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Eine eigene Leitlinie für das Lippenkarzinom

Etwa 0,5 pro 100 000 Männer und 0,2 pro 100 000 Frauen erkranken jährlich in Deutschland an einem Lippenkarzinom. Das mediane Alter bei Diagnose liegt in der 7. Lebensdekade, die Fünf-Jahres-Überlebensraten sind mit 90–95 % gut. Bei Metastasierung ist die Prognose wesentlich schlechter.
Für Leitliniensekretär Professor Dr. Dr. Robert Mischkowski von der Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie am Klinikum Ludwigshafen ist das Lippenkarzinom klar eine eigene Entität. Zudem erfolge die Behandlung je nach Behandler sehr unterschiedlich, weshalb die interdisziplinäre Aufarbeitung von besonderer Bedeutung sei. Geplant ist eine S2k-Leitlinie1 – die erste dieser Qualität für das Lippenkarzinom weltweit.
Definiert wurden Lippenkarzinome für die Leitlinie als Karzinome, die vom Lippenrot der Ober- und Unterlippe ausgehen. Es handelt sich fast ausschließlich um Plattenepithelkarzinome. Maligne Melanome in der Lippenregion behandelt die Leitlinie nicht.
Wichtige Empfehlungen stellte Prof. Mischkowski nun bereits vor. Dazu gehören:
- die Beratung hinsichtlich einer möglichst niedrigen UV-Strahlungsexposition,
- die Früherkennung durch alle betreuenden Ärzte,
- eine fachärztliche Abklärung bei einer unklaren Veränderung über mehr als zwei Wochen,
- das Ausschließen von Zweittumoren der Mundhöhle oder der Haut bei histologischer Sicherung eines Lippenkarzinoms.
Primärdiagnostik richtet sich nach Tumorgröße
Die Primärdiagnostik schließt je nach Tumorgröße eine Sonographie der Tumorregion und der Halsweichteile ein, ab T3 auch eine Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie dieser Bereiche. Bei zwei und mehr positiven Lymphknoten oder T4-Tumoren wird eine CT von Thorax und Abdomen empfohlen.
T1/T2-Lippenkarzinome sollen laut Leitlinie komplett reseziert oder strahlentherapeutisch behandelt werden. Die sichere R0-Resektion ist der Brachytherapie oder perkutanen Strahlentherapie bezüglich lokaler Kontrolle und Fünf-Jahres-Überlebensraten ähnlich, erläuterte Prof. Mischkowski. Bei inkompletter Resektion oder chirurgisch nicht erreichbarem R0-Status soll eine adjuvante Brachytherapie oder perkutane Strahlentherapie erfolgen. Eine standardmäßige Lymphknotenentfernung wird nicht empfohlen.
Bei Lippenkarzinomen ≥ T3 und unauffälligem Lymphknotenstatus soll eine elektive Lymphknotendissektion der Level I–III erfolgen, bei Lymphknotenmetastasierung der Level I–IV.
Bei operierten fortgeschrittenen Lippenkarzinomen pT4 oder Lymphknotenbefall mit Kapseldurchbruch sehen die Empfehlungen eine adjuvante Radiochemotherapie mit simultaner cisplatinhaltiger Chemotherapie vor.
Beim metastasierten Lippenkarzinom gibt es keine Evidenz für den Nutzen einer systemischen Therapie; diese Patienten sollten möglichst immer in Studien behandelt werden.
Funktionserhalt beachten
Rekonstruktion nicht nur aus funktioneller Sicht
Die Rekonstruktion soll in funktioneller und ästhetischer Hinsicht verloren gegangene Gewebeanteile wiederherstellen. Eine wichtige Rolle spielt die Rekonstruktion der Kaufähigkeit. Die Nachsorge umfasst auch die regelmäßige zahnärztliche Überwachung, wobei Eingriffe nur von hier erfahrenen Fachkollegen durchgeführt werden sollten, betonte Prof. Mischkowski.Quellen:
1. S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie des Lippenkarzinoms. AWMF-Registernr. 007–103
33. Deutscher Krebskongress 2018
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