Die Zukunft der (Neo-)Adjuvanz

ASCO-GU 2022 Friederike Klein

Wenn immer mehr Betroffene eine pCR erreichen, wirft das auch die Frage nach blasensparenden Ansätzen auf. Wenn immer mehr Betroffene eine pCR erreichen, wirft das auch die Frage nach blasensparenden Ansätzen auf. © iStock/lunar_cat

Welche Rolle spielt die (neo-)adjuvante Immuntherapie für die Behandlung von Patienten mit muskelinvasivem Blasenkarzinom? Dieser Frage gehen Forscher zurzeit in mehreren Studien auf den Grund.

Die neoadjuvante cisplatin­basierte Chemotherapie hat sich als Standard für die Behandlung des muskelinvasiven Blasenkarzinoms (MIBC) etabliert. Eine pathologische Komplettremission (pCR) gilt als Prädiktor für das Langzeitüberleben. Doch das erreichen mit der Neoadjuvanz nur 32,5 % bis 38 % der Erkrankten, sagte Prof. Dr. Tracy­ L. Rose­, Universität von North Carolina in Chapel Hill. Eine Intensivierung durch dosisdichte Chemotherapie-Schemata erhöhte die pCR-Rate nicht wesentlich, wenn auch das pathologische Downstaging numerisch verbessert wurde.

Bisher nur einarmige Studien

Immuntherapeutika sind eine weitere Option, die pCR nach Neo­adjuvanz zu erhöhen. So steigerte die Kombination aus Chemotherapie und Pembrolizumab beim metastasierten Urothelkarzinom das Ansprechen auf 54 %. Zum muskelinvasiven Blasenkarzinom gibt es allerdings bislang nur einarmige Studien, in denen ein Checkpoint-Inhibitor und Gemcitabin/Cisplatin gemeinsam eingesetzt werden. Die resultierenden pCR-Raten erreichten maximal 44 % und ein Downstaging bis zu 69 % der Patienten, fasste Prof. Rose die Ergebnisse zusammen.

Aktuell untersuchen Forscher in größeren randomisierten Studien die Behandlung mit CPI plus Gemci­tabin/Cisplatin. Selbst wenn die Ergebnisse positiv ausfallen sollten, sieht die Referentin viele offene Fragen. So muss u.a. bewiesen werden, dass die Kombinationen wirklich besser sind als eine neoadjuvante Chemo + adjuvante Immuntherapie allein. Mit neoadjuvantem Nivolumab plus Ipilimumab konnte in einer kleinen Studie eine pCR von 46 % erreicht werden. Ergebnisse aus randomisierten Untersuchungen hierzu stehen noch aus.

In einigen Studien wird das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Enfortumab-Vedotin (EV) als perioperative Option bei Patienten mit muskelinvasivem Blasenkarzinom geprüft. Erkrankte, die für eine Chemotherapie infrage kommen, erhalten die Substanz zusammen mit Gemcitabin/Cisplatin. Personen, die hierfür nicht geeignet sind, werden mit Enfortumab-Vedotin allein oder in Kombination mit CPI behandelt.

Enfortumab-Vedotin in Phase-1b/2-Studie geprüft

ur neoadjuvanten EV-Monotherapie gibt es bereits erste Ergebnisse, berichtete Prof. Dr. Daniel P. Petrylak vom Yale Cancer Center, New Haven: Die Kohorte H der Phase-1b/2-Studie EV-103 umfasste cisplatinungeeignete Patienten mit cT2-T4aN0M0 MIB. Sie eigneten sich für eine radikale Resektion mit pelviner Lymphadenektomie. Mit neoadjuvanter EV-Monotherapie erreichten sie eine pCR-Rate von 36,4 %. Ein Downstaging wurde bei 50 % detektiert.

Petrylak DP et al. 2022 ASCO Genitourinary Cancers Symposium; Abstract 435

Von den derzeit untersuchten EV-CPI-Kombinationen in unterschiedlichen perioperativen Regimen erhoffen sich Forscher verbesserte pCR-Raten. Die Teilnehmer des Symposiums teilten diesen Optimismus. Sie stimmten in einer Umfrage mit deutlicher Mehrheit der Prognose zu, dass in fünf Jahren die Neoadjuvanz mit EV und CPI sowie nachfolgender radikaler Zystektomie der Standard für cisplatinungeeignete Patienten mit resektablem muskelinvasivem Blasenkarzinom sein wird. Wenn immer mehr Betroffene eine pCR erreichen, wirft das aber auch die Frage nach blasensparenden Ansätzen auf, betonte Prof. Rose. Die Autoren der RETAIN-Studie verwenden dazu neoadjuvant ein adaptiertes MVAC*-Regime plus Nivolumab, in der AO31701-Studie wird neoadjuvant dosisdichtes Gemcitabin/Cisplatin eingesetzt. Bei Vorliegen von DDR**-Alterationen und cT0 schließt sich an die Operation nur eine Überwachung an, andernfalls erfolgt die Zystektomie oder eine Strahlenchemotherapie. 

* Methotrexat, Vinblastin, Doxorubicin, Cisplatin
** DNA damage response

Quelle:
Rose T et al. 2022 ASCO Genitourinary Cancers Symposium; Session: Novel Therapies and their toxicities in bladder cancer
2022 ASCO Genitourinary Cancers Symposium

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