenschaftlichen Belege für die Wirksamkeit.

Angesichts möglicher Komplikationen wie Katarakt, Netzhautlöchern und -ablösung ist auch bei der OP eher Zurückhaltung angebracht. „Primär“, so die Experten, „sollte man den Patienten darüber informieren, dass es sich um harmlose Veränderungen handelt, die oft im Laufe der Zeit aus der optischen Achse verschwinden.“ Der beste Rat sei deshalb meist ein sehr einfacher: abwarten.

Quelle: Gerste RD et al. Z prakt Augenheilkd 2017; 38: 379-390, © Kaden Verlag, Heidelberg

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Trotz Laser- und OP-Option lieber abwarten, bis die „Tierchen“ von allein verschwinden. Trotz Laser- und OP-Option lieber abwarten, bis die „Tierchen“ von allein verschwinden. © Kaden Verlag, Heidelberg
Die komplette hintere Glaskörperabhebung erkennt man am Weiss-Ring im Glaskörperraum. Die komplette hintere Glaskörperabhebung erkennt man am Weiss-Ring im Glaskörperraum. © Gerste RD et al. Z prakt Augenheilkd 2017; 38: 379-390, © Kaden Verlag, Heidelberg
Glaskörpertrübungen bei einer Seniorin, die temporär Fische und Wolken sieht. Glaskörpertrübungen bei einer Seniorin, die temporär Fische und Wolken sieht. © Gerste RD et al. Z prakt Augenheilkd 2017; 38: 379-390, © Kaden Verlag, Heidelberg