Epigenetische Wirkstoffe und antikörperbasierte Behandlungen in Laborstudien geprüft

Mascha Pömmerl

Testikuläre Keimzelltumore wie Seminome können auch epigenetisch angegangen werden. Testikuläre Keimzelltumore wie Seminome können auch epigenetisch angegangen werden. © wikimedia/Nephron (CC BY-SA 3.0); wikimedia/Ed Uthman

Für testikuläre Keimzelltumoren gibt es eine Reihe neuer Behandlungskonzepte – darunter epigenetische Therapien und Antikörper-Wirkstoff-Konjugate. Auf dem EAU wurden einige davon vorgestellt.

Keimzelltumoren (KZT) entstehen nicht durch eine Mutation, sondern durch einen epigenetic hit, erklärte Professor Dr. ­Daniel ­Nettersheim, Universitätsklinikum Düsseldorf. Die Therapie mit epigenetischen Wirkstoffen sei daher ein vielversprechender Ansatz. Der Referent stellte verschiedene Strategien vor und ging auf weitere Behandlungskonzepte ein.

Zu den epigenetischen Medikamenten gehören DNA-hypomethylierende Substanzen (HMA), die verhindern, dass Gene methyliert und damit deaktiviert werden. HMA wirken unspezifisch und werden zusammen mit platinbasierten Therapien, Checkpoint-Inhibitoren und anderen epigenetischen Substanzen eingesetzt. Sie resensibilisieren die Tumorzellen oder erhöhen die Effektivität der Kombinationspartner. Die HMA Guadecitabin wurde bereits in ersten Phase-1-Studien geprüft. „Aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse schlussfolgerten die Autoren, dass Phase-2-Studien initiiert werden sollten“, erläuterte der Experte.

Ansatzpunkt: Histone und Bromodomänen-Proteine

Ein weiteres interessantes Target sind Histon-Deacetylasen (HDAC). Die Enzyme spielen ebenfalls eine wichtige Rolle in der Steuerung der Genexpression und werden durch HDAC-Inhibitoren gehemmt. Letztere können in Kombination mit platinbasierten Therapien, HMA, BET*-Blockern und LSD1**-Hemmern zum Einsatz kommen. Die HDAC-Inhibitoren Romidepsin, Belinostat und Panobinostat sind mittlerweile gut beschrieben, so der Referent. „Sie induzieren alle eine Hyperacetylierung und einen Zellzyklusarrest sowie eine Apoptose.“

Auch Bromodomänen-Proteine seien mögliche Angriffspunkte, berichtete Prof. Nettersheim weiter, denn sie lesen und interpretieren den epigenetischen Code. Der Bromodomänen-Inhibitor JQ1 war in vitro und in vivo aktiv und führte zu einem Wachstumsstopp.1 In Kombination mit Romidepsin kann sich die Effektivität erhöhen.

Epigenetische Medikamente sind ein interessanter neuer Ansatz, sie können aber cisplatinbasierte Therapien nicht ersetzen, lautete das erste Fazit des Referenten. Sie würden daher wohl nur kombiniert mit anderen Wirkstoffen eingesetzt werden. Der Experte ging auf weitere mögliche zukünftige Strategien ein. So gäbe es etwa für Brentuximab-Vedotin, ein Antikörper-Wirkstoff-Konjugat, Daten zur In-vitro-Aktivität. Jedoch deuten die Ergebnisse einer Phase-2-Studie darauf hin, dass Patienten mit refraktären KZT nicht von der Substanz profitieren.2 Anders sieht es für Catumaxomab aus. Der bispezifische trifunktionale Antikörper bindet an EpCAM*** und rekrutiert CD3+ T-Zellen. Prof. Nettersheim: „Catumaxomab erwies sich in vitro gegenüber KZT-Zelllinien als sehr effektiv.“ Auch CDK4/6- und ARID1A-Hemmer seien möglicherweise Optionen.

* Bromodomain and extraterminal domain
** Lysine-specific histone demethylase 1A
*** Epithelial Cell Adhesion Molecule

1. Jostes S et al. J Cell Mol Med 2017; 21: 1300-1314; DOI: 10.1111/jcmm.13059
2. Ashkar R et al. Invest New Drugs 2021; DOI: 10.1007/s10637-021-01134-1

Quelle: Nettersheim D. 36th Annual EAU Congress virtual; Thematic Session 11

36th Annual EAU Congress virtual

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Testikuläre Keimzelltumore wie Seminome können auch epigenetisch angegangen werden. Testikuläre Keimzelltumore wie Seminome können auch epigenetisch angegangen werden. © wikimedia/Nephron (CC BY-SA 3.0); wikimedia/Ed Uthman