Die Myrte wird zerpflückt

Ulrich Abendroth

Getestet wurde mit dem gefriergetrockneten Extrakt der Beeren. Getestet wurde mit dem gefriergetrockneten Extrakt der Beeren. © fotolia/tomertu

Lassen sich die Beschwerden bei gastrointestinalem Reflux mit Extrakt aus Myrtenbeeren ebenso gut lindern wie mit Omeprazol? Iranische Wissenschaftler meinen, das in einer Studie ermittelt zu haben. Ein deutscher Experte hält das allerdings für Humbug.

Insgesamt haben 45 Patienten mit gastrointestinalem Relux (GERD) an der Studie von Dr. Mohammad E. Zohalinezhad vom Research Center for Traditional Medicine and History of Medicine, Shiraz University of Medical Science und seinem Team teilgenommen. Sie erhielten über vier Wochen täglich entweder 1000 mg gefriergetrockneten wässrigen Extrakt aus den Beeren von Myrtus communis L., 20 mg Omeprazol oder beides. Gemessen an der „Frequency Scale for the Symptoms of Gastroesophageal Reflux Disease (FSSG)“ habe es in puncto Besserung der Beschwerden keine signifikanten Unterschiede gegeben, schreiben der Experte für traditionelle persische Medizin und seine Kollegen. In allen drei Gruppen sei die Symptomatik signifikant zurückgegangen. Es sollten weitere, größere Studien gemacht werden, um das Resultat zu erhärten und ggf. Myrte als PPI-Alternative zu bestätigen.

Das lässt Professor Dr. Bernhard Uehleke, Phytotherapie-Experte an der Abteilung für Naturheilkunde der Charité, nach genauer Durchsicht der Studienpublikation so nicht stehen. Sein Kommentar in der „Zeitschrift für Phytotherapie“ gleicht nachgerade einer Demontage der iranischen Untersuchung.

Statistik, Zielparameter und Darstellung mangelhaft

Zunächst bemängelt Prof. Uehleke eine ungenügende Verblindung der Prüfpräparate und das Fehlen einer Placebokontrolle. Dazu kämen statistische Mängel und es hapere bei der Festlegung des Zielparameters. Zudem lag der initiale FSSG-Gesamtscore in der PPI-Gruppe nach der Datenanalyse des Berliner Wissenschaftlers „deutlich über den anderen Gruppen“. Und schließlich seien die Verbesserungen zwar in allen drei Studiengruppen hochsignifikant gewesen, aber die Myrte-Gruppe habe „eher schlechter“ abgeschnitten. Die Reduktion des Symptomenscores sei bei höheren Ausgangswerten in der PPI-Gruppe rund doppelt so stark ausgefallen.

Prof. Uehlekes ernüchterndes Fazit: Planung und Durchführung der Studie waren mangelhaft, die Darstellung irreführend. „Myrte kann demnach weder zur Anwendung noch zur weiteren klinischen Erforschung bei GERD empfohlen werden.“

Quelle: Aus der Fachliteratur
1. Quelle: Zohalinezhad ME et al. J Evid Based Complementary Altern Med 2016; 21: 23-29
2. Quelle: Uehleke B et al. Z Phytother 2017; 38: 171-172

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Getestet wurde mit dem gefriergetrockneten Extrakt der Beeren. Getestet wurde mit dem gefriergetrockneten Extrakt der Beeren. © fotolia/tomertu