Erwachsen werden mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Dr. Anja Braunwarth, Foto: thinkstock

Wenn Kinder mit entzündlichen Darmerkrankungen groß werden, sollte man den Übergang in die Erwachsenenmedizin langfristig planen.

Ende der Behandlung beim pädiatrischen Gastroenterologen und Übergabe an den Magen-Darm-Spezialisten für Erwachsene - so ist der Transfer eines Jugendlichen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) definiert. Das Ziel sollte aber „Transition“ lauten, fordert Professor Dr. Klaus- Michael Keller von der Deutschen Klinik für Diagnostik, Wiesbaden, in der „Monatsschrift Kinderheilkunde“.

Schwierige Pubertät - dann kommt auch noch ein Arztwechsel

Unter Transition versteht man den langfristig gemeinsam geplanten, zielgerichteten und begleiteten Übergang eines Jugendlichen mit einer chronischen Krankheit von der pädiatrischen zur Erwachsenen-Versorgung.


So weit der Plan, aber an der Umsetzung hapert es - etwa im Vergleich zu den USA - noch gewaltig. Dafür gibt es eine Reihe von Ursachen. So erwarten Internisten eine gewisse Eigenverantwortung der Patienten, Eltern spielen kaum eine Rolle.

Überprotektive Eltern behindern die Colitis- und Crohn-Therapie

Gerade bei chronisch kranken Kindern sind die Eltern aber häufig überprotektiv und kümmern sich bis ins Jugendalter um Termine, Medikamente etc. Und während Jugendliche in Begleitung von Mutter und/oder Vater bei Pädiatern ein gewohntes Bild darstellen, wirkt der Familienauflauf beim Gastroenterologen eher peinlich. Autonomie- und Abhängigkeitskonflikte Heranwachsender stören oft die Therapieadhärenz.


Dazu kommen Besonderheiten der CED im Kindes- und Jugendalter. Bis zu 80 % der jungen Patienten leiden an Störungen von Wachstum und Pubertät. Bei der Colitis ulcerosa dominieren schwere Verläufe im gesamten Kolon.

Kolonbefall häufig bei jüngeren Kindern


Je jünger die Kinder, umso häufiger befällt ein Crohn das Kolon, die Ileitis terminalis ist eher für Jugendliche typisch. Wegen der Schwere der Entzündungen und der möglichen Folgen einer Steroidbehandlung werden bei Crohn und Colitis frühzeitig Immunsuppressiva verwendet. Und bei Minderwuchs und Untergewicht setzen pädiatrische Gastroenterologen vermehrt die enterale Ernährungstherapie ein.


„Die von uns eingeleiteten Therapien werden vielfach gar nicht ernst genommen“, berichtet Prof. Keller im Gespräch mit Medical Tribune. „Da wird dann erst mal alles abgesetzt und direkt gespiegelt“, erzählt der Kollege von seinen Erfahrungen. Oder Jugendliche, die schon einige Komplikationen hinter sich gebracht haben und derzeit stabil eingestellt sind, werden wieder weggeschickt und sollen wiederkommen, wenn die nächsten Komplikationen auftreten. Kaum verwunderlich, wird doch die Betreuung von CED-Patienten in der Praxis nicht gerade üppig honoriert, so Prof. Keller.

Mit 14 Jahren schon allein zum Kinderarzt

Nach Erfahrung des Pädiaters gelingt die Transition am besten, wenn sie frühzeitig vom Kinderarzt vorbereitet wird. Bei normalem Pubertätsverlauf fangen er und sein Team etwa ab dem 14. Lebensjahr an, die Jugendlichen zunehmend zur Eigenverantwortung zu erziehen. Das bedeutet, sie kommen alleine in die Sprechstunden, werden über die Therapien genau aufgeklärt und lernen, alleine Entscheidungen zu treffen und sich um ihre Medikamente zu kümmern.


Pädiater sollten auch bei der Suche nach einem geeigneten Erwachsenenmediziner behilflich sein. Idealerweise finden vor der endgültigen „Übergabe“ zwei oder drei gemeinsame Besprechungstermine mit dem weiterbehandelnden Gastroenterologen statt, evtl. dann noch in Begleitung der Eltern. Hilfreich können Checklisten sein, in denen die Aufgaben vonseiten des Patienten und des medizinischen Teams je nach Altersgruppe festgehalten sind.

Von großer Bedeutung ist nach Aussagen von Prof. Keller auch die ausführliche schriftliche Dokumentation der Krankengeschichte (s. Kasten). Er führt in einigen Fällen beim Crohn vor der Transition selbst noch eine Spiegelung durch, damit die Patienten dies nicht so schnell beim neuen Arzt erleben müssen.

Selbsthilfegruppen mit einbinden

Bei der Colitis liegen die Dinge etwas anders, da hier wegen der Karzinomprophylaxe ohnehin häufigere Koloskopien erforderlich sind. Der Kinderarzt rät darüber hinaus zur Einbindung der Deutschen Crohn/Colitis-Vereinigung. Diese Selbsthilfegruppe bietet nicht nur Beistand bei medizinischen Problemen, sondern auch in Fragen des Sozialrechts und unterstützt die Versorgungsforschung.

Idealerweise sollte die Transition mit dem 18. Lebensjahr abgeschlossen sein, je nach Reifezustand des Jugendlichen mag der Zeitpunkt aber von Fall zu Fall früher oder später günstiger sein. Am besten wäre es, wenn die Fachgesellschaften künftig mit den Krankenkassen klare Transitionsprogramme entwickelten, die in Kliniken eingeführt werden, so der Wunsch von Prof. Keller.      

Quelle: Klaus-Michael Keller, Monatsschr Kinderheilkd 2010; 158: 738–744



Dokumentation für den Wechsel

  • Datum der Diagnose
  • Schwere und Ausdehnung der Erkrankung
  • Komplikationen und/oder Operationen
  • Bisherige Medikation mit Dosis und Zeitraum (besonders bei Azathioprin, Prednisolon, Methotrexat, Infliximab)
  • mögliche Nebenwirkungen der Medikamente
  • Ernährungstherapie
  • Komorbiditäten oder wichtige psychosoziale Belastungen
  • Ausbildungsstand
  • Krankenkasse
  • evtl. Schwerbehindertenausweis

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).