Gegen frühe Arthritis in die Offensive

Dr. Dorothea Ranft

Synovitis, Ödem und Erosionen bei früher RA sind prädiktiv für eine radiologische Progression. Synovitis, Ödem und Erosionen bei früher RA sind prädiktiv für eine radiologische Progression. © fotolia/wavebreak3

Bei früher Arthritis erst mal zuwarten? Das kann die Gelenke gefährden! Deshalb sollten Patienten mit ungünstiger Prognose schon im Stadium der undifferenzierten Entzündung behandelt werden, auch ohne die genaue Ursache zu kennen. Dabei spielen Sie eine Schlüsselrolle.

Unbehandelt führt eine rheumatoide Arthritis (RA) zur Gelenkzerstörung und geht mit einer erhöhten Mortalität einher. Ein Therapiestart innerhalb von 3 (bis 6) Monaten nach Beginn der Gelenkschwellungen kann die Remissionsrate deutlich erhöhen, schreiben Professor Dr. Raphael Micheroli und Privatdozent Dr. Adrian Ciurea vom Universitätsspital Zürich. Umso wichtiger ist eine Frühdiagnose, noch bevor sich das klinische Vollbild herausbildet.

Inzwischen kennt man diverse Faktoren, die bei Patienten mit Polyarthralgien, aber noch ohne klinischen Nachweis einer Arthritis, für die Entwicklung einer RA prädestinieren (s. Kasten). Im weiteren Verlauf der Genese ist zwar die Arthritis gesichert, nicht aber die Ursache. Deshalb spricht man von einer frühen undifferenzierten Arthritis. Aus ihr kann sich eine RA entwickeln, aber auch andere entzündlich-rheumatische Erkrankungen. Eventuell bleibt der undifferenzierte Status bestehen oder remittiert sogar spontan.

Erst Polyarthralgien, dann manifeste RA

Sind mindestens drei der folgenden Parameter erfüllt, besteht eine Sensitivität > 90 %, dass der Patient eine RA entwickelt. Für eine Spezifität > 90 % sind mindestens vier Parameter erforderlich.
  • kurze Dauer der Arthralgien (< 1 Jahr)
  • Schmerzen in MCP-Gelenken
  • Morgensteifigkeit ≥ 60 min
  • Hauptbeschwerden am frühen Morgen
  • RA bei einem Verwandten 1. Grades
  • Schwierigkeiten beim Faustschluss
  • positives Gaenslen-Zeichen

Multiple dicke Gelenke sprechen für Entzündung

Beim Nachweis einer Arthritis kommen Sie ins Spiel. Eine anamnestisch nicht traumatisch oder mechanisch bedingte Gelenkschwellung spricht für eine entzündliche Genese. Dies gilt vor allem, wenn mindestens zwei Gelenke betroffen sind oder die Morgensteifigkeit länger als 30 Minuten anhält. Die Beteiligung der Hände und Füße lässt sich palpatorisch z.B. mit dem Gaenslen-Zeichen eruieren (Kompressionsschmerz beim Zusammendrücken der Grundgelenke). Arthritisverdächtig ist auch ein Volarflexionsschmerz am Handgelenk. Patienten mit Arthritis-Zeichen sollten dann innerhalb von sechs Wochen nach Symptombeginn einem Rheumatologen vorgestellt werden, so die Autoren. Labordiagnostisch liefern folgende Parameter wertvolle Hinweise auf die Genese einer neu diagnostizierten entzündlichen Gelenkschwellung:
  • CRP, BSG
  • Differenzialblutbild
  • Kreatinin
  • Transaminasen
  • Urinstatus
  • Basisimmunserologie (ANA, Rheumafaktoren Anti-CCP-Ak)
Im Frühstadium zeigt das Röntgenbild in der Regel noch keine Erosionen. Falls doch Veränderungen bestehen, spricht dies für eine persistierende Arthritis mit Krankheitsprogression. Da Erosionen häufig an den Füßen beginnen oder sich auf diese beschränken (ca. 15 % der Fälle), sollten sie immer mitgeröntgt werden. Der hochauflösende Ultraschall wird vor allem bei nicht eindeutigen klinischen Befunden (Synovitis kleiner Gelenke) eingesetzt. Synovitis, Knochenödem und Knochenerosionen im MRT sind bei Patienten mit früher RA prädiktiv für eine radiologische Progression. Grundsätzlich plädieren die Kollegen dafür, jeden unklaren Gelenkerguss zu punktieren (DD Arthrose, Infekt, Gicht etc.). Weitere Zusatzuntersuchungen ermöglichen oft eine genauere Einordnung der Früharthritis. Falls sich keine spezifische Diagnose stellen lässt, spricht man von einer frühen undifferenzierten Arthritis.

Positiver Rheumafaktor ist prognostisch ungünstig

Entscheidend für die Therapie ist die Differenzierung zwischen selbstlimitierender und persistierender chronischer Gelenkerkrankung. Die frühe Arthritis neigt v.a. bei kurzer Dauer (< 3 Monate) zur Spontanremission. Man würde also bei einer Behandlung aller Patienten viele unnötig therapieren, so die Experten. Sinnvoller ist eine Orientierung an Risikofaktoren für eine Persistenz. Als prognostisch ungünstig gelten positiver Rheumafaktor oder Anti-CCP-Antikörper, zahlreiche geschwollene Gelenke, stark erhöhte Entzündungswerte sowie frühe Erosionen.

Glukokortikoide maximal sechs Monate einsetzen

Weist der Patient ein Risikoprofil für einen erosiven Verlauf bzw. eine Persistenz auf, steht schon bei der frühen undifferenzierten Arthritis der Einsatz konventioneller DMARD* an. Mittel der Wahl ist Methotrexat, sofern keine Kontraindikationen vorliegen. Alternativ kommt Leflunomid infrage. Während der Behandlung ist eine engmaschige Überwachung (ggf. Therapieanpassung) alle ein bis drei Monate erforderlich. Eine Komedikation mit Glukokortikoiden sollte mit einer möglichst niedrigen Dosierung über maximal sechs Monate erfolgen. Falls die anvisierte Remission nicht innerhalb von einem halben Jahr erreicht wird, ist eine Hinzugabe eines Biologikums oder eines Januskinase-Inhibitors indiziert.

*Disease-modifying antirheumatic drugs

Quelle: Micheroli R, Ciurea A. Orthopäde 2018; 47: 261-272

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Synovitis, Ödem und Erosionen bei früher RA sind prädiktiv für eine radiologische Progression. Synovitis, Ödem und Erosionen bei früher RA sind prädiktiv für eine radiologische Progression. © fotolia/wavebreak3