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Deeskalation erzielte hohe Wirksamkeit

Mit der Studie SAKK 01/10 hatten sich die Schweizerische Gruppe für Klinische Krebsforschung (SAKK) und die Deutsche Studiengruppe für Hodenkrebs (GTCSG) zum Ziel gesetzt, die Behandlung von Seminomen im Stadium IIA/B ohne Effektivitätsverlust verträglicher zu gestalten. Dieses Stadium ist charakterisiert durch Lymphknotenmetastasen im Becken und/oder Retroperitoneum. Bisher werden entweder das ipsilaterale Becken und der para-aortale Bereich mit 30–36 Gy bestrahlt („dog-leg“-Radiotherapie) oder die Patienten erhalten drei bis vier Zyklen einer cisplatinbasierten Kombinationschemotherapie. Mit diesem Vorgehen erzielt man bei mind. 90 % der Erkrankten drei Jahre Progressionsfreiheit, muss aber gewisse akute oder späte Toxizitäten in Kauf nehmen.
Simultan gegen lokale und Fernmetastasen
Die schweizerischen und deutschen Kollegen kombinierten beide Modalitäten in reduzierter Intensität miteinander. Sie zielten so auf eine gleichzeitige Kontrolle lokaler und ferner Rezidive ab – unter Bewahrung von Salvage-Optionen. Dass das Testregime eine deutlich geringere Toxizität besitzt, hatten sie bereits auf dem ASCO-GU-Kongress 2020 berichtet. Jetzt präsentierte Dr. Alexandros Papachristofilou vom Universitätskrankenhaus Basel die Daten zur Effektivität.
In die einarmige Phase-2-Studie wurden 120 Seminompatienten rekrutiert – entweder neu diagnostiziert oder als Rezidiv unter aktiver Überwachung. Sie erhielten einen Zyklus Carboplatin (AUC7) und nachfolgend eine Involved-Node-Radiotherapie mit 30 Gy bei Stadium IIA bzw. 36 Gy bei Stadium IIB. Primärer Endpunkt war die progressionsfreie Drei-Jahres-Überlebensrate, die 95 % betragen sollte. Sekundäre Endpunkte waren:
- Zeit bis zur Progression
- Gesamtüberleben
- Progressionsmuster
- akute und chronische Nebenwirkungen einschließlich sekundärer Malignome
Von den 116 Patienten, die die Behandlung begannen, wiesen 46 ein Stadium IIA auf, 76 waren nicht vorbehandelt. Die Patienten wurden über mindestens drei, im Median viereinhalb Jahre nachbeobachtet.
Alle Rezidive sprachen auf eine Salvage-Chemotherapie an
Die progressionsfreie Drei-Jahres-Überlebensrate lag im Gesamtkollektiv bei 93,7 %, für das Stadium IIA betrug sie 95,2 % und für das Stadium IIB 92,6 % (jeweils 90%-KI 88,5–96,6 % bzw. 85,5–98,5 % bzw. 85,1–96,4 %). Insgesamt entwickelten sieben Patienten ein Rezidiv, davon im Stadium IIA einer und im Stadium IIB sechs. Alle Rezidive lagen außerhalb des Bestrahlungsvolumens, und alle sprachen auf eine Salvage-Chemotherapie an.
Dies ist die bislang größte abgeschlossene prospektive Studie zum Stadium-IIA/B-Seminom, so Dr. Papachristofilou. Die Kombination aus einer Einzeldosis Carboplatin und einer Involved-Node-Bestrahlung führe zu einem ähnlich guten Drei-Jahres-PFS wie die Standardtherapien, bei gleichzeitig sehr geringen Nebenwirkungen. Da außerdem alle auftretenden Rezidive auf eine konventionelle Salvagetherapie ansprachen, stelle dieses Protokoll eine attraktive Behandlungsoption des Seminoms im Stadium IIA/B dar.
Quellen:
Papachristofilou A et al. ESMO Congress 2021; Abstract LBA30
ESMO Congress 2021
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