Die Muskeln wieder spielen lassen

Dr. Angelika Bischoff

Die Hautsymptome der Dermatomyositis sprechen nicht immer gut auf die Therapie der Myositis an. Die Hautsymptome der Dermatomyositis sprechen nicht immer gut auf die Therapie der Myositis an. © iStock/Natallia Yatskova

Mit Kortison beginnen, dann Immunsuppressiva zugeben und wenn alles nichts hilft, intravenöse Immunglobuline verabreichen. So könnte man die Therapieempfehlungen der neuen S2K-Leitlinie zu Myositissyndromen knapp zusammenfassen.

An qualitativ hochwertigen Studien zur Therapie von Myositiden fehlt es, die Behandlung erfolgt daher in erster Linie empirisch. Für alle Myositisformen (Polymyositis, immunvermittelte nekrotisierende Myopathie, Dermatomyositis, Overlap-Myositis und das Anti-Synthetase-Syndrom) sind Glukokortikosteroide (GCS) initial die Therapie der Wahl. Eine Ausnahme macht nur die  Einschlusskörpermyositis (Inclusion Body Myositis, IBM), heißt es in der Leitline unter Federführung von Prof. Dr. Heinz Wiendl, Klinik für Allgemeine Neurologie am Universitätsklinikum Münster.

Man beginnt mit einer Dosis von 1 mg/kg und führt die Therapie fort, bis eine klinische Besserung eintritt. Danach wird die Dosis langsam reduziert. Die anschließende Langzeittherapie läuft für gewöhnlich über 1–3 Jahre. Die Steroiddosis hält man in dieser Zeit möglichst niedrig und gibt eventuell ein Immunsuppressivum hinzu, um Steroide einzusparen.

Am gebräuchlichsten ist die Kombination mit Azathioprin (AZA). Für schwere Verlaufsformen, z.B. mit extramuskulärer Organmanifestation, sollte bereits initial eine solche Kombination eingesetzt werden. Als Alternativen zu AZA kommen z.B. Methotrexat, Ciclosporin, Cyclophosphamid oder Mycophenolat mofetil infrage.

Bei Patienten, die auf GCS und mindestens ein Immunsuppressivum nicht ausreichend ansprechen, kann ein Versuch mit intravenösen Immunglobulinen (IVIG) unternommen werden. Die Evidenz für die Wirksamkeit ist bei der Dermatomyositis (DM am besten. In einer internationalen, placebokontrollierten Studie besserte IVIG das klinische Ansprechen von DM-Patienten signifikant. Das IVIG-Präparat Octagam® hat aufgrund dieser Daten in Deutschland die Zulassung zur Therapie der aktiven DM erhalten.

Auch der B-Zell-depletierende Antikörper Rituximab kommt bei schweren Verläufen oder Therapieresistenz für DM, Polymyositis (PM), immunvermittelte nekrotisierende Myopathie (IMN), Overlap-Myositis (OM) oder das Anti-Synthetase-Syndrom (ASyS) in Betracht. Wenn Patienten Antikörper gegen Signal Recognition Particle (SRP) haben, kann Rituximab auch schon primär erwogen werden. Die Titerhöhe korreliert aber nicht mit dem Therapieansprechen. Durch Einsatz von Rituximab lassen sich manchmal andere Immuntherapien reduzieren.

Patienten mit einem ASyS und interstitieller Lungenerkrankung brauchen meist frühzeitig eine Add-on-Therapie mit Immunsuppressiva bzw. eine frühe Eskalationstherapie mit Rituximab/Cyclophosphamid. Mehrere Studien belegen die positive Wirkung von Rituximab auf die pulmonale Beteiligung.

Problem Lungenbeteiligung

Eine interstitielle Lungenerkrankung (ILD) zählt zu den schwerwiegendsten Erscheinungen von Myositiden und bestimmt die Prognose. Besonders häufig tritt sie im Rahmen der DM und des ASyS auf. Patienten mit weniger  als 10 % Lungengerüstveränderungen im CT brauchen in der Regel keine Therapie, bei allen anderen erfolgt sie frühzeitig hoch dosiert mit GCS, am besten kombiniert mit Immunsuppressiva. Wirkt dies nicht ausreichend, sollten zusätzlich IVIG verabreicht werden. Eine rapide Progression der ILD kann den Einsatz von Cyclosporin A, Cyclophosphamid oder Rituximab erfordern. Neuerdings gibt es für progressive Verläufe auch die Option, Nintedanib zu verordnen.

Die IBM verläuft besonders häufig therapierefraktär. Die Standardtherapie aus GCS und Immunsuppressiva bleibt meist ohne Erfolg. Deshalb erhalten diese Patienten oft primär IVIG. Dies ist vor allem bei einer relevanten Dysphagie gerechtfertigt. Denn die Schluckfunktion von IBM-Kranken lässt sich mit IVIG signifikant verbessern. Man appliziert sie alle vier Wochen zunächst über sechs Monate, initial in einer Dosis von 2 g/kg, später von 1–2 g/kg. Führt dies zu positiven Effekten oder zu einer Stabilisierung des Krankheitsverlaufs, setzt man die Therapie fort.

In einer multizentrischen Phase-3-Studie wird derzeit Rapamycin/Sirolimus bei Patienten mit IBM untersucht, nachdem eine kleinere placebokontrollierte Studie positive Effekte auf Vitalkapazität, Muskelverfettung im MRT und 6-Minuten-Gehtest gezeigt hatte.

Die Hautsymptome der DM sprechen nicht immer gut auf die Therapie der Myositis an. Zusätzlich empfohlen werden topische GCS und zur Prophylaxe Sonnenschutz. Bei Anwendung im Gesicht sollte man den Einsatz topischer Steroide auf 2–3 Wochen beschränken und topisches Tacrolimus anschließen. Auch Hydroxychloroquin und Chlorquin, evtl. ergänzt durch Mepacrin, haben sich als wirksam gegen die Hautsymptome erwiesen.

Viele Patienten mit Myositiden entwickeln Schluckstörungen. Zusätzlich zur Immuntherapie eignen sich symptomatische Behandlungen wie Injektionen von Botulinumtoxin, Ballondilatationen oder Myotomie zur Linderung der Dysphagie.

Unter jeder laufenden Therapie sollten Muskelkraft und Schluckfunktion regelmäßig kontrolliert und ggfs. die Therapie angepasst werden. Myositis-Patienten profitieren durchaus auch von körperlichem Training. Den Wert einer ergänzenden Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie sollte man nicht unterschätzen.

Quelle: S2k-Leitlinie „Myositissyndrome“, AWMF-Register-Nr. 030/054, www.awmf.org

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Die Hautsymptome der Dermatomyositis sprechen nicht immer gut auf die Therapie der Myositis an. Die Hautsymptome der Dermatomyositis sprechen nicht immer gut auf die Therapie der Myositis an. © iStock/Natallia Yatskova