Für die Notalgia paraesthetica gibt es kein Allheilmittel

Dr. Angelika Bischoff

Therapeutisch müssen meist mehrere Wege beschritten werden, ein Mittel der Wahl existiert nicht. (Agenturfoto) Therapeutisch müssen meist mehrere Wege beschritten werden, ein Mittel der Wahl existiert nicht. (Agenturfoto) © iStock/Rawpixel

Die Notalgia paraesthetica verläuft meist chronisch-rezidivierend oder chronisch. Ihre Behandlung ist schwierig – aber nicht unmöglich.

Über durchschnittlich zwei bis drei Jahre plagt die Notalgia par­aesthetica vor allem Frauen und Menschen mit höherem BMI. Die periphere sensorische Neuropathie tritt meist unilateral im Bereich Th2–Th6 auf, typische Kennzeichen sind Juckreiz, Brennen, Kribbeln, Schmerzen und Hyper- oder Hyp­ästhesie in einem umschriebenen Hautareal über dem mediokaudalen Bereich des Schulterblatts.

Bei einer 42-jährigen Patientin war ein handtellergroßes Areal am rechten Schulterblatt betroffen. Juckreiz, Kribbeln und Brennen plagten sie vor allem abends, manchmal sehr ausgeprägt, an manchen Abenden aber hatte sie auch Ruhe. Die neurologische Untersuchung ergab eine Hypästhesie auf Nadelstiche und leichte Berührungen mit dem Pinsel, schreibt Professor Dr. Ingrid Moll, DermatoMed Hamburg­.

Was könnte es sonst sein?

Die erste Differenzialdiagnose, an die man denken muss, ist ein akuter Morphea-Herd. Er unterscheidet sich in mehreren Punkten: deutlicher lilafarbener Ring, zentrale Sklerose, Auftreten auch an anderen Stellen, eindeutiges histologisches Bild. Auch ein Lichen simplex chronicus lässt sich histologisch klar unterscheiden. Ein fixes Arzneimittelexanthem weist häufig zentrale Blasen oder eine livide Verfärbung auf.

Ein Drittel der Patienten hat im betroffenen Bereich Hauterscheinungen, z.B. Lichenifikationen oder Pigmentveränderungen, so auch im vorliegenden Fall (s. Abb.) Man nimmt an, dass das Krankheitsbild auf Irritationen der Rami dorsales der Spinalnerven Th2–Th6 beruht, vermutlich aufgrund einer Kompression. Degenerative Veränderungen der Brustwirbelkörper oder Bandscheiben, Traumata oder Skoliosen könnten dabei eine Rolle spielen. Auch neurotoxische Substanzen stehen im Verdacht. Im beschriebenen Fallbericht ergab die Anamnese einen Treppensturz mit multiplen Prellungen vor einigen Jahren. Die Histologie ergibt uneinheitliche Befunde, recht konstant finden sich aber disseminierte nekrotische Keratinozyten, die die Epidermis in Richtung Oberfläche durchwandern. Therapeutisch müssen meist mehrere Wege beschritten werden, ein Mittel der Wahl existiert nicht. Rezidive sind allerdings häufig. Eine sofortige Besserung lässt sich oft durch orthopädische Maßnahmen erreichen. Ein Training der Rückenmuskulatur durch Elektrostimulation kann ebenfalls helfen. Die lokale Applikation von Capsaicin bringt etwa 70 % der Patienten Linderung, auch Tacrolimus-Salbe wirkt häufig. Juckreizstillende Medikamente wie Polidocanol verschaffen kurzfris­tige Linderung und sollten additiv verwendet werden. Weiter kommen UVB-Bestrahlung, Botulinum­toxin und – off label – systemische schmerzmodulierende und anti­depressive Medikamente in Betracht. In jedem Fall muss man aber mit Rezidiven rechnen.

Weniger Beschwerden nach topischer Therapie

Der 42-jährigen Patientin half eine topische Therapie mit dem Cannabinoidrezeptor-Agonisten N-Palmitoylethanolamin (zwei- bis dreimal täglich). Die Beschwerden besserten sich innerhalb von drei Wochen. Die Behandlung führte die Frau dann in geringerer Häufigkeit weiter und sie kam mit den gelegentlichen Restbeschwerden gut zurecht.

Quelle: Moll I. „Notalgia ­paraesthetica – Ein Review mit Fallbeispiel“; Akt Dermatol 2020; 46: 269-271

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Therapeutisch müssen meist mehrere Wege beschritten werden, ein Mittel der Wahl existiert nicht. (Agenturfoto) Therapeutisch müssen meist mehrere Wege beschritten werden, ein Mittel der Wahl existiert nicht. (Agenturfoto) © iStock/Rawpixel