Die brennenden Themen des oberen Gastrointestinaltraktes im Schnelldurchlauf

Dr. Anja Braunwarth

Die oropharyngeale pH-Messung bei vermeintlich refluxbedingten Klagen ist meist völlig sinnlos. Die oropharyngeale pH-Messung bei vermeintlich refluxbedingten Klagen ist meist völlig sinnlos. © fotolia/kwanchaichaiudom

Wie klärt man laryngeale Refluxsymptome ab? Was tun bei anhaltenden Beschwerden unter PPI? Und welchen Stellenwert hat die eosinophile Ösophagitis? Viszeralmediziner berichten über die neuesten Erkenntnisse zum oberen Gastrointestinaltrakt.

Wenn Patienten mit Symptomen im Rachenbereich kommen, die refluxbedingt sein könnten (s. Kasten), bietet man zunehmend eine oropharyngeale pH-Messung an. Ob das sinnvoll ist, prüften mehrere Studien, berichtete Professor Dr. Stephan Miehlke vom Magen-Darm-Zentrum in Hamburg. In einer prospektiven Untersuchung wurden 59 Personen in drei Gruppen eingeteilt:

  • allein laryngeale Symptome
  • larnygeale plus Refluxsymptome
  • asymptomatische Kontrollen

Alle unterzogen sich einem oropharyngealen pH- sowie einem Speichel-Pepsin-Test. Das Ergebnis: keinerlei Diskrepanzen im Hinblick auf pH, RYAN-Score (misst den Schweregrad des Refluxes im Rachenraum) oder Pepsinwerte. Dasselbe Forscherteam testete auch, ob die oropharyngeale pH-Messung bei Patienten mit entsprechenden Beschwerden eine Vorhersage des PPI-Ansprechens erlaubt. Nach 8–12 wöchiger Omeprazol-Therapie (40 mg/d) fand sich kein Unterschied in den Befunden von Non-/Partiell- oder Komplett-Respondern. Allerdings war der Erfolg der Medikation mit verschiedenen psychometrischen Instrumenten assoziiert, was auf eine große Bedeutung der Psyche in diesem Zusammenhang hindeutet.

Diese Symptome könnten refluxbedingt sein

  • Räusperzwang
  • Kloß im Hals
  • Brennen im Hals
  • übermäßige Verschleimung
  • Heiserkeit
  • chronischer Hustenreiz
Eine dritte Auswertung von 24 Patienten mit chronischen Beschwerden in Mund und Rachen kam zu demselben Schluss: keine Korrelation von pH und Refluxzeichen, unabhängig von einer PPI-Einnahme. Und das i-Tüpfelchen lieferte laut Prof. Miehlke eine kleine Untersuchung aus München, in der die Kollegen den pH an zehn Gastrektomierten, also bar jeder Säureproduktion, maßen – und in sechs Fällen ein pathologisches Resultat erhielten. Fazit: die oropharyngeale pH-Messung bei vermeintlich refluxbedingten Klagen ist überflüssig.

Gegen Sodbrennen helfen PPI nur bedingt

Wie es generell um die Symptomkontrolle mit PPI steht, war Gegenstand der LOPA*-Studie. 333 Patienten mit gastroösophagealer Refluxkrankheit (GERD) und mindestens einjähriger PPI-Therapie nahmen daran teil. Über einen Fragebogen erfassten die Autoren Symptome, vorausgegangene Diagnostik und die Zufriedenheit mit der Behandlung. 39 % der Befragten litten trotz der Behandlung an mindesten zwei Tagen pro Woche unter Sodbrennen, jeder dritte an Regurgitation. „Es scheint, dass wir bei diesen Patienten genauer nachfragen sollten“, so der Kommentar des Gastroenterologen.

Verdickungsmittel aus Algen besser als Antazida

Abhilfe könnte in leichteren Fällen ein Alginat bringen. Es blockiert wie ein Floß die gastrale Säuretasche und lindert so die Beschwerden. Das bestätigte nun eine kontrollierte Multicenterstudie mit 136 PPI-refraktären Patienten. Bei ihnen führte die zusätzliche Anwendung von 4 x10 ml Alginat über sieben Tage zu einer stärkeren Senkung des Refluxscores als mit Placebo. Und eine Metaanalyse aus 14 Publikationen mit mehr als 2000 Teilnehmern wies nach, dass die Wahrscheinlichkeit, mit Alginaten beschwerdefrei zu werden, etwa viermal so hoch liegt wie mit Placebo oder Antazida. (Odds Ratio, OR 4,42). 25 Jahre – so lange gibt es nun die Diagnose der eosinophilen Ösophagitis (EoE). Aktuelle Daten zur Epidemiologie untermauern die zunehmende Bedeutung der Entzündung. Während in Studien vor 2008 die Inzidenz bei 2,8/100 000 Einwohner lag, stieg sie inzwischen auf 7,2/100 000. Darüber hinaus ist die EoE laut einer schwedischen Untersuchung heutzutage die häufigste Ursache für eine ösophageale Ob­struktion. Ob es allerdings tatsächlich eine derartige Steigerung an Krankheitsfällen gibt oder schlicht das Bewusstsein dafür gewachsen ist, bleibt fraglich, betonte Prof. Miehlke.

Speiseröhre meist aufgrund einer Eosinophilie verengt

Eine wichtige Therapieoption sind topische Steroide. Mit einer neuartigen Budesonid-Suspension erzielte ein US-Team signifikante Besserungen von Symptomen, endoskopischen und histologischen Parametern. Ein Teil der Betroffenen spricht nachgewiesenermaßen auch auf PPI an. Während früher ein PPI-Nichtansprechen als Diagnosekriterium der EoE galt, sind im neuen Algorithmus die Säureblocker neben Eliminationsdiät und topischen Steroiden als eine von drei möglichen initialen Alternativen aufgeführt.

Tripletherapie zur Eradikation zwei Wochen anwenden

Die Infektion mit Helicobacter pylori (H. p.) geht in Europa zurück, in Ost-/Südeuropa und dem asiatischen Raum gibt es aber weiterhin eine hohe Zahl an Besiedlungen. Weltweit liegt die Rate bei 40–80 %, erklärte der Referent. Die weite Verbreitung geht in den betroffenen Regionen mit einer steigenden Clarithromycin-Resistenz einher. Auch gegen Metronidazol und – in geringerem Maße – Levofloxacin entwickelt der Keim immer mehr Widerstandskräfte. Am Ausmaß der Clarithromycin-Resistenz orientiert sich nun die Eradikationsstrategie. Bei niedriger Prävalenz (< 15 %) reicht unter Umständen immer noch die Standard-Tripletherapie. Allerdings muss sie – wie jegliches Quadrupelregime – über 14 statt wie früher sieben Tage laufen. Bei hohen Resis­tenzraten (> 15 %) lautet die Empfehlung: Bismuth-Quadrupel oder eine bismuthfreie Vierfachkombi, bei gleichzeitiger Resistenz gegen Metronidazol bleibt nur noch das Bismuth-Quadrupel.

Erhöhtes Herzrisiko vs. Ulkus: Pest oder Cholera?

PPI können Ulzera unter ASS-Therapie effektiv verhindern. H2-Blocker schaffen das laut einer ostasiatischen Studie nur bedingt. Darin eingeschlossen waren 279 H.-p.-negative Patienten, die unter Low-dose-ASS eine Ulkusblutung erlitten hatten. Nach Abheilung der Läsion nahmen sie die Therapie wieder auf (80 mg/d) und erhielten zusätzlich randomisiert Rabeprazol (20 mg/d) oder Famotidin (40 mg/d) für bis zu zwölf Monate.
Bei einem Patienten unter dem PPI und vier unter dem H2-Blocker kam es zur Rezidivblutung. Damit bleiben laut Prof. Miehlke PPI sicher die Mittel der Wahl, aber man kann durchaus auch mal H2-Rezeptorantagonisten in Erwägung ziehen.
Eine weitere offene Frage: Soll eine ASS-Therapie nach einer unteren GI-Blutung fortgesetzt werden? Forscher aus China werteten dazu den Verlauf von 295 Fällen über fünf Jahre aus. Innerhalb dieses Zeitraumes kam es bei 19 % der ASS-Nutzer und 7 % der „Nicht-User“ zur Rezidivblutung. Aber: 23% der Patienten unter dem Plättchenhemmer erlebten ein schweres kardiovaskuläres Ereignis (3 % letal), während diese Rate ohne die Einnahme bei 37 % lag (4 % tödlich).
Prof. Miehlke bezeichnete dieses Ergebnis wie die Wahl zwischen Pest und Cholera, seiner Ansicht nach spricht aber mehr dafür, die ASS-Gabe beizubehalten.
*Lost patients

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Die oropharyngeale pH-Messung bei vermeintlich refluxbedingten Klagen ist meist völlig sinnlos. Die oropharyngeale pH-Messung bei vermeintlich refluxbedingten Klagen ist meist völlig sinnlos. © fotolia/kwanchaichaiudom