
Expertinnen diskutieren drei Diskrepanzen

Was es bei der Therapie von Basalzellkarzinom sowie für aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom zu beachten gilt, wurde in den jeweiligen S2k- und S3-Leitlinien 2018 und 2022 zusammengefasst. Doch so viel Mühe sich die Experten von Deutscher Dermatologischer Gesellschaft und Deutscher Krebsgesellschaft gegeben haben, oft scheitert die Theorie in der Praxis. Prof. Dr. Ulrike Leiter-Stöppke vom Universitätsklinikum Tübingen und Prof. Dr. Margit Huber vom Haut-Zentrum Landshut sprachen über die Abweichungen.
Basaliome immer operieren?
Der Goldstandard bei operablen Basaliomen ist für das Expertengremium die Exzision, so Prof. Leiter-Stöppke, die beide Leitlinien vorstellte. Auch bei Basalzellkarzinom mit niedrigem Rezidivrisiko (Tumordicke ≤ 2 mm) lautet die Empfehlung: schnittrandkontrollierte Exzision oder Exzision mit Sicherheitsabstand.
Die Praxis sieht aber anders aus. Superfizielle Basalzellkarzinome werden häufig mit lokal destruierenden Verfahren wie der Kryochirurgie behandelt. Dazu gibt es neue Daten, erklärte Prof. Huber: In einer monozentrischen, prospektiven Studie lieferten sowohl Kürettage als auch Kryochirurgie gute Ergebnisse hinsichtlich nachhaltiger und kosmetischer Entfernung und der Patientenzufriedenheit.1 Prof Leiter-Stöppke merkte dazu einschränkend an: „Ich finde es schade, dass es so wenige Studien gibt, die operative Verfahren untersuchen. [...] Es wäre sinnvoll, wenn man solche Verfahren nebeneinanderstellen und evaluieren könnte.“
Sind Lokaltherapien für die aktinischen Keratosen am effektivsten?
Bei aktinischen Keratosen (AK) sollte eine primäre oder sequenzielle Therapie durchgeführt werden. Für einzelne oder multiple AK sowie bei Feldkanzerisierungen gibt es in der Leitlinie eine starke Empfehlung für die photodynamische Therapie (PDT) mit Rotlicht oder Tageslicht in Kombination mit 5-Aminolävulinsäure (ALA-PDT) oder dem Methylester (MAL-PDT). Ebenfalls in der aktuellen Leitlinie von 2022 befinden sich „sollte“-Empfehlungen zur Therapie mit 5-Fluorouracil oder Tirbanibulin.
Lokale AK-Therapien zeigen eine hohe Effektivität in klinischen Studien, erklärte Prof. Huber, allerdings sieht man im Versorgungsalltag häufig eine unbefriedigende bzw. schlechte Wirksamkeit. Grund ist die mangelhafte Therapieadhärenz, wie eine Querschnittsstudie mit 113 AK-Patienten ergab.2 Fast die Hälfte der Teilnehmer hatte die Lokaltherapie nicht korrekt durchgeführt. Die Non-Compliance-Patienten waren zudem signifikant weniger informiert über die Applikationszeit und -häufigkeit. „Wir alle sind unter Zeitdruck in der Praxis und in der Klinik – völlig klar –, aber eine suffiziente Aufklärung ist ein wichtiger Punkt“, so Prof. Huber. Denn mit der Aufklärung steige automatisch auch die Therapieadhärenz.
Obwohl die PDT einen hohen Stellenwert in der Leitlinie hat, ist sie zudem meist keine Kassenleistung (Ausnahme BKK je nach Berufsgruppe). Vor allem gesetzlich versicherte Patienten erwarten von einer leitliniengerechten Behandlung, dass die Kosten auch von ihrer Krankenkasse getragen werden, erklärte Prof. Huber. So gebe es eine Diskrepanz zwischen den Patientenerwartungen, leitliniengerechter Therapie und Kostenübernahme. Das sollte in die Behandlungsgespräche mit einbezogen werden, rät die Dermatologin.
Sonografie und Follow-up – was kommt nach der Therapie des Plattenepithelkarzinoms?
Laut Leitlinien sollte die Nachsorge in risikoadaptierten Intervallen erfolgen. Diese Empfehlungen schließen auch Patienten mit einem niedrigen Rezidivrisiko (Tumordicke ≤ 2 mm ohne weitere Risikofaktoren) ein, um sekundäre Hauttumoren frühzeitig zu erkennen. Der Einsatz der Lymphknotensonografie wird zwar diskutiert, doch die Datenlage ist gut, so Prof. Leiter-Stöppke. Daher lauten die Leitlinienempfehlungen: Bei Patienten mit hohem Metastasierungsrisiko bzw. bei unklarem Palpationsbefund sowie bei Z.n. lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Plattenepithelkarzinom sollte eine Sonografie erfolgen.
Problematisch ist allerdings die Kostendeckung. Rezidive, Metastasen, Zweittumoren und sekundäre Erkrankungen frühzeitig erkennen, den Bedarf für psychologische, körperliche oder soziale Unterstützung bewerten und über protektive Maßnahmen aufklären – die Liste an Aufgaben für die Nachsorge ist lang und die Vergütung schlecht, kritisierte Prof. Huber. Auch der Sonografiezugang stellt ein Hindernis dar. Zu wenige Praxen seien dafür noch ausgerüstet. Für Patienten sei es daher schwierig, den Empfehlungen zu folgen. Die Situation bei Kosten und Verfügbarkeit der Sonografie werde sich vor allem zukünftig weiter verschärfen, wenn die Inzidenzraten weiter steigen, so das Fazit von Prof. Huber.
Quellen:
1. Backman E et al. JEADV 2022; 36: 1758-1765; DOI: 10.1111/jdv.18209
2. Koch E et al. J Clin Med 2023; 12: 3813; DOI: 10.3390/jcm12113813
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).