Ein guter Tag zum Sterben

Dr. Dorothea Ranft

Mehr als einer Person zum Suizid zu verhelfen, ist  schon „geschäftsmäßig“. Mehr als einer Person zum Suizid zu verhelfen, ist schon „geschäftsmäßig“. © fotolia/sudok1

Unheilbar kranke Patienten fragen oft nach Möglichkeiten, ihr Leben vorzeitig zu beenden – vor allem, wenn sich ihre Symptome nicht mehr befriedigend lindern lassen. Ein Kollege erläutert Optionen und Grenzen der Sterbehilfe anhand eines Fallbeispiels.

Ein 67-jähriger Patient mit amyotropher Lateralsklerose wird seit sechs Jahren zu Hause beatmet. Trotzdem schätzt er seine Lebensqualität lange Zeit als hoch ein, er fühlt sich in der Familie aufgehoben und wird oft von seinen Freunden besucht. Doch dann verschlimmern sich die Probleme mit dem Sprechen und Schlucken so sehr, dass er aus dem Leben scheiden will – am besten durch Abnehmen der Atemmaske. Allerdings hat er bei einem versehentlichen Verrutschen dieser Maske schon mehrfach unter extremer Atemnot gelitten.

Tötung auf Verlangen bringt bis zu fünf Jahre hinter Gittern

Deshalb bittet er seinen Arzt, ihn für diesen kritischen Moment in Narkose zu versetzen. Dieser erklärt sich nach intensiver Diskussion mit Kollegen schließlich dazu bereit, die Ehefrau nimmt die Maske ab und der Patient verstirbt im Kreise seiner Angehörigen.

Doch wie sieht die rechtliche Situation aus? Dr. Jürgen Herbers, Allgemeinarzt und Palliativmediziner in Pleidelsheim, ist davon überzeugt, dass es sich bei der Kurznarkose mit Propofol um passive Sterbehilfe handelte. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs ist Sterbehilfe durch Unterlassen, Begrenzen oder Beenden einer medizinischen Behandlung gerechtfertigt. Der Abbruch der Therapie kann auch durch aktives Tun erfolgen. Der Arzt sorgt dafür, dass die Erkrankung ihren natürlichen Lauf nimmt. Im genannten Beispiel hat der Kollege die Dosis bewusst so gewählt, dass sie nicht atemdepressiv wirkte, und das Mittel verabreicht, bevor die Luftnot begann.

Von indirekter Sterbehilfe spricht man dagegen, wenn die Schmerzbehandlung bei einem terminal erkrankten Patienten als unbeabsichtigte Nebenwirkung das Leben verkürzt. Dies kann passieren, wenn es unter der vom Patienten erbetenen Opioid-Therapie zu einer Atemdepression kommt.

Völlig anders ist die Rechtslage bei der Tötung auf Verlangen (aktive Sterbehilfe; § 216 Abs. 1 StGB): Ist jemand durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten zu dieser Handlung gedrängt worden und hat dies auch ausgeführt, droht eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren – schon der Versuch ist strafbar. Ein typisches Beispiel: Ein schwer leidender, aber urteils- und entscheidungsfähiger Patient bittet den Arzt, ihm ein zum Tode führendes Medikament zu spritzen.

Von Tötung aus Mitleid spricht man, wenn ein Arzt einen schwer leidenden, aber nicht mehr entscheidungsfähigen Patienten eine Überdosis Schmerzmittel spritzt, um ihn von seiner Qual erlösen (nicht, um die Schmerzen zu lindern). Die Tötung aus Mitleid wird in der Regel als Totschlag gewertet – das Strafmaß reicht in diesem Fall bis lebenslang.

Der Suizid bleibt nach dem deutschen Recht straflos, ebenso die Beihilfe und Anstiftung, wenn der Patient selbstverantwortlich handelt. Die spezielle Garantenpflicht von Ärzten wird nach der aktuellen juristischen Literatur vom Selbstbestimmungsrecht des Patienten begrenzt. Eine Ausnahme bilden Suizidenten, die beispielsweise aufgrund einer psychischen Erkrankung gar keine aktive Willensentscheidung treffen können. In diesem Fall macht sich der Arzt strafbar, wenn er die Selbsttötung nicht verhindert.

Rettungspflicht beim Auffinden kann entfallen

In der Auffindesituation haben Personen ohne Garantenstellung keine Rettungspflicht, wenn ein eigenverantwortlicher und ernsthafter Todeswunsch offensichtlich ist. Für alle Personen, auch Ärzte und andere „Garanten“, entfällt die Rettungspflicht, wenn der Suizident schon im Sterben liegt oder nur mit schwersten Folgeschäden überleben würde.

Die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung ist in Deutschland strafbar. Sie wird bereits bei einer mehr als einmaligen Aktion angenommen, so Dr. Herbers. Straffrei bleiben Personen, die nicht geschäftsmäßig handeln und z.B. als Angehörige dem Suizidenten nahestehen.

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Mehr als einer Person zum Suizid zu verhelfen, ist  schon „geschäftsmäßig“. Mehr als einer Person zum Suizid zu verhelfen, ist schon „geschäftsmäßig“. © fotolia/sudok1