Exzessive Tagesschläfrigkeit im Schlaflabor abklären lassen

Dr. Angelika Bischoff

Exzessive Tagesschläfrigkeit gilt als Ursache für etwa jeden fünften Verkehrsunfall. (Agenturfoto) Exzessive Tagesschläfrigkeit gilt als Ursache für etwa jeden fünften Verkehrsunfall. (Agenturfoto) © motortion – stock.adobe.com

Verspürt Ihr Patient den unwiderstehlichen Drang, tagsüber einzuschlafen, obwohl er wach bleiben wollte? Mehr als 10 Punkte auf der Epworth Sleepiness Scale sprechen für eine exzessive Tagesschläfrigkeit, die von einer Fatigue differenziert werden muss.

Bis zu ein Fünftel der Bevölkerung hat das Problem einer ausgeprägten Schläfrigkeit an mindestens drei Tagen der Woche. Diese Menschen kommen nicht dagegen an, zu gewöhnlichen Wachzeiten ungewollt einzuschlafen. Passiert dies an mehr als vier Tagen der Woche und hält dieser Zustand über drei Monate an, spricht man von einer exzessiven Tagesschläfrigkeit.

Diese muss klar von der Fatigue abgegrenzt werden, schreiben Dr. James Brown und Dr. Himender K. Makker aus London. Fatigue-Patienten geben an, ständig müde und energielos zu sein und permanent das Bedürfnis zum Ausruhen zu haben. Sie schlafen in der Regel aber nicht ungewollt ein. Häufige Ursachen für Fatigue sind Depression und Anämie.

Nach Lebensstil, Arzneien und sozialen Einflüssen fragen

Die exzessive Tagesschläfrigkeit beeinträchtigt nicht nur die Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit der Betroffenen, sie kann ihnen und anderen auch gefährlich werden. Man schätzt, dass etwa ein Fünftel aller Verkehrsunfälle auf diese Störung zurückzuführen sind.

Als einfaches Instrument, um die Störung zu erkennen und zu quantifizieren, bietet sich für die Praxis der Epworth-Test (Epworth Sleepiness ­Scale) an. Er beschreibt acht Situationen, für die der Patient seine Neigung einzuschlafen mit einem Punktwert von 0 bis 3 quantifizieren muss.

Mit der standardisierten Epworth Sleepiness Scale lässt sich das Ausmaß der Tagesschläfrigkeit einschätzen. Ein Punktwert > 10 deutet auf exzessive Tagesschläfrigkeit, ein Wert > 17 spricht für eine schwere Form der exzessiven Tagesschläfrigkeit.

Gelegentlich während des Tages wegzudösen, z.B. nach einer ausgedehnten Mahlzeit oder am frühen Nachmittag, ist nichts Ungewöhnliches. Krankhaft ist es jedoch, tagsüber in Situationen, die wie das Führen von Maschinen oder das Lenken eines Autos die volle Aufmerksamkeit fordern, einzunicken. Eine kurze Schlafanamnese hilft, soziale Einflüsse oder Lebensstilfaktoren auszuschließen, die die exzessive Tagesschläfrigkeit verursachen könnten. Fragen Sie den Patienten, wann er ins Bett geht und wie lange es dauert, bis er einschläft. Klären Sie, ob es etwas gibt, das seinen Schlaf stört, wann er aufwacht und ob er sich nach der Nacht erholt fühlt. Auch nach Medikamenten, die schläfrig machen wie z.B. Antidepressiva, Antihistaminika oder Antiemetika, ist zu forschen.

Oft liegen Schlafapnoe oder periodische Bewegungen vor

Scheiden solche einfachen Erklärungen aus, sollten Patienten im Schlaflabor untersucht werden, um die Ursache zu identifizieren und adäquat zu behandeln. Besonders dringlich ist dies bei Menschen, die am Steuer oder bei der Bedienung von Maschinen einschlafen, die in Berufen mit besonderem Risiko arbeiten – Piloten, Busfahrer, LKW-Fahrer –, oder bei Menschen, die unter chronischen pulmonalen oder kardialen Erkrankungen leiden. Am häufigsten liegen einer exzessiven Tagesschläfrigkeit Insomnie, ob­struktive Schlafapnoe, periodische Bewegungen der Extremitäten im Schlaf und Narkolepsie zugrunde:
  • Einer Insomnie kann man oft mit Schlafhygiene und Verhaltenstherapie beikommen.
  • Die obstruktive Schlafapnoe lässt sich mittels CPAP-Beatmung am effektivsten behandeln. Auch eine Gewichtsreduktion hilft den häufig adipösen Patienten, die Schlafapnoe zu lindern.
  • Periodische Bewegungen der Extremitäten während des Schlafs werden durch verstärktes körperliches Training reduziert sowie durch Verzicht auf Koffein und Medikamente wie Dopamin­agonisten, Gabapentin oder Pregabalin.
  • Die Narkolepsie ist eine neurologische Störung, hervorgerufen durch einen Mangel an Hypocretin-1 und -2. Um die Wachheit zu fördern, wird häufig Modafinil eingesetzt.

Quelle: Brown J, Makker HK. BMJ 2020; 368: m1047; DOI: 10.1136/bmj.m1047

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Exzessive Tagesschläfrigkeit gilt als Ursache für etwa jeden fünften Verkehrsunfall. (Agenturfoto) Exzessive Tagesschläfrigkeit gilt als Ursache für etwa jeden fünften Verkehrsunfall. (Agenturfoto) © motortion – stock.adobe.com