Falsch gefaltet

ESC 2024 Dr. Anja Braunwarth

Die Diagnosen ließen sich durch eine Biopsie aus dem Bauchfett sichern. Die Diagnosen ließen sich durch eine Biopsie aus dem Bauchfett sichern. © lexiconimages – stock.adobe.com

Ob hereditäre oder erworbene Formen: Amyloidosen gehen häufig mit einer kardialen Beteiligung einher. Diese kann rasch lebensbedrohlich werden, weshalb man dem Verdacht auf eine Proteinfaltungskrankheit frühzeitig nachgehen sollte.

Fall 1

Eine 70-jährige Patientin litt seit einem Jahr an einer allmählich fortschreitenden Parästhesie im Fuß. Die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) ergab einen Schaden der peripheren Nerven, vorwiegend der sensorischen Anteile. Therapien mit Vitamin B12, Dexamethason und Gabapentin brachten keinen Erfolg. In der NLG-Kontrolle zeigte sich eine funktionelle Verschlechterung der tiefen sensorischen Leitungswege sowohl in den unteren als auch in den oberen Extremitäten.

Im Labor waren NT-proBNP und kardiales Troponin erhöht, das transösophageale Echo ließ eine leichte linksventrikuläre Hypertrophie bei normaler Ejektionsfraktion erkennen. Kardiale Beschwerden bestanden nicht. Die Herz-MRT brachte ein verdicktes Myokard, ein transmurales Late Gadolinium Enhancement (LGE) sowie eine diastolische Dysfunktion ans Licht.

Die Frau erklärte, ihr Bruder habe vor seinem Tod mit 65 Jahren ähnliche Parästhesien gehabt, außerdem ein Nierenversagen. Bei ihr wurde nun eine Biopsie aus dem Bauchfett durchgeführt. Diese bestätigte den Verdacht auf eine Amyloidose, laut genetischer Testung lag eine hereditäre Transthyretin(ATTR)-Amyloidose vor. Die Frau wurde auf Tafamidis eingestellt.

Bei der ATTR-Amyloidose handelt es sich um eine Multisystemerkrankung mit variablem Symptommuster, erklärte Linyuan Zie von der Zhejiang University School of Medicine in Hangzhou, die den Fall vorgestellt hatte. Die Kollegin hob die Relevanz der Echokardiografie hervor: Eine linksventrikuläre Wandverdickung auf mindestens 12 mm ohne Dilatation der Kammer gilt als wesentliches Merkmal kardialer Amyloidosen. Für einen hinreichenden Verdacht muss laut den ESC-Leitlinien zum Management von Kardiomyopathien noch mindestens ein weiteres Kriterium erfüllt sein, z.B. Proteinurie, Hypo-/Normotonie nach vorbestehender Hypertonie oder bilaterales Karpaltunnelsyndrom.

Fall 2

Eine 48-jährige Patientin klagte über Belastungsdyspnoe und Palpitationen. Seit acht Monaten hatte sie außerdem Fatigue, Heiserkeit sowie Parästhesien und innerhalb dieser Zeit 10 kg an Gewicht verloren. Ein CT vor drei Monaten hatte eine Hepatomegalie gezeigt, berichtete Dr. Konstaninos Gkarmiris von der Universität Uppsala.

In der körperlichen Untersuchung fanden sich zweitgradige Ödeme an den Extremitäten, die Atemgeräusche waren beidseits abgeschwächt. Im EKG sah man eine diffuse AV-Überleitungsstörung – ebenfalls ein Amyloidosekriterium der ESC. Weitere kamen hinzu: autonome Dysfunktion, Proteinurie und Niedervoltage im EKG. Außerdem wurde eine pathologische Kappa-/Lambda-Ratio in Blut und Urin festgestellt.

Die Diagnose einer Amyloidose ließ sich abermals durch eine Biopsie aus dem abdominalen Fett sichern, in diesem Fall bestand eine Leichtketten(AL)-Amyloidose. Mit einem Spiegel an freien Leichtketten von 12,8 mg/dl, einem NTproBNP von 8.300 ng/l und einem Troponin von 173 ng/l fiel die Frau in das Stadium MAYO IIIA, in dem das mediane Fünf-Jahres-Überleben bei 28 % liegt.

Es wurde eine Therapie mit Daratumumab, Bortezomib, Cyclophosphamid und Dexamethason eingeleitet. Darunter kam es zu einer sehr guten partiellen hämatologischen Remission. Klinisch blieb die Patientin zunächst stabil. Doch nur 2,5 Wochen später erlitt sie in der Klinik einen Herz-Kreislauf-Stillstand und konnte nicht wiederbelebt werden. 

Das unterstreicht, wie wichtig es ist, mögliche Red Flags wahr- und auch unspezifische Symptome ernst zu nehmen – schon durch den Hausarzt, betonte Dr. Gkarmiris. Eine kardiale Amyloidose hat unbehandelt generell eine ungünstige Prognose, die AL-Amyloidose eine besonders schlechte. Sie führt zu einer rascheren Progression einer Herzinsuffizienz, die Behandlung in einem spezialisierten Zentrum ist unerlässlich.

Quelle: Kongressbericht, ESC* Congress 2024

* European Society of Cardiology

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Die Diagnosen ließen sich durch eine Biopsie aus dem Bauchfett sichern. Die Diagnosen ließen sich durch eine Biopsie aus dem Bauchfett sichern. © lexiconimages – stock.adobe.com