Für mehr Entspannung am Anus

Dr. Dorothea Ranft

Analfissuren ähneln Schnittwunden, sind aber nicht immer von außen sichtbar. Dann hilft leichtes Pressen.
Analfissuren ähneln Schnittwunden, sind aber nicht immer von außen sichtbar. Dann hilft leichtes Pressen. © wikimedia/Bernardo Gui

Die Analfissur verursacht oft höllische Defäkationsbeschwerden. Dennoch gehen viele Patienten aus Scham lange nicht zum Arzt. Haben sie den Weg in die Praxis dann endlich gefunden, reichen oft ein beratendes Gespräch und ggf. eine Behandlung mit Lokalanästhetika.

Für die Patienten fühlt sich die Fissura ani an, als würden sie beim Stuhlgang Glasscherben von sich geben. Danach leiden die Betroffenen mitunter noch stundenlang an brennenden Schmerzen.

Gang zur Toilette wird so lang wie möglich hinausgezögert

Häufig bemerken sie hellrotes Blut auf der Fäzes oder dem Toilettenpapier, schreiben Dr. ­Artaza ­Gilani vom University College London und Dr. ­Gillian ­Tierney von der University Nottingham. Dunkleres oder Blut, das sich im Innern des Stuhls befindet, spricht eher für eine proximale Ursache wie Kolitis oder ein Malignom.

Aus Angst vor Schmerzen vermeiden viele Patienten den Stuhlgang und handeln sich damit eine Obstipation ein, die ihre Beschwerden weiter verstärkt – ein Teufelskreis. Die Kontinenz wird durch die Läsion im Anoderm im Allgemeinen nicht beeinträchtigt.

Analfissuren können primär auftreten oder als Folge einer anderen Erkrankung. Verdächtig für eine sekundäre Genese sind Symptome wie unbeabsichtigter Gewichtsverlust, veränderte Stuhlgewohnheiten, Fieber und Hautausschläge. Die akute Fissur verheilt meist innerhalb von ein bis zwei Wochen. Für die Chronifizierung gibt es keinen festen Grenzwert, je nach Autor werden vier bis zwölf Wochen genannt.

Die Inspektion fördert bei akuter Erkrankung üblicherweise einen scharf begrenzten Einriss im Anoderm zutage, ähnlich einer Schnittwunde. Typisch für die chronische Läsion ist die Triade aus hypertrophierter Papille am proximalen Ende, am Grund erkennbaren Muskelfasern und einer distalen Vorpos­tenfalte.

Mögliche Differenzialdiagnosen
Hämorrhoiden
schmerzlose hellrote Blutung bei der Defäkation, Juckreiz, evtl. Prolaps, selten dumpfe Schmerzen
Analabszess
perianale Schwellung mit dumpfem pochendem Schmerz, evtl. Fieber, Sekretion von Blut und Eiter
Analfistel
blutiges bzw. purulentes Sekret, Juckreiz, feuchte Flecken in der Unterhose
Analkarzinom
schmerzhafter Knoten mit oder ohne Ulzeration, Blutung, Gewichtsverlust
Rektumkarzinom
veränderte Stuhlgewohnheiten, Drangsymptome, Blutungen, Tenesmen, unbeabsichtigter Gewichtsverlust
Proktitis
Blut im Stuhl, Drangsymptome, perianale Beschwerden, Hinweise auf chronisch-entzündliche Darmerkrankung

Primäre Fissuren manifestieren sich in der Regel einzeln. Sie bilden sich vorzugsweise in der 6-Uhr-Position in Steinschnittlage, seltener bei 12 Uhr. Atypische Einrisse – multipel, lateral oder mit irregulärer Begrenzung – sprechen für eine sekundäre Form. Zu beachten ist, dass nicht alle Läsionen ohne Weiteres von außen erkennbar sind. Eventuell hilft die Aufforderung, zu pressen wie beim Stuhlgang. Ein leichter Druck auf den Analrand kann den Schmerz provozieren. Patienten mit chronischer Fissur ohne Hinweise auf eine Grund­erkrankung sollte man über die benigne Natur aufklären. Die Schmerzen entstehen durch einen Riss in der inneren Auskleidung des Anus, der zum Beispiel durch ein lokales Trauma infolge einer Obstipation oder Diarrhö entstehen kann. Ein Teufelskreis aus Schmerz und Spasmus verhindert dann das Abheilen, eine Relaxation mit verbesserter Blutversorgung verbessert es hingegen. Therapeutisch stehen Kost- und Lebensstilveränderungen an erster Stelle. Der Patient sollte für einen weichen Stuhl sorgen und bei Drangsymptomen umgehend die Toilette aufsuchen. Eine ballaststoff­reiche Ernährung (ca. 30 g/d) unterstützt die Darmfunktion. Empfehlenswert ist regelmäßige Bewegung mit moderater Intensität (ca. 150 Minuten pro Woche) und, falls erforderlich, eine Gewichtsreduktion. Für die oft empfohlenen warmen Sitzbäder besteht dagegen kaum Evidenz.

Ursachen der Analfissur

  • primär: Obsti­pation, Diarrhö, vaginale Entbindung, Analtrauma oder -operation 
  • sekundär: granulomatöse Erkrankung, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Malignome und Infektion (z.B. HIV, Lues, Chlamydien)

Lidocain lindert Defäkationsschmerz

Auch eine medikamentöse Behandlung ist möglich: Lokalanästhetika wie Lidocain­salbe, die auf den Analbereich aufgetragen werden, lindern den Defäkationsschmerz. Sie wirken aber eventuell erst eine halbe Stunde nach Applikation. Zur Therapie der postdefäkatorischen Beschwerden eignen sich ­Paracetamol und ­Ibuprofen. Eine weitere Option bietet die Lokalbehandlung mit ­nitrat- oder diltiazem­haltigen Externa. Beide wirken analgetisch und beschleunigen den Heilungsvorgang aufgrund der Vasodilatation. Allerdings treten unter dem Nitrat vermehrt Kopfschmerzen auf. Die Einnahme eines freiverkäuflichen Analgetikums vor der Anwendung kann für Abhilfe sorgen. Außerdem empfehlen die beiden Autorinnen, den applizierenden Finger mit einem Stück Frischhaltefolie zu umhüllen, was die systemische Absorption vermindert. Die topische Behandlung mit dem Kalziumkanalblocker ­Diltiazem erzielt bei Patienten mit chronischer Analfissur einen gleich guten Effekt. Aber das Kopfschmerzrisiko ist gegenüber Nitraten um 85 % reduziert. Allerdings ist mit vermehrten lokalen Beschwerden wie perianalem Juckreiz und Dermatitis zu rechnen. Quelle: Gilani A, Tierney G. BMJ 2022; 376: e066834; DOI: 10.1136/bmj-2021-066834

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Analfissuren ähneln Schnittwunden, sind aber nicht immer von außen sichtbar. Dann hilft leichtes Pressen.
Analfissuren ähneln Schnittwunden, sind aber nicht immer von außen sichtbar. Dann hilft leichtes Pressen. © wikimedia/Bernardo Gui