Ertaubung und Enzephalitis verhindern

Maria Weiß

Typisches Bild mit rotem Ausschlag und flüssigkeitsgefüllten Bläschen im Bereich eines Dermatoms.
Typisches Bild mit rotem Ausschlag und flüssigkeitsgefüllten Bläschen im Bereich eines Dermatoms. © Schwin Pikulsawad/gettyimages

 Eine Gürtelrose ist viel mehr als nur ein paar Bläschen an Rumpf oder Brustkorb. Mit der Post-Zoster-Neuralgie, einer Meningoenzephalitis und etlichen weiteren schweren Komplikationen hält das Varizella-Zoster-Virus so manche böse Überraschung bereit.

Jeder, der Windpocken hatte, kann eine Gürtelrose entwickeln. Mit dem Lebensalter und insbesondere nach dem fünfzigsten Lebensjahr steigt das Risiko für die endogene Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus merklich an. Patienten mit Tumorerkrankungen sind besonders gefährdet.

Bevor die segmental begrenzten typischen Bläschen auffallen, kün­digt sich die Erkrankung oft mit einem Prodromalsyndrom an, schreiben Prof. Dr. ­Stefan ­Isenmann und ­Norbert ­Schürmann, beide St. Josef Krankenhaus ­Moers. Dem typischen Exanthem gehen in der Regel Juckreiz, Allodynie und Schmerzen voraus. Einige Patienten zeigen zu Beginn lediglich Allgemeinsymptome wie Fieber, Kopfschmerz und Abgeschlagenheit.

Brust und Rücken am häufigsten betroffen

Am häufigsten treten die Effloreszenzen an den thorakalen Dermatomen (50 %) auf, in der Regel einseitig und oft in zwei oder drei benachbarten Segmenten zugleich. Seltener sind Affektionen im Versorgungsgebiet des Trigeminusnervs (20 %). Dabei ist am häufigsten der N. ­ophthalmicus betroffen, gefolgt vom N. ­maxilla­­ris. Manifestationen in lumbalen (13 %), zervikalen (11 %) und sakralen Dermatomen (2 %) sind deutlich seltener.

Neben der Post-Zoster-Neuralgie sind vor allem bestimmte Sonderformen der Gürtelrose gefürchtet. Beim ­Zoster ­ophthalmicus drohen schwerwiegende Komplikationen wie Erblindung, ­Zoster ­oticus kann dauerhaften Hörverlust zur Folge haben. Als ausgesprochen schwierig zu diagnostizieren gelten der Zoster ­sine ­herpete, gekennzeichnet durch schmerzhafte Radikulitis ohne Bläschen, und die zosterinduzierten Vaskulitiden. Bei immunsupprimierten Personen und Menschen mit Kachexie kann es zum ­Zoster ­generalisatus kommen, bei dem die Hautmanifestationen den gesamten Körper betreffen. Weitere Komplikationen sind aseptische Meningitis, Enzephalitis und Myelitis.

Die Diagnose ­Herpes ­zoster wird in der Regel klinisch anhand der charakteristischen Effloreszenzen gestellt. Da im Prodromalstadium oft zunächst nur Schmerzen auftreten, gilt es je nach deren Lokalisation einige Differenzialdiagnosen zu berücksichtigen: 

  • Migräne oder Hemikranie
  • Glaukom (bei Trigeminusbefall, v.a. des N. ­ophthalmicus)
  • Lumboischialgie bei lumbalem Befall
  • Herzinfarkt oder Cholezystitis bei thorakalem Befall

In Zweifelsfällen sorgt der Erregernachweis per PCR aus dem Bläscheninhalt oder Liquor für klare Verhältnisse. Die Serologie dient vor allem der Unterscheidung zwischen einem Varizellenprimärinfekt und dem endogenen Herpes-Zoster-Rezidiv. Bei Patienten unter 50 Jahren ohne bekannte Immunsuppression empfehlen die Autoren, ein Blutbild zum Ausschluss hämatologischer Neoplasien anfertigen zu lassen und einen ­HIV-Test durchzuführen. Eine weitere Tumorsuche sei nicht notwendig.

Jeder gesicherte ­Herpes ­zoster sollte systemisch antiviral behandelt werden, betonen die beiden Kollegen. Bei unkomplizierten Verläufen und einem einzelnen betroffenen Dermatom reichen orale Virostatika wie ­Aciclovir, ­Valaciclovir, ­Brivudin oder ­Famciclovir aus. Bei Risikofaktoren oder bei manifesten Komplikationen sollte man eine Therapie mit ­Aciclovir i.v. starten. Erforderlich ist das bei:

  • Immunsuppression
  • Befall der Kopf-Hals-Region
  • Schleimhautbefall
  • Beteiligung mehrerer Dermatome/Segmente 
  • Zoster generalisatus
  • ZNS-Beteiligung
  • Effloreszenzen mit hämorrhagischen und nekrotischen Anteilen oder bei Superinfektion

Bei retinaler Nekrose soll man nach der einwöchigen i.v. Therapie eine drei- bis viermonatige orale Aciclovir- oder Valaciclovir-Behandlung anschließen, um das andere Auge zu schützen. 

Bei retinaler Nekrose und Gesichtslähmung Kortison

Sinnvoll ist bei retinaler Nekrose zudem die Kombination mit topischen und/oder systemischen Kortikosteroiden. Gleiches gilt für den Fall eines Ramsay-Hunt-Syndroms mit peripherer Gesichts­lähmung. 

Eine lokale virostatische Therapie wird generell nicht empfohlen. Sie kommt allenfalls bei ­Zoster ­ophthalmicus parallel zur Systembehandlung in Betracht. 

Im Fall einer lokalen bakteriellen Superinfektion können antibiotische Externa sinnvoll sein. Auch die in der Prodromal- oder Exanthemphase auftretenden Schmerzen müssen adäquat behandelt werden. In erster Linie kommen ­Pregabalin und ­Gabapentin in Kombination mit ­NSAR oder ­Opioiden zum ­Einsatz.

Quelle: Isenmann S, Schürmann N. Schmerzmedizin 2022; 38: 42-54

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Typisches Bild mit rotem Ausschlag und flüssigkeitsgefüllten Bläschen im Bereich eines Dermatoms.
Typisches Bild mit rotem Ausschlag und flüssigkeitsgefüllten Bläschen im Bereich eines Dermatoms. © Schwin Pikulsawad/gettyimages