
Gestaffelte Cut-offs für D-Dimere geben Diagnosesicherheit bei Embolieverdacht

Etwa 1 % der Bevölkerung wird jedes Jahr auf eine venöse Thromboembolie (VTE) getestet, berichtete Prof. Dr. Marc Righini von der Universitätsklinik in Genf. Schließlich möchte man keine Lungenembolie (LE) übersehen. Allerdings hat die LE-Inzidenz ab- und gleichzeitig die Verfügbarkeit der CTPA zugenommen. Insgesamt resultiert daraus eine zweifelhafte Effektivität des diagnostischen Standardvorgehens.1
Bevor man Tests und Bildgebung veranlasst, sollte zunächst die Wahrscheinlichkeit für eine VTE bzw. LE abgeschätzt werden, erklärte Prof. Righini. Bei hohem Risiko für eine Lungenembolie ist direkt eine CTPA sinnvoll, bei niedriger bis mittlerer Wahrscheinlichkeit können zunächst D-Dimere bestimmt werden. Dafür gibt es keinen überlegenen Score. Wichtig ist aber, ein gut validiertes Instrument wie den Wells- oder Geneva-Score zu verwenden, betonte Prof. Righini. Studien belegten allerdings, dass diese im Alltag meist nicht genutzt würden.
Der D-Dimer-Test fällt oft positiv aus und ist alleine genommen zu wenig spezifisch. Ein erhöhter Spiegel ist allgemein häufig bei
- Älteren,
- Schwangeren,
- Krebskranken,
- vorausgegangener VTE und
- im Rahmen eines stationären Aufenthalts.
Prof. Righini diskutierte deshalb verschiedene Möglichkeiten, wie sich die Vorhersagen durch eine Adjustierung der Grenzwerte verbessern lassen. Statt z. B. standardmäßig einen Grenzwert von < 500 µg/l für ein niedriges LE-Risiko zu verwenden, kann dieser altersadjustiert werden. Bestimmt man bei über 50-Jährigen den D-Dimer-Grenzwert nach der Formel Alter x 10 in µg/l, beträgt das VTE-Risiko für die drei Folgemonate bei einem geringeren D-Dimer-Wert etwa 0,3%. Damit liegt er unterhalb dessen, was im Hinblick auf die Sicherheit eines Vorgehens gefordert wird (< 2 %).1
Eine noch höhere Sicherheit erreicht man, indem man klinische Scores zur Emboliewahrscheinlichkeit mit adjustierten Cut-offs für die D-Dimere kombiniert. So betrug in einer Studie die VTE-Rate in den drei Monaten nach Vorstellung lediglich 0,05 %, sofern ein Grenzwert von < 1.000 µg/l für die D-Dimere verwendet wurde und gleichzeitig ein Wells-Score von 0 bis 4 vorlag. Dieselbe Rate wurde erreicht bei einem Cut-off < 500 µg/l und einem Wells-Score zwischen 4,5 und 6.2,3 Dieses Vorgehen machte in 17,6 % der Fälle eine CTPA überflüssig.
Besonders relevant ist dieser Aspekt in der Schwangerschaft. Viele werdende Mütter möchten aus Angst vor der Strahlenbelastung keine CTPA. Um deren Einsatz bei Verdacht auf eine Lungenembolie auf das Nötigste zu beschränken, empfahl Prof. Dr. Saskia Middeldorp von der Radbound Universität in Nijmegen die Anwendung des YEARS-Algorithmus in Verbindung mit zwei verschiedenen Cut-offs für die D-Dimere. Folgende Kriterien sind dafür gemäß YEARS zu prüfen:
- klinische Anzeichen einer tiefen Venenthrombose (Abklärung mit Kompressionssonografie des symptomatischen Beins, bei abnormem Befund Antikoagulation einleiten)
- Hämoptysen
- Lungenembolie als wahrscheinlichste Ursache
Trifft kein Kriterium zu und liegen die D-Dimere < 1.000 µg/l, ist eine Lungenembolie unwahrscheinlich. Eine schon begonnene Antikoagulation kann dann abgesetzt werden, soweit keine tiefe Beinvenenthrombose besteht. Das ist auch bei D-Dimer-Werten < 500 µg/l der Fall – unabhängig von den YEARS-Kriterien. Dagegen sollte eine CTPA durchgeführt und bei LE-Zeichen eine Antikoagulation begonnen werden, wenn zwar kein YEARS-Kriterium zutrifft, der D-Dimer-Wert aber bei ≥ 1.000 µg/l liegt. Dasselbe Vorgehen wird empfohlen, wenn mindestens ein Kriterium erfüllt ist und der D-Dimer-Wert sich auf ≥ 500 µg/l beläuft. Auf dieses Weise kann nach den Ergebnissen einer prospektiven Studie 40 % der Schwangeren mit LE-Verdacht die Strahlenbelastung durch eine CTPA erspart werden, sagte Prof. Middeldorp. Bei Schwangeren im 1. Trimenon war eine CTPA nach diesem Vorgehen sogar bei 65 % der Frauen unnötig.4
* European Respiratory Society
1. Dronkers CEA et al. J Thromb Haemost 2017; 15: 1040-1043; doi: 10.1111/jth.13654
2. Righini M et al. JAMA 2014; 311: 1117-1124; doi: 10.1001/jama.2014.2135
3. Kearon C et al. N Engl J Med 2019; 381: 2125-2134; doi: 10.1056/NEJMoa1909159
4. van der Pol LM et al. N Engl J Med 2019; 380: 1139-1149; doi: 10.1056/NEJMoa1813865
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