Fast Food verursachte lebensgefährlichen Leberabszess

Kathrin Strobel

Paniert und frittiert – so mögen die meisten Hühnerflügel am liebsten. Manche verzehren sie sogar inklusive Knochen. Paniert und frittiert – so mögen die meisten Hühnerflügel am liebsten. Manche verzehren sie sogar inklusive Knochen. © abinkung – stock.adobe.com

Beschwerden aufgrund von pyogenen Leberabszessen sind oft unspezifisch, die möglichen Auslöser vielfältig. Wie Dia­gnose und Therapie dennoch gelingen können, erklären Schweizer Kollegen anhand eines ungewöhnlichen Falls.

Ein 43-jähriger adipöser Patient stellte sich mit seit drei Tagen bestehenden Fieberschüben, Schüttelfrost, unblutigem Erbrechen, wässrigen Durchfällen, beidseitigen Kopfschmerzen und unproduktivem Husten in der Notaufnahme vor. Die Anamnese ergab keinen Hinweis auf die Ursache für seine Beschwerden.

Der Patient befand sich in reduziertem Allgemeinzustand. Er hatte 40,4° C Fieber, seine Herzfrequenz war erhöht (117/min). Abgesehen davon war die Klinik unauffällig. Das Labor zeigte eine deutliche Erhöhung von CRP und Procalcitonin, es bestand eine leichte Leukozytose. Leber- und Nierenwerte lagen im Normbereich, der INR-Wert war leicht erhöht. An den unauffälligen Röntgen-Thorax schloss sich eine CT des Abdomens an. Dort offenbarte sich eine inhomogen-hypodense rundliche, zentral liquide Raumforderung im Lebersegment IVb subkapsulär. Für Dr. Thomas­ Gaisl­ und seine Kollegen vom UniversitätsSpital Zürich ergaben sich hieraus drei mögliche Differenzialdiagnosen:

  • Abszess
  • zentral nekrotisierender Tumor
  • Metastase

Der Verdacht auf einen Abszess erhärtete sich durch den Nachweis von Streptococcus anginosus im Blut. Streptokokken der Milleri-Gruppe sind typisch für abdominelle Abs­zesse, erklären die Autoren. Finden sich diese in den Blutkulturen, sollte daher aktiv nach viszeralen Abszessen gesucht werden.

Die anfänglich kalkulierte Therapie mit Ceftriaxon ergänzten die Schweizer Kollegen nun mit Metronidazol. Sie punktierten und drainierten den Abszess und fanden erneut Streptococcus anginosus sowie Parvimonas micra. In der Verlaufs-CT vier Tage später fiel neben dem Abszess ein etwa 4 cm langer und 0,2 cm breiter hyperdenser Fremdkörper auf. Bevor die Kollegen weitere Maßnahmen einleiten konnten, musste der Patient wegen eines septischen Schocks auf die Intensiv­station verlegt werden.

Häufigste Ursachen sind biliäre Obstruktion und Cholangitis

Erst als sich sein Zustand nach zweiwöchiger Antibiotikatherapie und erneuter Abszessdrainage stabilisiert hatte, konnten die Ärzte den Fremdkörper laparoskopisch entfernen. In der Zwischenzeit hatte ein Gespräch mit der Ehefrau den entscheidenden Hinweis zur Herkunft des Fremdkörpers geliefert: Ihr Mann sei ein Fan von Chicken Wings, die Knochen zerbeiße er beim Verzehr häufig. Nach Entfernung des Knochens besserte sich der Zustand des Patienten rasch. 27 Tage nach der Erstvorstellung konnte der Patient das Krankenhaus verlassen. Zu Hause nahm er noch drei Wochen lang Clindamycin ein. Folgebeschwerden traten im Verlauf der einjährigen Nachbeob­achtung nicht auf.

Das Eindringen von Fremdkörpern in die Leber ist eine eher ungewöhnliche Ursache für einen pyogenen Abszess, betonen die Autoren. Am häufigsten sind Cholangitis oder biliäre Obstruktion dafür verantwortlich, aber auch kryptogene Verläufe sind möglich. Manche Abszesse werden durch hämatogene Streuungen oder durch eine Cholezystitis verursacht. Nur sehr selten ist der Auslöser traumatisch – wie im beschriebenen Fall.

Therapie mit Antibiotika und Abszessdrainage

Unabhängig von der Pathogenese sind die Symptome eines pyogenen Leberabszesses in der Regel unspezifisch und systemisch. Hierdurch lässt er sich gut von der extraintes­tinalen Amöbiasis unterscheiden, die sich meist durch eine intensivere Lokalsymptomatik und abdominelle Schmerzen äußert. Behandelt wird mit einer Abs­zessdrainage und Antibiotika (s. Kasten).

Kalkulierte Antibiotika­therapie

Erste Wahl:
  • Amoxicillin/Clavulansäure 3 x 2,2 g/24 h i.v. + Metronidazol 3 x 500 mg/24 h i.v. oder p.o.
oder:
  • Ceftriaxon 2 g/24 h i.v. + Metronidazol 3 x 500 mg/24 h i.v. oder p.o.
Bei Vorliegen einer Penicillinallergie empfiehlt es sich, je nach Schweregrad, ggf. einen Allergologen hinzuzuziehen.

Bei der Wahl der initialen Therapie sind die lokale Resis­tenzsituation, die vermutete Pathogenese und das zu erwartende Keimspektrum zu bedenken. Für die langfristige zielgerichtete Antibiotikatherapie sollte der Rat eines Infektiologen hinzugezogen werden, raten die Autoren. 

Quelle: Gaisl T et al. Swiss Med Forum 2019; 19: 168-170

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Paniert und frittiert – so mögen die meisten Hühnerflügel am liebsten. Manche verzehren sie sogar inklusive Knochen. Paniert und frittiert – so mögen die meisten Hühnerflügel am liebsten. Manche verzehren sie sogar inklusive Knochen. © abinkung – stock.adobe.com