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Darmentzündung trifft auf SARS-CoV-2

Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) sorgten sich seit Beginn der Pandemie in besonderem Maße, dass bei ihnen ein erhöhtes Risiko für eine Infektion oder einen schweren Verlauf besteht. Das haben systematische Befragungen ergeben, schreiben Prof. Dr. Andreas Stallmach vom Uniklinikum Jena und Kollegen. Eine große multinationale Kohortenstudie in stark von SARS-CoV-2 betroffenen Ländern während der ersten Pandemiewelle fand allerdings keinen Hinweis darauf, dass Menschen mit CED ein erhöhtes COVID-19-Risiko haben.
Anti-Zytokin-Therapie hemmt Immunantwort
In einer ersten deutschen Kohortenstudie an Patienten mit immunologisch vermittelten Erkrankungen ergab sich im Kollektiv mit Anti-Zytokin-Therapie eine Prävalenz von SARS-CoV-2-Antikörpern von nur 0,75 %. Bei Patienten ohne Anti-Zytokin-Therapie und bei gesunden Kontrollpersonen lag diese mit 3,09 % und 2,27 % deutlich höher. Nach Ansicht der Autoren lässt sich die niedrige Prävalenz unter Anti-Zytokin-Therapie am wahrscheinlichsten darauf zurückführen, dass die immunologische Antwort auf SARS-CoV-2 durch die immunsuppressive Therapie gehemmt wurde. Letzte Unsicherheiten zur potenziell erhöhten Infektionswahrscheinlichkeit räumte eine große Studie aus Kanada aus, die Patienten mit immunologisch vermittelten entzündlichen Erkrankungen mit Kontrollpersonen verglich. Obwohl die Patienten häufiger getestet wurden als die Kontrollen, lag die Infektionsrate nicht höher.
In einer Analyse des internationalen Secure-IBD-Registers fiel auf, dass bei etwa einem Viertel der CED-Patienten im Rahmen einer COVID-19-Infektion neue gastrointestinale Symptome auftraten. Nach Registerdaten aus Deutschland war das im Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion bei mehr als 40 % der Fall. Dieser Wert lag doppelt so hoch wie der von COVID-19-Patienten ohne Grunderkrankung.
In mehreren Studien stellte sich heraus, dass COVID-19 bei CED schwerer verläuft, wenn die Aktivität der Darmentzündung initial hoch ist. Das macht klar, wie wichtig eine effektive CED-Krankheitskontrolle in Pandemiezeiten ist, so die Autoren.
Das Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf scheinen auch bestimmte CED-Medikamente zu erhöhen. Nach dem Secure-IBD-Register steigern systemische Steroide die Gefahr um den Faktor 7. Eine laufende systemische Steroidtherapie sollte deshalb im Fall einer SARS-CoV-2-Infektion kurzfristig beendet werden. Hilfreich können systemische Steroide in einem späteren Stadium der Viruserkrankung werden, in dem die Hyperinflammation im Vordergrund steht.
Sulfasalazin und 5-ASA verdreifachen die Wahrscheinlichkeit für einen schweren COVID-19-Verlauf. Auch Thiopurine haben sich als risikobehaftet erwiesen. Dagegen zeigen TNF-a-Blocker oder der IL-12/23-Antagonist Ustekinumab keinen Einfluss. Auch in anderen Studien hatten Monotherapien mit TNF-a-Blockern keine negativen Folgen für den COVID-19-Verlauf. Eine solche Therapie sollte deshalb unbedingt fortgesetzt werden, weil der Verlust der Remission erheblich schlimmere Konsequenzen haben kann, erklären die Autoren. Kombinationen von TNF-a-Blockern mit Azathioprin/6-Mercaptopurin oder Methotrexat allerdings sowie JAK-Inhibitoren wirkten sich negativ auf den Verlauf einer COVID-19-Erkrankung aus. Es empfiehlt sich, frühzeitig auf eine TNF-a-Blocker-Monotherapie zu wechseln.
Die Antikörperantwort auf die Coronaimpfung kann bei bestimmten Medikationen eingeschränkt sein. CED-Patienten, die mit Infliximab behandelt wurden, erreichten z.B. niedrigere Antikörpertiter als Patienten, die Vedolizumab erhielten. Auch Azathioprin dämpft die Antikörperantwort.
Coronaimpfung ist effektiv und sicher
Insgesamt aber wirkt die Impfung bei immunsuppressiv behandelten CED-Patienten ausreichend gut. Nur wenige Patienten erreichen weder eine suffiziente B-Zell- noch T-Zell-Antwort. Alle CED-Patienten sollten deshalb vollständig geimpft werden. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass für Patienten mit CED ein erhöhtes Risiko für Impfnebenwirkungen besteht.
Quelle: Stallmach A et al. Z Gastroenterol 2022; 60: 1795-1801; DOI: 10.1055/a-1744-6697
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