Damit die Lage stabil bleibt

Dr. Andrea Wülker/Tobias Stolzenberg

Abgesehen von Lebensstilinterventionen erleichtern anti­anginöse Substanzen wie Betablocker und Kalziumkanal-Antagonisten die Angina­symptomatik. Abgesehen von Lebensstilinterventionen erleichtern anti­anginöse Substanzen wie Betablocker und Kalziumkanal-Antagonisten die Angina­symptomatik. © iStock/Tharakorn

Das Vorgehen bei stabiler Angina pectoris­ orientiert sich an der Ausprägung der Beschwerden. Zusätzlich zu Lebens­stil­änderungen können Medikamente oder Koronar­interventionen zum Einsatz kommen. Wesentlich für die Therapie­entscheidung ist die Lebensqualität.

Der Verdacht auf eine stabile Angina ­pectoris liegt nahe, wenn in der Vergangenheit entsprechende Anfälle aufgetreten sind und die Symptome innerhalb weniger Minuten durch Ruhe oder Medikamente (z.B. Nitro­spray) wieder verschwinden. Eine sorgsame Anam­nese festigt die Verdachtsdia­gnose und klärt, in welchem Ausmaß die Anginasymptome Alltag und Lebensqualität des Patienten einschränken. Mit einer gründlichen körperlichen Untersuchung lassen sich sonstige potenzielle Ursachen für die Beschwerden ausschließen – etwa Aorten­stenose, hypertrophe Kardiomyopathie oder Lungen­hochdruck.

Stets sollte ein EKG geschrieben werden, um stattgehabten Infarkten oder einer Linksherzhypertrophie auf die Spur zu kommen, schreiben Professor Dr. ­Parag ­Joshi und Professor Dr. ­James de ­Lemos vom University of ­Texas South­western ­Medical ­Center in ­Dallas in einer Übersichtsarbeit.

Auch eine Anämie kann hinter den Symptomen stecken

Eine Routine-Blutuntersuchung liefert wichtige Hinweise auf Begleiterkrankungen wie Nierenschäden, Diabetes oder Dyslipidämie. Möglicherweise liegt den anginösen Beschwerden auch eine Anämie zugrunde. BNP- oder NT-proBNP*-Spiegel sowie kardiales Troponin geben Informationen zum individuellen Sterberisiko oder der Wahrscheinlichkeit für ein Herzversagen.

Insbesondere bei Patienten mit auffälligem EKG sowie bei erhöhten BNP-, NT-proBNP- oder Troponin-Werten sollte sich eine Echokardio­graphie anschließen. So lassen sich etwa Herzklappenfehler oder eine linksventrikuläre systolische Dysfunktion erkennen.

Bei den verschiedenen Stresstests wird das Herz während der verstärk­ten Pumpleistung mittels EKG und häufig zusätzlich durch bildgebende Verfahren überwacht. Üblicherweise wird hierfür der kardiale Sauerstoffbedarf durch physische Anstrengung erhöht. Ist das nicht ohne Weiteres möglich – etwa bei körperlich eigeschränkten Personen, bei einem Linksschenkelblock oder bei Patienten mit Herzschrittmacher –, kommen pharmakologische Belas­tungstests mit gefäßerweiternden Adenosin­derivaten oder ­Dobutamin zur Anwendung.

Inzwischen ist die koronare CT-Angiographie (CCTA) ein gut etabliertes nicht-invasives Verfahren in der Primärdiagnostik bei vermutetem chronischem Koronarsyndrom mit Angina­symptomen, berichten die beiden Autoren. Sie verweisen auf die ESC**-Leitlinie aus dem Jahr 2019, in der für diese Situation entweder die CCTA oder ein Belastungstest zusammen mit der entsprechenden Bildgebung als initiales Verfahren empfohlen werden. Welcher der beiden Untersuchungsmethoden im Einzelfall der Vorzug zu geben ist, hängt unter anderem vom Patienten und möglichen Kontraindikationen ab, ebenso von der Verfügbarkeit und der vorhandenen Expertise im Umgang mit den Testverfahren, so die beiden Experten.

Als klaren Vorteil der CCTA sehen Prof. ­Joshi und Prof. de ­Lemos die Möglichkeit, auch ­Plaques, die zu keiner signifikanten Gefäßobstruktion führen, nachweisen zu können. Diese bleiben mit den Belastungstests unbemerkt.

Dreh- und Angelpunkt der Therapie bei stabiler ­Angina ­pectoris sind nach wie vor Lebensstiländerungen wie Rauch­stopp, Bewegung, gezielte Gewichtsreduktion und gesunde Ernährung. Zur adäquaten Medikation zählen neben der hochintensiven Statintherapie die Behandlung mit niedrig dosiertem ASS (< 100 mg/d) oder einem anderen Thrombozytenaggregationshemmer sowie eine anti­hypertensive Therapie. Anzustreben sind Blutdruckwerte unterhalb von 130/80 mmHg.

Ausgewählte Dyslipidämie­patienten, die auf Statine nicht ausreichend ansprechen, lassen sich mit zusätzlichem ­Ezetimib oder PCSK9-Hemmern behandeln. Bei Typ-2-Diabetikern mit chronischem Koronarsyndrom finden heutzutage bevorzugt SGLT2-Inhibitoren und GLP1-Rezeptor­agonisten Einsatz.

Zunächst antianginöse Substanzen einsetzen

Abgesehen von Lebensstilinterventionen erleichtern anti­anginöse Substanzen wie Betablocker und Kalziumkanal-Antagonisten die Angina­symptomatik. Ist nach zwei bis vier Wochen noch keine deutliche Besserung eingetreten, muss möglicherweise höher dosiert werden. Gleichfalls kann die Behandlung mit Langzeitnitraten oder ­Ranolazin erwogen werden. Kurz wirksame Nitrate, die sublingual gegeben werden, haben als Bedarfs- und Notfallmedikation in der akuten symptomatischen Therapie der Angina pectoris ihren Platz.

Eine perkutane Koronarintervention (PCI) bessert insgesamt betrachtet bei stabiler Angina weder das Überleben noch das Herzinfarkt­risiko der Patienten, erläutern Prof. ­Joshi und Prof. ­de ­Lemos. Daher sollte die PCI auf Personen beschränkt werden, deren Lebensqualität durch die Anginasymptome deutlich beeinträchtigt ist. Grundsätzlich ist zuvor eine Therapie mit anti­anginösen Medikamenten zu versuchen.

* N-terminal pro-B-type natriuretic peptide
** European Society of Cardiology

Quelle: Joshi PH, de Lemos JA. JAMA 2021; 325: 1765-1778; DOI: 10.1001/jama.2021.1527

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Abgesehen von Lebensstilinterventionen erleichtern anti­anginöse Substanzen wie Betablocker und Kalziumkanal-Antagonisten die Angina­symptomatik. Abgesehen von Lebensstilinterventionen erleichtern anti­anginöse Substanzen wie Betablocker und Kalziumkanal-Antagonisten die Angina­symptomatik. © iStock/Tharakorn