Erste klinische Studien zu den bispezifischen Antikörpern Cevostamab und Linvoseltamab erscheinen vielversprechend

EHA 2024 Dr. Miriam Sonnet

Im Gegensatz zu den zugelassenen Bispecifics bindet Cevostamab an FcRH5F statt BCMA und kann so Resistenzen überwinden. Im Gegensatz zu den zugelassenen Bispecifics bindet Cevostamab an FcRH5F statt BCMA und kann so Resistenzen überwinden. © huenstructurebio.com - stock.adobe.com

Erkrankten mit triple-class-exponiertem oder -refraktärem Multiplem Myelom stehen kaum effektive Optionen zur Verfügung. Zwei neue bispezifische Antikörper – Cevostamab und Linvoseltamab – befinden sich hier zurzeit in der klinischen Validierung. 

Bispezifische Antikörper sind effektive Off-the-shelf-Therapieoptionen für Patient:innen mit stark vorbehandeltem Multiplem Myelom. Die Ansprechraten mit bisherigen gegen BCMA und CD3 gerichteten Bispecifics betragen 61–63 %, konstatierte Prof. Dr. Dr. ­Suzanne ­Lentzsch, Columbia University Irving Medical Center, New York.1 Eine neue Substanz, Linvoseltamab, bindet ebenfalls an diese beiden Zielstrukturen. Die Behandlung erfordert zwei eintägige Klinik­aufenthalte und ermöglicht eine monatliche Dosierung bei Personen, die ein tiefes Ansprechen erreichen.

In der ­LINKER-MM1-Studie untersuchen Forschende den bi­spezifischen Antikörper in einer Kohorte von 117 Erkrankten mit refraktärem/rezidiviertem Multiplem Myelom (RRMM). Die Referentin präsentierte die Daten der Teilnehmenden, die in der Phase-2-Expansionskohorte die 200-mg-Dosierung zunächst wöchentlich und dann ab Woche 14 zweiwöchentlich erhalten hatten. Patient:innen, die eine VGPR oder besser erzielt hatten und mindestens 24 Wochen behandelt worden waren, konnten in ein monatliches Dosierungsregime wechseln.

Das mediane Follow-up betrug 14,3 Monate. 71 % sprachen an, davon die Hälfte mindestens komplett. Von denjenigen mit ≥ CR erreichten 93 % eine MRD-Negativität (10-5). „Die hohen Ansprechraten wurden in verschiedenen präspezifizierten Subgruppen beobachtet. Zum Beispiel Patient:innen ≥ 75 Jahre, mit hohem zytogenetischen Risiko, mit extramedullärem Multiplem Myelom oder triple-class refraktäre Personen“, berichtete Prof. ­Lentzsch. Das Ansprechen trat nach median einem Monat auf und vertiefte sich mit der Zeit. 58 Teilnehmende wechselten zum monatlichen Regime, nachdem sie eine VGPR erzielt hatten. Nach diesem Switch vertiefte sich das Ansprechen weiter.

Das mediane PFS wurde nicht erreicht, weder in der Gesamtpopulation noch bei denjenigen mit ≥ CR; die Wahrscheinlichkeit, nach zwölf Monaten noch ohne Progress zu sein, belief sich in diesen Gruppen auf 70,0 % und 96,3 %. Median lebten die Patient:innen 31,4 Monate. Das mediane OS wurde für Behandelte mit ≥ CR nicht erreicht. Die Ein-Jahres-Überlebensrate betrug 75,3 % respektive 100 %.

Die häufigsten therapiebedingten Nebenwirkungen umfassten CRS (46,2 %; Grad 3–4: 0,9 %), Neutropenie (42,7 %; 41,9 %) und Anämie (38,5 %; 30,8 %). Neun Personen erlitten ICANS. CRS traten hauptsächlich während der Step-up-Dosierung auf. Zu Infektionen kam es bei 74,4 % (35,9 % Grad 3–4).

Zurzeit läuft die Phase-3-Studie LINKER-MM3, gab Prof. ­Lentzsch als Ausblick. Darin eingeschlossen werden ebenfalls Erkrankte mit RRMM.

Studienpopulation von LINKER-MM1

Die Teilnehmenden von ­LINKER-MM1 hatten entweder während/nach mindestens drei vorangegangenen Therapielinien (inklusive eines Proteasominhibitors, einer immunmodulierenden Substanz und eines CD38-Antikörpers) einen Progress erlitten oder sie waren mindestens gegen zwei (Phase 1) bzw. drei Wirkstoffklasssen (Phase 2) refraktär. 17,9 % befanden sich im ISS-Stadium III. 16,2 % wiesen ein extramedulläres Plasmozytom auf und 39,3 % eine Hochrisiko-Zytogenetik.

In der Phase-1/2-Studie ­CAMMA 2 wird ein weiterer Bi­specific bei Patient:innen mit stark vorbehandeltem rezidiviertem/triple-class-refraktärem Multiplem Myelom geprüft: Cevostamab richtet sich allerdings gegen FcRH5F* und CD3. In einer Phase-1-Dosisfindungsstudie erwies sich die Substanz als vielversprechend aktiv, erläuterte Prof. Dr. ­Shaji ­Kumar, Mayo Clinic, Rochester.2 

Prof. ­Kumar und sein Team schlossen in Kohorte A1 21 dreifach refraktäre Personen mit RRMM ein, die zuvor gegen BCMA gerichtete ADC (n = 10) oder BCMA-CAR-T-Zellen (n = 11) erhalten hatten. Nach einer Step-up-Dosierung erfolgte die Infusion mit 160 mg Cevostamab alle drei Wochen bis zum Progress oder bis inakzeptable Toxizitäten auftraten.

Die Patient:innen hatten zuvor median 5–6 vorangegangene Therapien erhalten. 56 % wiesen eine Hochrisiko-Zytogenetik auf und ein Drittel eine extramedulläre Erkrankung.

Das Sicherheitsprofil war konsistent mit dem, was bereits zuvor für Cevostamab berichtet wurde, so Prof. Kumar. Insgesamt 71 % erlitten ein Zytokinfreisetzungssyndrom. In der Gruppe mit BCMA-ADC-Vorbehandlung traf dies auf 90 % zu, diejenigen mit vorangegangener ­BCMA-CAR-T-Therapie entwickelten zu 55 % ein CRS. Die höhere Rate bei den ADC-vorbehandelten Personen führte der Referent darauf zurück, dass diese Gruppe zu Beginn der Studie eine höhere Krankheitslast aufgewiesen hatte. Das CRS erreichte stets nur den Grad 1 oder 2 und trat hauptsächlich im ersten Zyklus auf. 

67 % der Erkrankten sprachen an; in der Kohorte mit ADC- bzw. CAR-T-Vorbehandlung waren es 60 % bzw. 73 %. Eine mindestens VGPR erzielten 38 %, 20 % und 55 % der Patient:innen. In Zukunft könnte Cevostamab damit eine Rolle in der Therapie des RRMM nach vorangegangener BCMA-gerichteter Behandlung spielen, resümierte Prof. Kumar. Zudem sei es ratsam zu prüfen, ob der Bispecific in Kombination mit anderen Substanzen bereits früher in der Therapiesequenz eingesetzt werden kann.

*Fc receptor-homolog 5

Quellen:

1.    Lentzsch S. EHA 2024; Abstract S212
2.    Kumar S. EHA 2024; Abstract S210
 

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