
Endokarditisschutz nur bei hohem Risiko
Dass Bakterien aus Darm und Mund nach endoskopischen Eingriffen im Blut auftauchen, ist keine Seltenheit. Besonders häufig findet man Bakteriämien nach Ösophagusdilatation, Varizensklerosierung oder -ligatur und nach ERCP bei Gallengangsobstruktion.
Bei Gastro-, Kolo- und Sigmoidoskopien sowie bei der Endosonographie (mit oder ohne Feinnadelbiopsie) sind die Raten dagegen relativ gering. Transiente Bakteriämien findet man aber auch bei 20–68 % der Menschen nach dem täglichen Zähneputzen, gibt Dr. Ulrich Rosien vom Israelitischen Krankenhaus in Hamburg zu bedenken. Dies deutet schon darauf hin, dass die meisten solcher Bakteriämien völlig harmlos sind und nicht zu klinischen Symptomen führen.
Antibiotikaprophylaxe auch bei künstlichen Herzklappen nicht nötig
Vor diesem Hintergrund wird heute auch bei erhöhtem Endokarditis-Risiko (Patienten mit künstlichen Herzklappen, infektiöser Endokarditis in der Vorgeschichte, angeborenen Herzfehlern etc.) keine generelle Antibiotikaprophylaxe vor Endoskopien mehr empfohlen – es sei denn, es liegt eine gastrointestinale Infektion (z.B. Cholangitis) vor. Entwickeln die Risikopatienten allerdings Wochen nach der Untersuchung entsprechende Symptome, sollte man an die Möglichkeit einer Endokarditis denken, so Dr. Rosien.
Ebenfalls keine generelle Antibiotikaprophylaxe vor gastroenterologischen Eingriffen brauchen Patienten mit „Ersatzteilen“ wie Schrittmachern, Defibrillatoren, Stents oder orthopädischen Prothesen. Bei Patienten mit Peritoneal-Dialyse kann die Protektion mit Antibiotika vor der Koloskopie in Erwägung gezogen werden.
Vor Antibiotikagabe auf MRSA-Risikopatienten achten
Wann sollten Antibiotika auch heute noch prophylaktisch eingesetzt werden? Empfohlen wird die routinemäßige Applikation eines Zweitgenerations-Cephalosporins (z.B. Cefazolin 2 g i.v.) 30 min vor Anlage einer perkutanen endoskopischen Gastrostomie (PEG). Allerdings muss auch diese Indikation kritisch gesehen werden, da die meisten peristomalen Infektionen unter topischen Antibiotika problemlos abheilen, schreibt der Autor.
Bei Patienten mit erhöhtem MRSA-Risiko sollte zusätzlich ein entsprechendes Screening und ggf. eine Sanierung erfolgen. Weitere Indikationen zu Antibiotikaprohylaxe bestehen bei:
• oberer gastrointestinaler Blutung bei Leberzirrhose
• Patienten mit Neutropenie oder fortgeschrittenen hämatologisch-onkologischen Erkrankungen
• Gallenwegsinterventionen ohne kompletten Galleabfluss
• ERCP bei Lebertransplantierten
• endoskopischen Eingriffen am Pankreas
Um eine Übertragung von resistenten Erregern von Patient zu Patient zu vermeiden, sollten bestimmte Schutzmaßnahmen eingehalten werden. So gehören Patienten mit nachgewiesener (oder potenzieller) Infektion immer ans Ende des Programms, alle an der Endoskopie Beteiligten müssen Schutzkleidung tragen und die hygienische Händeinfektion beachten.
Ulrich Rosien et al., Z Gastroenterol 2011; 49: 1493-1499
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