Mit Osimertinib und Tepotinib zielgerichtet NSCLC-Mutationen angreifen

ESMO 2022 Josef Gulden

Unausweichlich entwickeln NSCLC-Patient:innen  Resistenzen gegen Tyrosinkinase-Inhibitoren. Unausweichlich entwickeln NSCLC-Patient:innen Resistenzen gegen Tyrosinkinase-Inhibitoren. © cunaplus – stock.adobe.com

Dass NSCLC-Patient:innen Resistenzen gegen Tyrosinkinase-Inhibitoren, die auf EGFR-Mutationen abzielen, entwickeln, ist unausweichlich und dabei hochkomplex. In einer Reihe klinischer Studien werden die Mechanismen untersucht und die Autor:innen prüfen, welche Strategien hier Erfolg versprechend sind.

Unter den Erst- und Zweitgenerations-EGFR-TKI entwickeln NSCLC-Erkrankte regelmäßig Resistenzen; Ursache ist in bis zu 60 % der Fälle die EGFRT790M-Punktmutation, die durch den Drittgenerations-TKI Osimertinib gehemmt werden kann. Ob sich die Liquid Biopsy für das Monitoring einer EGFRT790-Mutation eignet und es daraufhin möglich ist, dynamische Therapieentscheidungen zu treffen, wurde in der Phase-2-Studie APPLE untersucht. Diese umfasste drei Arme – einen mit Osimertinib (Arm A) und zwei mit Gefitinib (B + C). Dr. Jordi Remon Masip, Institut Gustave Roussy, Villejuif, präsentierte die Auswertung der beiden Gefitinib-Gruppen, in denen die Patient:innen nach unterschiedlichen Kriterien zu Osimertinib wechselten: Die 52 Personen in Arm C erhielten erst im Fall einer radiologischen Progression Osimertinib, während dies bei den 51 Teilnehmenden aus Arm B durch den Nachweis der T790M-Mutation in zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) getriggert wurde.1

68 % vs. 77 % der Betroffenen aus Arm B vs. C wechselten zu Osimertinib. Bei 17 % der Erkrankten in Gruppe B erfolgte dies aufgrund einer molekularen Progression, d.h. einer ctDNA-EGFRT790M-Positivität. 67,2 % der Patient:innen in Arm B waren nach 18 Monaten ohne Progress im Gegensatz zu 53,5 % in Gruppe C; die mediane Dauer des PFS bezifferte der Referent mit 22,0 Monaten versus 20,2 Monate (HR 0,80; p = 0,22). Das mediane OS war in Arm B noch nicht erreicht (vs. 42,8 Monate). Auch das intrakranielle PFS – ein Drittel der Teilnehmenden wies zu Beginn der Osimertinib-Therapie Hirnmetastasen auf – war im Arm B mit median 24,4 Monaten versus 21,4 Monate etwas länger.

Die Studiendaten stützten die Machbarkeit des seriellen T790M-Status-Monitorings durch eine ctDNA-Analyse bei Personen mit EGFR-mutiertem fortgeschrittenem NSCLC, um Therapieentscheidungen zu treffen, resümierte Dr. Masip.

Auch im Zuge der Erstlinienbehandlung mit Osimertinib kommt es früher oder später zu einer Resistenz, in etwa 15–30 % der Fälle verursacht durch Amplifikationen des MET-Gens. Diese Alterationen bringen eine schlechte Prognose mit sich, lassen sich aber mit dem MET-Inhibitor Tepotinib behandeln, der bisher zur Therapie des NSCLC mit MET-Exon14-Skipping-Mutationen zugelassen ist. In der weltweit durchgeführten randomisierten Phase-2-Studie INSIGHT 2 erhielten die ersten zwölf Patient:innen mit MET-Amplifikation nach Osimertinib initial Tepotinib in Monotherapie (n = 12), während die Substanz bei den folgenden 88 Teilnehmenden mit Osimertinib kombiniert wurde.

In der Kontrolle erreichte laut Prof. Dr. Julien Mazieres, Universitätsklinik Toulouse, nur ein Erkrankter eine partielle Remission (8,3 %).2 Von den 22 Betroffenen mit mindestens 9-monatigem Follow-up, bei denen die MET-Amplifikation mittels FISH in einer Gewebebiopsie detektiert wurde, sprachen hingegen zwölf an (54,5 %); die Hälfte von ihnen wurde auch zum Zeitpunkt der Analyse noch behandelt. Das Gleiche galt für fünf von sieben Personen in der Monotherapie-Gruppe, die nach einer Progression auf die Kombination gewechselt hatten. 23,9 % der Teilnehmenden im Prüfarm erlitten Nebenwirkungen von mind. Grad 3.

Zielgerichtete Therapie gegen NSCLC-Mutationen

Treten unter Osimertinib MET-Amplifikationen auf, so sind Tepotinib und Osimertinib in Kombination nach diesen vorläufigen Daten aktiv und gut verträglich und gestatten die Fortsetzung einer rein oralen Behandlung ohne Chemotherapie, so das Fazit des Referenten.

Flüssige Biopsie als Alternative

Dass es in ELIOS nur von etwa zwei Fünfteln der progredienten Patient:innen Tumorproben vor und nach der Osimertinib-Therapie gab, demonstriert das alte Problem, dass bei fortgeschrittenen Fällen von NSCLC eine Biopsie oft nicht mehr möglich oder dem Betroffenen nicht zumutbar ist. Die nicht-invasive Methode der Liquid Biopsy, wie sie bereits in der APPLE-Studie angewendet wurde, ist eine praktikable und immer häufiger eingesetzte Alternative.

Prof. Dr. Zofia Piotrowska, Massachusetts General Hospital, Boston, präsentierte die Ergebnisse einer weiteren Osimertinib-Studie3:In ELIOS waren von 154 Patient:innen mit EGFR-mutiertem, fortgeschrittenem NSCLC, die Osimertinib als Erstlinientherapie erhalten hatten, 115 zum Zeitpunkt der Auswertung progredient. Von 46 Teilnehmenden (39 %) gab es Biopsien, die sowohl vor Beginn der Behandlung als auch bei Progression entnommen worden waren. In den progredienten Tumoren fanden sich zahlreiche erworbene* genetische Alterationen: In 17 % der Fälle handelte es sich um eine MET-Amplifikation; außerdem wurden zu jeweils 15 % CDKN2A-, CDKN2B- und MTAP-Deletionen sowie die C797S-Punktmutation des EGFR-Gens identifiziert. Zudem detektierten die Autor:innen bei 11 % eine Amplifikation des NKX2-1-Homöobox-Gens.

Wirksamkeits- und Sicherheitsdaten der Osimertinib-Erstlinientherapie in ELIOS seien konsistent mit denjenigen aus der FLAURA-Studie, schloss die Referentin. Die Forschenden wollen nun weitere retrospektive Analysen durchführen und für die übrigen Patient:innen molekulare Daten erheben. 

* definiert als Mutation, die nur im progredienten Tumor, aber nicht vor der Behandlung detektiert wurde

Quellen:
1. Masip JR et al. ESMO Congress 2022; Abstract LBA51
2. Mazieres J et al. ESMO Congress 2022; Abstract LBA52
3. Piotrowska Z et al. ESMO Congress 2022; Abstract LBA53

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