Gießkanne war gestern

Manuela Arand

Struktur eines LDL-Partikels. Violett: Cholesterol, gelb: Chol­esterolester und Tri­glyzeride, orange und 
blau: Phospholipide. Struktur eines LDL-Partikels. Violett: Cholesterol, gelb: Chol­esterolester und Tri­glyzeride, orange und blau: Phospholipide. © stock-adobe.com/ Juan Gärtner

Die lipidsenkende Therapie wird zunehmend individuell. Jedem dasselbe zu verordnen, greift zu kurz. Denn selbst auf moderne Medikamente antwortet manch einer mit einem Anstieg des LDL-Cholesterins.

Als kausaler kardiovaskulärer Risikofaktor bleibt das LDL-Cholesterin der maßgebliche Zielparameter bei den lipidsenkenden Therapien. Begonnen werden sollte eine solche Behandlung so früh und so konsequent wie möglich, um die Zahl der sogenannten Cholesterin­lebensjahre gering zu halten. Das erfordert genetisches Screening und eine gute Kommunikation mit den Patienten, betonte Prof. Dr. ­Oliver ­Weingärtner von der Klinik für Innere Medizin I am Uniklinikum J­ena.

In den letzten Jahren hat sich jedoch gezeigt, dass Patienten ganz unterschiedlich auf die verschiedenen Lipidsenker reagieren. Bestes Beispiel dafür sind Dialysepatienten, die per se ein hohes kardiovaskuläres Risiko tragen. Ein Statin senkte im Rahmen einer klinischen Studie das LDL zwar rasch und nachhaltig um rund 40 %, änderte gegenüber Placebo aber nichts am kardiovaskulären Risiko. „Wir behandeln dann also einen Laborwert, aber keinen Patienten“, so Prof. ­Weingärtner. Erklären lasse sich dieses Phänomen wohl damit, dass bei Dialysepatienten die Lipidstoffwechselbalance in Richtung Resorption verschoben ist.

Resorption oder Produktion hemmen?

Auch bei älteren Patienten findet sich oft eine starke Cholesterin­resorption bei geringerer endogener Synthese, führte der Referent weiter aus, wobei er sich auf Ergebnisse der IMPROVE-IT-Studie bezog. In dieser Untersuchung hatten über 75-Jährige unter Statintherapie überdurchschnittlich stark von zusätzlichem Ezetimib profitiert. Die ­number ­needed to ­treat betrug bei ihnen 11, bei Jüngeren lag sie mit 125 mehr als zehnmal so hoch.

Diese Zahlen passen zu dem schon aus frühen Statinstudien bekannten Ergebnissen, dass Menschen mit starker Cholesterinproduktion von der Synthesehemmung profitieren, während bei Hyperabsorbern die Gefahr für Herz und Kreislauf ansteigen kann. Eine solche adverse Reaktion kenne man nicht nur von Statinen und Ezetimib, so der Refent, sondern auch von neueren Lipidsenkern wie den PCSK9-Inhibitoren und Bempedoinsäure: Die LDL-Spiegel sinken bei den meisten Patienten, aber in unterschiedlichem Ausmaß, und bei manchen steigen die Werte an. High-Absorber weisen zudem besonders lipidreiche Plaques mit dünnen Kappen auf, die leicht rupturieren, warnte der Experte.

Zumindest bei Dialysepatienten riet Prof. ­Weingärtner dazu, vor der Entscheidung über die lipidsenkende Therapie Resorptions- und Synthesemarker zu messen. Mit Blick auf die Resorption eignen sich Phytosterine wie Sitosterol, der Cholesterinvorläufer Latho­sterin gibt einen guten Biomarker für die Syntheseleistung ab. Apropos Phytosterine: Auch die sind nicht harmlos, sondern tragen einiges zur Enstehung von Atherosklerose bei, wie eine neuere Studie mit einer Million Teilnehmern zeigt. Während ein Anstieg des Non-HDL-Chol­esterins um 1 mmol/l infolge von Unterschieden in der Genausstattung für die Cholesterinsynthese das kardiovaskuläre Risiko um 50 % erhöhte, verdoppelte sich die Wahrscheinlichkeit für koronare Herzerkrankung, wenn die Zunahme auf Unterschieden bei den resorptionsrelevanten Genen basierte. Für Prof. ­Weingärtner macht deshalb „eine Margarine mit Pflanzensterinen statt Cholesterin diätetisch überhaupt keinen Sinn“.

Kongressbericht:  88. Jahrestagung der DGK*

*    Deutsche Gesellschaft für Kardiologie

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Struktur eines LDL-Partikels. Violett: Cholesterol, gelb: Chol­esterolester und Tri­glyzeride, orange und 
blau: Phospholipide. Struktur eines LDL-Partikels. Violett: Cholesterol, gelb: Chol­esterolester und Tri­glyzeride, orange und blau: Phospholipide. © stock-adobe.com/ Juan Gärtner