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Die Gastroenteritis besänftigen

Typisch für die akute infektiöse Gastroenteritis (AGE) ist eine plötzliche Änderung von Stuhlkonsistenz und -frequenz (> 3 x täglich), die über die tägliche Varianz hinausgeht und eventuell von Erbrechen und Fieber begleitet wird. Eine stationäre Aufnahme ist indiziert bei schwerer Dehydration (Verlust von > 9 % des Körpergewichts), Kreislaufschock und/oder Bewusstseinsstörung. Auch Patienten mit unkontrollierbarem Erbrechen, gescheiterter oraler Rehydration und/oder drohender Dekompensation sollen im Krankenhaus behandelt werden.
Die Zeit der diätetischen Restriktionen ist vorbei: Patienten ohne Dehydration dürfen essen, was sie möchten. Auch Teepausen werden nicht mehr empfohlen. Besonders geeignet ist wahrscheinlich eine ballaststoffarme fettreduzierte Kost mit gekochten Kartoffeln, Nudeln, Reis oder Hafer mit etwas Salz. Auch Suppen, gekochtes Gemüse, Salzstangen, Bananen und Joghurt kommen infrage, so die Autoren einer Leitlinie unter Federführung der DGVS*.
Mit der Rehydration soll unverzüglich begonnen werden. Besteht eine Hypovolämie, empfehlen die Leitlinienautoren, in den ersten vier Stunden bis zu vier Liter einer oralen Rehydrationslösung zu verabreichen, sofern die kardiale Funktion dies zulässt. Zu Hause können Patienten mit leichter AGE ihr Defizit primär durch Wasser, Tee und verdünnte Fruchtsäfte ausgleichen. Wichtig ist, dass sie nach jedem Stuhlgang genügend Flüssigkeit zu sich nehmen, innerhalb von 24 Stunden mindestens zwei Liter. Nicht geeignet sind Leitungswasser, reine Fruchtsäfte und Limonade (z.B. Cola).
Die Autoren empfehlen, in der Hausapotheke stets ein bis zwei Packungen einer kommerziellen oralen Rehydrationslösung vorrätig zu halten. Eine selbst hergestellte Lösung sollte laut WHO auf einen Liter Wasser vier Teelöffel Haushaltszucker, einen dreiviertel Teelöffel Salz und eine Tasse Orangensaft oder zwei zerdrückte Bananen enthalten. Probiotika eignen sich nicht zur Behandlung der akuten infektiösen Gastroenteritis.
Antiemetika können im Erwachsenenalter kurzfristig angewandt werden, nicht jedoch bei Kindern. Sofern weder Fieber besteht noch Blut im Stuhl vorliegt, dürfen Patienten ab 18 Jahren den Motilitätshemmer Loperamid einnehmen. jedoch maximal für 48 Stunden. Von pflanzlichen Antidiarrhoika (getrocknetes Apfelpulver, Uzara etc.), Tannin, Kohle, Heilerde und Myrrhe wird ausdrücklich abgeraten. Eine analgetische bzw. spasmolytische Therapie kann nach dem WHO-Stufenschema erfolgen (Paracetamol, Opioide, Butylscopolamin). Auf Metamizol sollte man wegen des Nebenwirkungsrisikos (Agranulozytose, Leberversagen) verzichten.
Bei einer unkomplizierten AGE benötigen selbst Patienten mit Immundefizienz in der Regel kein Antibiotikum. In Ausnahmefällen (z.B. schweres Krankheitsbild, blutig-schleimige Stühle) kann nach Probenentnahme für die Erregerdiagnostik eine empirische Therapie erfolgen. Dazu eignet sich Azithromycin (500 mg/d oral über drei Tage oder 1 g oral als Einmaldosis). Alternativ kann Aminopenicillin plus Betalaktamase-Inhibitor i.v. verabreicht werden. Cephalosporine der Gruppe 3a (z.B. Ceftriaxon) sollten wegen der hohen Resistenzrate gegen Campylobacter nicht mehr verordnet werden. Auch von einer Ersttherapie mit Fluorchinolonen raten die Leitlinienautoren ab.
Patienten mit akuter Campylobacter-Infektion benötigen kein Antibiotikum, wenn sich bis zum Erhalt des Erregernachweises die Symptome bereits gebessert haben. Bei einem schweren anhaltenden Krankheitsbild ist die einmalige orale Gabe von 1.000 mg Azithromycin indiziert. Auch im Fall einer nicht-typhoidalen Salmonellose ist eine antimikrobielle Therapie meist nicht verzichtbar. Ausnahmen bilden Kranke mit Bakteriämie oder Hinweisen auf eine systemische Infektion (z.B. Fieber > 38,5 °C). Auch bei positiver Blutkultur und/oder Gefäßendoprothesen bzw. anderem Fremdmaterial, das die Gefahr von septischen Absiedelungen birgt, sind Antibiotika indiziert.
Dauerausscheider richtig behandeln
Erwachsene scheiden nicht-typhoidale Salmonellen durchschnittlich über einen Zeitraum von vier Wochen nach Infektionsbeginn aus, selten bis zu zwölf Monate und in weniger als 1 % länger als ein Jahr (sog. Dauerausscheider). Eine Antibiotikatherapie kann das Risiko für eine verlängerte Bakterienfreisetzung erhöhen. Kontrollierte Studien zur Therapie bei Dauerausscheidung nicht-thyphoidaler Salmonellen gibt es bisher nicht. Analog zu den Empfehlungen bei S. typhi kommt eine vierwöchige Behandlung mit Chinolonen wie Ciprofloxacin in Betracht. Diese erzielte in Studien eine Eradikationsrate von 75–93 %. In der Literatur wird ein häufigeres Auftreten des verlängerten Ausscheidens bei Patienten mit Gallensteinen beschrieben. Studien zur Sanierung mittels Cholezystektomie liegen bisher nicht vor, sie bleibt eine Einzelfallentscheidung.
Mit STEC**/EHEC*** infizierte Personen sollten Antibiotika nur erhalten, wenn zusätzlich eine extraintestinale Infektion vorliegt. Bei asymptomatischen STEC-Trägern ist eine Eradikation nicht indiziert. Liegt eine akute Shigellen-Erkrankung vor, empfehlen die Leitlinienautoren die antimikrobielle Behandlung, sofern klinische Symptome fortbestehen. Auf diese Weise können schwere Verläufe verhindert und die Infektiosität beendet werden. Je nach Resistenzstatus kommen Azithromycin (500 mg/d oral für drei Tage), Ceftriaxon (2 g/d i.v. für fünf Tage) oder Pivmecillinam (3 x 400 mg p.o. für fünf Tage) in Betracht.
Eine akute Yersinien-Infektion ohne Zeichen für einen komplizierten Verlauf oder eine Sepsis sollte nicht antibiotisch behandelt werden. Bei schwerer oder verlängerter Symptomatik kann eine Therapie erfolgen, im Fall einer Bakteriämie bzw. Sepsis soll dies geschehen. Primär vorgeschlagen wird Ceftriaxon 2 g/d i.v. über 7–14 Tage. Patienten mit relevanter Allergie können bei vorliegendem Antibiogramm ersatzweise Ciprofloxacin erhalten (3 x 400 mg/d i.v.), ebenfalls über 7–14 Tage.
* Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
** Shigatoxin bildende E. coli
*** enterohämorrhagische E. coli
Quelle: S2k-Leitlinie „Gastrointestinale Infektionen“, AWMF-Register-Nr. 021-024, www.awmf.org
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