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Leistungsschau der Diabetestechnologie

Klar ist, der ATTD ist „das“ Meeting im Bereich Diabetes-Technologie und Digitalisierung, es gibt keinen vergleichbaren anderen Kongress. Die Repräsentanz dieser Themen bei den Tagungen von ADA, EASD oder DDG ist einfach wesentlich geringer. Dadurch stellt der ATTD für die Hersteller auch die beste Gelegenheit dar, ihre (neuen) Produkte vorzustellen. In der großen Industrieausstellung war daher eine beeindruckende Zahl von Herstellern vertreten, die neue CGM-Systeme, Insulinpumpen, AID-Systeme etc. anbieten.
Dazu zählen auch diverse asiatische Firmen, die bisher noch nicht zu den Playern auf dem US-/EU-Markt zählen. Spannend ist aber auch, welche Firmen nicht mit einem Stand vertreten waren (z.B. Roche Diabetes Care und embecta). Spannend war ein großer Bereich mit diversen Start-ups aus aller Welt direkt neben der Industrieausstellung, vielleicht kommen ja hierher die Innovationen der Zukunft, d.h. aus einem 2-qm-Stand wird einer mit 200 qm in 10 Jahren.
Neue Wirkstoffe und Technologien
Abbott, Dexcom etc. als klassische Diabetes-Technologie-Firmen waren gut (d.h. mit großen Ständen) vertreten, aber eben auch Pharmafirmen wie Lilly, Novo und Sanofi. Diese präsentierten insbesondere ihre unterschiedlichen Ansätze bei Smart-Pens. Dabei spielen Medikamente, die bei der Diabetes-Therapie eingesetzt werden, beim ATTD nur eine untergeordnete Rolle, d.h. es gibt eher wenige Präsentationen/Symposien dazu. Aber klar ist: In absehbarer Zeit werden lang wirkende Insuline auf den Markt kommen, die nur noch einmal pro Woche appliziert werden müssen. Welche Auswirkungen die Verfügbarkeit davon auf den Bedarf an Smart-Pens, Patch-Pumpen etc. haben wird, ist noch nicht klar.
Dazu kommt der nun mit Macht erfolgende Markteintritt von Medikamenten, die eine deutliche Verbesserung in der Glukosekontrolle bewirken, gepaart mit einer ausgeprägten Gewichtsreduktion. Die Umsätze mit diesen Medikamenten steigen rapid an, es gibt mehr Bedarf als die Firmen liefern können. Dagegen gehen die Umsätze mit den verschiedenen Insulinen tendenziell eher zurück, wobei wir immer noch bei einer globalen Betrachtung von einem Multi-Milliarden-Markt reden. Die durch diese antidiabetischen Medikamente mögliche „Simplifizierung“ der Diabetes-Therapie, wie auch der zunehmende Einsatz von AID-Systemen, reduziert den Bedarf an ärztlicher Betreuung – was aber im Prinzip gut ist, in Anbetracht der weiter ansteigenden Zahl von Patienten bei sinkender Anzahl von Diabetologen.
4.000 Teilnehmende: Berlin als attraktives Reiseziel
Dieser 16. ATTD in Berlin wurde als Hybrid-Veranstaltung durchgeführt, an der wohl gut 4.000 Teilnehmer aus fast 100 Ländern vor Ort teilgenommen haben. Wie viele Kollegen sich den Kongress nur virtuell angesehen haben, wissen wir nicht. Anscheinend war Berlin für viele Teilnehmer ein attraktives Reiseziel, dies gilt für den Veranstaltungsort des nächsten ATTD im März 2024 – Florenz – auch, wobei diese Stadt schon einen gewissen Kontrast zur deutschen Hauptstadt darstellt.
Vielen der Teilnehmer wird noch der letzte ATTD 2020 in Madrid in Erinnerung sein, als derjenige Kongress, bei dem die Coronapandemie schon ihre deutlichen Schatten vorauswarf, wir uns aber die folgenden Einschnitte und Änderungen unserer Lebensweise überhaupt nicht vorstellen konnten. Nun, nach drei Jahren, war die Freude darüber sehr ausgeprägt, mal wieder viele der Kollegen „live und in Farbe“ sehen zu können. Der ATTD ist in diesem Sinne auch ein großes Familientreffen – oder anders ausgedrückt: ein optimaler Ort fürs Networking. Die Anzahl von deutschen Teilnehmern am ATTD war wohl höher als bei anderen ATTD-Kongressen, trotzdem war die Anzahl von Menschen, die nicht bei Herstellern arbeiten oder von diesen eingeladen waren, eher überschaubar.
Interessant ist auch zu sehen (es gibt Listen mit den Teilnehmern getrennt nach Ländern), wie viele Teilnehmer aus Ländern wie Uganda, Swasiland etc. kommen; dabei werden diese vermutlich vielfach von Herstellern eingeladen. Von der Firma Dexcom waren wohl mehr als 110 Mitarbeiter beim ATTD dabei. Diese werden wohl auch bei den immerhin drei Symposien anwesend gewesen sein, die diese Firma organisiert hat. Es gab auch noch eine ganze Reihe von anderen Industriesymposien.
ATTD-Jahrbuch: „Bibel“ für Diabetestechnologie
Die eher kühle Atmosphäre des Veranstaltungsortes passte dabei gut zu dem Wetter während des Kongresses. Die langen Wege im CityCube sorgten für ausreichend Bewegung der Teilnehmer. Insbesondere für junge Kollegen war es schade, dass die Poster, in die sie viel Arbeit und Mühe investiert haben, nur als e-Poster auf 5 Monitoren anschaubar waren.
Ein Symposium erfreut sich beim ATTD immer eines großen Zuspruchs: das zum ATTD-Jahrbuch. Dabei stellt eine ansehnliche Riege von Wissenschaftlern die ihrer Meinung nach wichtigsten Publikationen des letzten Jahres in immerhin 15 Themenbereichen in Kurzform vor. Das Jahrbuch hat mittlerweile das Format einer roten Bibel mit bald 300 Seiten. Es gibt wohl kaum jemanden, der dieses Buch von vorne bis hinten durchliest, allerdings deutet die Anzahl der Downloads von einigen Kapiteln (dabei führt das Kapitel zu Insulin mit deutlichem Abstand) schon auf ein erhebliches Interesse hin.
Screening, Monitoring und Prävention von T1D im Fokus
Bei dem diesjährigen Programm war es nicht leicht, einen Überblick zu gewinnen, teilweise gab es Zeitslots mit sechs oder sieben Symposien parallel, dann gab es wiederum Slots mit nur einem (Industrie-)Symposium. Bei den Vorträgen gab es klare Highlights, wobei die Anzahl von wirklichen Neuigkeiten eher überschaubar war. Interessant war die Vielzahl an Präsentationen, die sich mit dem Screening, Monitoring und der Prävention von Typ-1-Diabetes beschäftigten; dazu gab es eine eigene Session.
Wie auch in den Vorjahren waren einige Redner mehrfach aktiv, d.h. diese haben sowohl bei Industrie-Symposien wie auch bei den Symposien mit eingeladenen Rednern Vorträge gehalten. Dazu zählen insbesondere die Kollegen aus den USA. Bei einem von Lori Laffel geleiteten Symposium zum Thema „Time in Range” ging es darum, dass der Diabetes-Distress anscheinend höher ist bei denjenigen Patienten, die die Zielvorgaben beim HbA1c-Wert und der Zeit im Zielbereich erreichen.
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