Endokarditis, infektiöse

Definition

Die infektiöse bzw. bakterielle Endokarditis ist eine Infektion der Herzklappen, die mit Nekrosen und thrombotischen Auflagerungen einhergeht und zu einer Zerstörung der Herzklappen und zu septischen Embolien führen kann. Am häufigsten befallen sind die Mitralklappe oder/und Aortenklappe.

Staphylokokken und Streptokokken sind in vielen Fällen Auslöser der infektiösen Endokarditis. Bleibt die Erkrankung unbehandelt, hat sie in der Regel eine schlechte Prognose und endet nicht selten tödlich.

ICD10-Code: I01.1, I09.1, I33, I38, I39

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Symptomatik

Je nach auslösendem Erreger variiert die Symptomatik von schleichendem, über mehrere Monate dauerndem Verlauf bis hin zu fulminantem, innerhalb von Tagen tödlich endendem Verlauf.

Als Leitsymptome gelten:

  • Fieber (90 %), evtl. Schüttelfrost 
  • Herzgeräusche: Meist liegt bereits ein rheumatischer Klappenfehler mit entsprechendem Herzgeräusch vor, das seinen Charakter jedoch ändern kann. Daher täglich auskultieren! 
  • Bakteriämie 
  • Splenomegalie 
  • Bakterielle Mikroembolien: Embolische Herdenzephalitis evtl. mit passageren Hemiparesen; evtl. Mikroembolien an der Netzhaut

Weitere Symptome können hinzukommen, z.B. zunehmende Zeichen einer Herzinsuffizienz, Nierenbeteiligung mit akuter diffuser Glomerulonephritis und Hautsymptome (Petechien, Osler-Knötchen). 

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Untersuchung

Echokardiographie und Mikrobiologie (siehe „Labor") sind die Eckpfeiler der Endokarditis-Diagnostik.

Drei echokardiographische Befunde gelten als Hauptkriterien der infektiösen Endokarditis:

  • Vegetationen 
  • (Herz-)Abszess 
  • Neue Dehiszenz einer Klappenprothese

Außer der Echokardiographie kommen weitere bildgebende Verfahren wie Herz-CT und 18F-FDG-PET/CT zum Einsatz. In der Sonographie kann eine Splenomegalie auffallen (in ca. 30%) und evtl. Organinfarkte oder Abszesse.

Wichtig ist auch, die Bakteriämiequelle zu suchen: Wurde vor kurzem ein (zahn-)ärztlicher Eingriff vorgenommen? Wurde Fremdmaterial (Stents, Spirale, Prothesen) implantiert? Untersucht werden sollten der Zahnstatus, Nasennebenhöhlen, Urogenitaltrakt, Haut (Zehenzwischenräume) und Augenhintergrund.

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Bildgebung
© CDC/ Dr. Sellers
© CDC/Dr. Thomas F. Sellers/Emory University
© CDC/Dr. Edwin P. Ewing
Labor

Unspezifische Entzündungszeichen: 

  • Erhöhte BSG (eine normale BSG spricht gegen eine Endokarditis)
  • Erhöhter CRP-Wert 
  • Anämie (80 %) 
  • Evtl. Leukozytose (v.a. bei Infektion durch S. aureus ausgeprägt), Thrombozytopenie

Entscheidend ist der kulturelle Erregernachweis im Blut. Bei der Abnahme von aeroben und anaeroben Blutkulturen ist Folgendes zu beachten:

  • Blutkulturdiagnostik vor Beginn der antibiotischen Therapie 
  • 3 bis 5 separat entnommene Blutkulturen, bei akut septischem Verlauf möglichst innerhalb von 1 bis 2 Stunden 
  • Entnahme aus der Kubitalvene, nicht aus Venenverweilkathetern 
  • Labor informieren, dass Verdacht auf infektiöse Endokarditis besteht 
  • Blutkulturflaschen innerhalb von 2 Stunden ins Labor bringen
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Differenzialdiagnostik

Bei schleichendem oder oligosymptomatischem Verlauf kann eine infektiöse Endokarditis leicht übersehen und z.B. als Infektion anderer Genese (Pneumonie, Harnwegsinfekt, Tuberkulose) fehlinterpretiert werden.

Differenzialdiagnostisch müssen auch Malignome bzw. Autoimmunerkrankungen ausgeschlossen werden.

Pharmakotherapie und nichtinvasive Therapie

Die Behandlung sollte im Team aus Kardiologen, Herzchirurgen und Mikrobiologen abgestimmt werden.

Antibiotika sind immer erforderlich. Nach der Abnahme wiederholter Blutkulturen wird eine kalkulierte Initialtherapie mit Breitband-Antibiotika eingeleitet:

  • Bei Nativklappen und Klappenprothesen (> Monate postoperativ): Ampicillin i.v. + (Flu)Cloxacillin oder Oxacillin i.v. + Gentamicin i.v. oder i.m.
  • Bei Klappenprothesen (< 12 Monate postoperativ): Vancomycin i.v. + Gentamicin i.v. oder i.m. + Rifampicin i.v. oder oral

Ggf. muss die Therapie angepasst werden, wenn das Antibiogramm vorliegt. Der Erfolg der Therapie wird anhand des klinischen Befundes, der Laborwerte (BSG, CRP, Blutkulturen) und mithilfe der Echokardiographie beurteilt.

Der Herzchirurg sollte frühzeitig hinzugezogen werden, damit ein eventuell notwendiger Klappenersatz zur Infektsanierung nicht verzögert wird.

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Invasive und Interventionelle Therapie

Nicht alle Endokarditisfälle heilen unter antibiotischer Therapie. Auch bei noch nicht zerstörter Klappe kann eine Klappenersatz-OP evtl. sinnvoll sein. Die entfernte Klappe soll mikrobiologisch untersucht werden. Operationsindikationen sind u.a.:

  • Schwere Sepsis und septischer Schock 
  • Herzinsuffizienz 
  • Pilzendokarditis, MRSA-Endokarditis 
  • Kardialer Abszess, Aneurysma, paravalvuläre Ausbreitung 
  • Persistierende Infektzeichen und Klappendysfunktion oder persistierende Bakteriämie trotz angemessener antibiotischer Therapie 
  • Rezidivierende Embolien unter Therapie 
  • Akute zerebrale Embolie nach Ausschluss einer zerebralen Blutung
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Prävention

Wenn Operationen oder Interventionen mit hoher Bakteriämiegefahr geplant sind, sollten Patienten mit hohem Endokarditisrisiko eine antibiotische Prophylaxe erhalten. Indikationen sind u.a.: 

  • Z. n. Endokarditis 
  • Herzklappenprothesen 
  • Bestimmte angeborene Herzfehler 
  • Herztransplantierte, die einen Klappenfehler entwickelt haben

Ein hohes Bakteriämierisiko besteht z.B. bei folgenden Interventionen: Zahnärztliche Behandlung mit Zahnfleischverletzung, HNO-Operationen, Eingriffe an der Speiseröhre, Blasenspiegelung, starre Bronchoskopie, Darm- oder Prostata-OP, OP am offenen Herzen bei Klappenfehler.

Generell trägt eine gute Mund- und Hauthygiene zur Prävention der infektiösen Endokarditis bei.

Notfallmanagement

Bei großen Vegetationen (> 10 mm) steigt das Embolierisiko steil an (bis 60 %), daher muss eine rasche operative Sanierung erfolgen.

Weitere dringende OP-Indikationen sind:

  • Herzinsuffizienz 
  • AV-Blockierungen 
  • Paravalvulärer Abszess 
  • Hämodynamisch relevantes Klappenvitium 
  • Embolien 
  • Persistierende Infektion
Leitlinien

1. Herold G et al.: Innere Medizin 2017. Eigenverlag, Köln 2017

2. Stierle U (Hrsg.): Klinikleitfaden Kardiologie. 6. Aufl., Elsevier, München 2017

3. ESC Pocket Guidelines: Infektiöse Endokarditis, Version 2015. Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. https://www.dgk.org

 

Leitlinie "Infektiöse Endokarditis und Endokarditisprophylaxe im Kindes- und Jugendalter" (gültig bis 31.12.2018)

Forschung
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