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Frischer Wind für die Herzmedikation

Verschiedene Stadien atherosklerotischer Erkrankungen sind mit diversen inflammatorischen Mustern assoziiert, erklärte Prof. Dr. Bruna Gigante vom Karolinska Institutet in Stockholm. Und so wird seit Längerem geprüft, ob antientzündliche Therapien vor kardiovaskulären Ereignissen schützen können.
Mit dem gegen Interleukin(IL)-1β gerichteten Antikörper Canakinumab ließ sich bei Patienten mit einem Myokardinfarkt in der Anamnese das Risiko für kardiovaskulären Tod, Schlaganfall oder weiteren Herzinfarkt signifikant senken. Der IL-6-Hemmer Ziltivekimab konnte in einer Studie mit kardiovaskulären Hochrisikopatienten das hochsensitive CRP maßgeblich mindern.
Colchicin reduzierte bei KHK das Ereignisrisiko
Der Interleukin-1-Rezeptorantagonist Anakinra schaffte das bei Patienten mit Herzinsuffizienz und steigerte außerdem das Leistungsvermögen. Nach frischem Infarkt gegeben, reduzierte er die Gefahr für eine Herzinsuffizienz. Abseits der Biologika ließ sich mit Colchicin bei KHK eine sehr gute Reduktion des Risikos für Ereignisse erzielen. Als neuen Angriffspunkt identifiziert hat man das NLRP3-Inflammasom. Dieser durch inflammatorische Signale aktivierte Proteinkomplex setzt die Zytokinsekretion und -reifung in Gang. Mehrere Substanzen zu seiner Hemmung wurden entwickelt und befinden sich in der präklinischen Erprobung.
Für alle genannten Therapieansätze gilt, dass sie weiter untersucht werden müssen, betonte Prof. Gigante. Denn welchem Patienten man zu welchem Zeitpunkt mit welcher Dosis die besten Vorteile verschaffen könne, wisse man bislang nicht.
Polypille ist laut WHO ein essenzielles Medikament
Mit dem Konzept der Polypille in der Sekundärprävention nach Herzinfarkt und Schlaganfall will man vor allem die Adhärenz verbessern, sagte Dr. Valentin Fuster vom Mount Sinai Health System in New York. Geboren wurde die Idee einer Polypille bereits 2007. In einigen Studien wurde seither bestätigt, dass die Kombination aus ASS, Atorvastatin und Ramipril die Adhärenz erheblich bessert und die Rate kardiovaskulärer Ereignisse deutlich mindert. Zudem hat sie sich als kosteneffektiv erwiesen. In diesem Jahr wurde sie von der WHO in die Liste essenzieller Medikamente aufgenommen und hat in den Leitlinien eine Klasse-2a-Empfehlung nach Myokardinfarkt erhalten.
Prof. Dr. Iacopo Olivotto vom Careggi University Hospital in Florenz stellte die Myosininhibitoren für die hypertrophe Kardiomyopathie (HMC) vor. Das im Juni 2023 in der EU zugelassene Mavacamten hemmt selektiv die kardiale Myosin-ATPase und verhindert auf diese Weise die Quervernetzung von Actin- und Myosinfilamenten (siehe auch S. 19). Damit wird die zu starke und schnelle Kontraktion des Herzens ausgebremst, außerdem bessert sich der Energiehaushalt.
Die Substanz wurde in der Studie EXPLORER-HCM bei 251 Patienten im Stadium NYHA II bis III mit einem Gradienten im linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT) ≥ 50 mmHg über 30 Wochen getestet. Unter dem Verum kam es zu einem signifikant größeren Abfall des LVOT als unter Placebo (73,4 vs. 38,1 mmHg). Die linksventrikuläre Ejektionsfraktion fiel mit Mavacamten im Vergleich nur geringfügig stärker ab. Ein wichtiger Punkt, denn „wir wollten natürlich kein Medikament, das die Patienten in die systolische Herzinsuffizienz führt.“
Ein zweiter Vertreter der Myosininhibitoren steht bereits in den Startlöchern: Aficamten. Er bindet an einer anderen Stelle an das Myosin und hat gegenüber Mavacamten einige Vorteile, zum Beispiel einen schnelleren Wirkungseintritt und eine raschere Reversibilität nach dem Absetzen. Die bisherigen Studienergebnisse fielen ähnlich gut aus wie die für Mavacamten. Die Resultate einer laufenden Phase-3-Studie werden für nächstes Jahr erwartet.
Quelle: ESC Congress 2023
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