Unspezifische Symptome erschweren die Diagnose der Small-Fiber-Polyneuropathie
Charakteristisch für die Small-Fiber-Polyneuropathie, kurz SFN, sind Schäden an den nicht-myelinisierten sensorischen C-Fasern, an dünn ummantelten A-delta-Fasern sowie an autonomen und trophischen Fasern, schreiben Dr. Anne Louise Oaklander von der Harvard Medical School in Boston und Dr. Maria Nolano, Universität Neapel. Einige Experten schätzen, dass weltweit mehr als zehn Millionen Menschen von einer SFN betroffen sind, die Diagnose aber nur bei jedem zehnten Patienten überhaupt gestellt wird.
Small Fibers erfüllen diverse somatosensorische, motorische und autonome, aber auch parakrine und trophische Funktionen. Das erklärt, weshalb sich die SFN durch unterschiedliche Beschwerden bemerkbar machen kann, so die Autoren.
Typischerweise klagen Betroffene über brennende Schmerzen in den distalen Extremitäten, vor allem an Beinen und Füßen. Hinzu kommen sensorische Defizite. Viele Patienten berichten aber auch von unspezifischen Beschwerden, wie gastrointestinalen Problemen, Schwitzen, neuropathischen Juckreiz oder Fatigue.
Nachweis gelingt nur über Hautbiopsie
In den meisten Fällen verteilen sich die Symptome symmetrisch bzw. „strumpf- und handschuhförmig“ an den distalen Extremitäten. Die neuropathische Mikrovaskulopathie führt zur klassischen Rötung der betroffenen Haut mit Ödemen (Erythromelalgie). Bei etwa einem Viertel der Patienten findet man hingegen eher ein „fleckiges“ bzw. proximales Verteilungsmuster, das auch als nicht-längenabhängige SFN bezeichnet wird.
SFN mit ganz verschiedenen Symptombildern
Ursachensuche ist häufig erfolgreich
Bei Patienten mit initial als idiopathisch eingestufter SFN (iiSFN) lohnt es, zunächst nach Faktoren zu suchen, die eine Small-Fiber-Polyneuropathie begünstigen können. Dabei helfen eine genaue Eigen- und Familienanamnese sowie frühere Testergebnisse. Besteht ein entsprechender Verdacht, folgen weitere Untersuchungen, die bei bis zu 50 % der iiSFN-Patienten mögliche Ursachen aufdecken. Häufig findet man immunvermittelte Störungen wie Sjögren-Syndrom, Zöliakie, Lupus erythematodes oder andere Autoimmun- bzw. inflammatorische Erkrankungen. Eine aktuelle Metaanalyse fand heraus, dass 49 % der Patienten mit Fibromyalgie eine SFN aufwiesen. Auch Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus, Prädiabetes oder ein hoher Vitamin-B6-Spiegel können der Polyneuropathie den Weg ebnen. In einigen Fällen hat die SFN aber auch genetische Ursachen. Hellhörig werden sollte man vor allem dann, wenn Kinder betroffen sind, bei Patienten mit positiver Familienanamnese oder einem hochspezifischen Phänotyp. Bei ihnen sind entsprechende genetische Tests indiziert, schreiben Dr. Oaklander und Dr. Nolano. Da sich Small Fibers normalerweise ein Leben lang regenerieren, ist es wichtig, ursächliche bzw. begünstigende Erkrankungen möglichst früh zu behandeln. So lassen sich die Regeneration der betroffenen Nervenfasern fördern, die Progression verlangsamen und dauerhafte Schäden vorbeugen.Kortikosteroide effektiv und sicher?
Dies gilt auch bei genetischen Erkrankungen wie dem M. Fabry, der Transthyretin-Amyloidose und vielleicht auch bei bestimmten Ionenkanalmutationen. Für junge und ansonsten gesunde Patienten ist die Prognose in aller Regel günstig, schreiben die Review-Autoren. Ergänzend zur Therapie der zugrundeliegenden Erkrankungen und einer symptomatischen Schmerztherapie arbeiten Forscher an weiteren Behandlungsoptionen. Es gibt Hinweise, dass Kortikosteroide bei akuter Manifestation einer inflammatorischen SFN insbesondere bei jungen Patienten mit niedrigem Komplikationsrisiko effektiv und sicher sein können.Quelle: Oaklander Al, Nolano M. JAMA Neurol 2019; DOI: 10.1001/jamaneurol.2019.2917