Die zehn Gebote bei Verdacht auf Masern

Dr. Dorothea Ranft

War ein infizierter Patient in der Praxis, schwirren seine Viren auch Stunden später noch durch die Räume. War ein infizierter Patient in der Praxis, schwirren seine Viren auch Stunden später noch durch die Räume. © wikimedia/Danvasilis

In Ihrer Praxis kann jederzeit ein Patient mit Masern auftauchen. Expertinnen von RKI und STIKO haben zehn praktikable Regeln erarbeitet, die helfen, den Erkrankten zu schützen und eine Weiterverbreitung zu verhindern.

1. Grundsätzlich sollt man auch an Masern denken, wenn ein Patient nach einer unspezifischen Prodromal­phase mit Fieber, Schnupfen und Husten ein Exanthem entwickelt. Dies gilt vor allem nach einer Reise, schreiben die Epidemiologin Dr. Dorothea Matysiak-Klose vom Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin und die Ärztin für Arbeits- und Notfallmedizin Professor Dr. Dr. Sabine Wicker­ von der Ständigen Impfkommission (STIKO).

2. Schon den Verdacht auf eine akute Masernerkrankung muss man dem zuständigen Gesundheitsamt innerhalb von 24 Stunden melden, so fordert es das Infektionsschutzgesetz. Denn mögliche Infektionsketten sollen möglichst früh durchbrochen werden.

3. Vor allem sporadisch aufgetretene Fälle (ohne bekannten Bezug zu einem Ausbruch) und Manifestationen bei geimpften Patienten sollten labordiagnostisch abgesichert werden. Virusspezifische IgM-Antikörper gelten als Marker für eine aktuelle Infektion, sie lassen sich meist ab Beginn des Exanthems detektieren. Bei etwa 30 % der Erkrankten ist der Titer auch am ersten bis dritten Exanthemtag noch negativ. Die Antikörper sind bis zu sechs Wochen nachweisbar, in Einzelfällen auch länger. Geimpfte zeigen oft keine gute IgM-Antwort, bei ihnen schließt ein negativer Befund deshalb die Masern nicht aus. Typisch für vakzinierte Patienten sind hohe IgG-Titer. Im Zweifel sollte nach zehn bis 14 Tagen eine erneute Serologie erfolgen. Mittels ELISA (IgG) lässt sich dann meist ein signifikanter Antikörper-Anstieg nachweisen.

Eventuell Kranke in separatem Raum warten lassen

Im Falle von sporadisch auftretenden Masern­fällen empfehlen die Autorinnen, das Virusgenom mittels Polymerasekettenreaktion zu analysieren. Als Probenquellen eignen sich Urin und Rachenabstrich (kein Serum). Der Nachweis gelingt bis etwa eine Woche nach dem Ausbruch des Exanthems. Bei einem positiven RNA-Befund kann eine Masern­virus-Genotypisierung zur molekularen Überwachung erfolgen. Diese Untersuchungen und die Bestimmung der Bindungsfähigkeit der Antikörper (Avidität) führt das RKI kostenlos durch. Anforderungsscheine und Probenkits sind online erhältlich (hier).

4. Um die Infektion weiterer Personen zu vermeiden, sollten masernverdächtige Patienten in der Praxis in einem separaten Raum warten und behandelt werden. Eine Ansteckung ist wegen der hohen Kontagiosität selbst zwei Stunden nachdem der Betroffene den Raum verlassen hat noch möglich.

5. In stationären Einrichtungen des Gesundheitswesens müssen Masernpatienten bis zum fünften Tag nach dem Beginn des Ausschlags isoliert werden.

6. Bisher gibt es keine spezifische antivirale Therapie gegen Masern. Die symptomatische Behandlung richtet sich nach dem Organbefall, bakterielle Superinfektionen (z.B. Pneumonie, Otitis media) erfordern zudem oft eine Antibiose.

7. Die Expertinnen raten, ungeschützte Personen mit Kontakt zu Masernpatienten über die Möglichkeit einer postexpositionellen Impfung oder Ig-Gabe aufzuklären. Bei unspezifischen Prodromalsyndromen sollten sie sicherheitshalber daheimbleiben und ihren Hausarzt per Telefon kontaktieren.

8. Die Postexpositionsprophylaxe wirkt umso besser, je früher sie zum Einsatz kommt. Die Impfung darf ab einem Alter von sechs Monaten erfolgen. Wird sie innerhalb von drei Tagen verabreicht, kann sie die Erkrankung verhüten oder zumindest abschwächen. Immunglobuline verhindern potenziell den Ausbruch, wenn sie innerhalb von sechs Tagen gegeben werden, später (sieben bis neun Tage) gelingt eventuell noch ein Abschwächen, ab dem zehnten Tag ist die Wirkung fraglich.

9. Nach 1970 geborene Patienten, die nicht oder nur einmal in der Kindheit geimpft wurden bzw. einen unklaren Schutz aufweisen, sollten grundsätzlich einmal Maservakzine erhalten, so die STIKO-Empfehlung. Kinder und Jugendliche bekommen zwei MMR-Impfungen.

10. Besondere Regeln gelten für Schwangere: Sie erleiden bei einer Masernerkrankung möglicherweise mehr Komplikationen. Die MMR-Lebendimpfung ist während der Gravidität jedoch kontraindiziert. Die STIKO rät Frauen im gebärfähigen Alter, zum Schutz gegen Röteln sich zweimal mit MMR-Vakzin immunisieren zu lassen. Dies sorgt auch für einen Nestschutz ihrer Kinder gegen Masern.

Quelle: Matysiak-Klose D, Wicker S. Dtsch Med Wochenschr 2017; 142: 1767-1772

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


War ein infizierter Patient in der Praxis, schwirren seine Viren auch Stunden später noch durch die Räume. War ein infizierter Patient in der Praxis, schwirren seine Viren auch Stunden später noch durch die Räume. © wikimedia/Danvasilis