Hackfleisch aus dem Labor noch unreif

Michael Brendler

Sieht aus wie gewolftes Rind, wurde aber aus dessen Stammzellen gezüchtet. Sieht aus wie gewolftes Rind, wurde aber aus dessen Stammzellen gezüchtet. © fotolia/vitals; wikipedia/World Economic Forum

Ist In-vitro-Fleisch die ökologisch unbedenkliche Alternative zur konventionellen Fleischproduktion? Das zumindest versprechen sich Befürworter. Kritiker sehen jedoch kaum Vorteile. Was man von Hamburgern aus dem Labor derzeit erwarten kann.

Es war eine Sensation, im August 2013. Damals stellten Wissenschaftler um Professor Dr. Mark Post von der Universität Maastricht den ersten In-vitro-Fleisch-Burger vor (s. Abb.). Mithilfe einer Muskelbiopsie hatten die Forscher Stammzellen eines Rindes entnommen und im Nährmedium zu Muskelfasern hochgepäppelt. Einen entscheidenden Haken hat diese vielversprechende Technologie jedoch: Um die Kosten wieder reinzuholen, müssten Kunden ­325 000 Dollar pro Burger zahlen.

Es gibt auch Geflügelfleisch aus der Petrischale

Seitdem hat sich einiges getan. Der Preis der Burgerfrikadelle fiel mittlerweile auf 11,36 US-Dollar. 2016 folgten Fleischbällchen aus der Retorte und 2017 gab es das erste In-vitro-Geflügel. Mancher Forscher sah dadurch bereits die schlechte Umwelt- und Klimabilanz der Fleischproduktion als gelöst.

Ebenso sei das Ende der Massentierhaltung absehbar, denn fortan reiche ein einziges Tier für den weltweiten Fleischbedarf. Und wenn das böse Steak dann noch vom Speiseplan verschwindet, war’s das auch für KHK und Adipositas. Silvia Woll und Inge Böhm vom Karlsruher Institut für Technik­folgenabschätzung und System­analyse untersuchten verschiedene Visionen genauer und befragten Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft.

Derzeit könne noch niemand so recht beurteilen, welche der Ideen sich einmal umsetzen lassen, so ihr Fazit. Bisher existiere kein Verfahren, mit dem das In-vitro-Fleisch massentauglich hergestellt werden könne. Über die benötigten Komponenten wie geeignete Zellen oder Nährmedien wissen Experten zu wenig. Ob sich das „falsche Filet“ in Zukunft als umweltfreundlicher herausstelle oder man gar den Antibiotikaeinsatz reduzieren könne, sei weiterhin offen. Das Maastrichter Team beispielsweise musste Antibiotika verwenden. Bislang besitzen die Zellkulturen nämlich kein eigenes Immunsystem.

Ein weiterer Faktor ist die Akzeptanz auf Verbraucherseite. Kunden müssten das Kunstfleisch als Original wahrnehmen, zitieren Woll und Böhm einen Fachmann. Kopien würden diese verschmähen und mit gesundheitlichen Vorteilen allein könne man kaum punkten. In einer Studie zeigten Wissenschaftler, dass Konsumenten keine Geschmackseinbußen in Kauf nehmen wollen.

Wenn‘s nicht so gut ist wie das Original, will‘s keiner

Ein erfolgreicher In-vitro-Burger müsste also mindestens gleichwertig schmecken. Ob das neue Fleisch also hält, was sich Befürworter von ihm versprechen, bleibt fraglich. Silvia­ Woll und Inge Böhm sehen neben grundlegender Forschung vor allem Nachholbedarf aufseiten der Landwirtschaft. Diese solle ökologischer ausgerichtet werden. Zudem müssten Verbraucher generell weniger Fleisch essen.

Quelle: Woll S, Böhm I. Ernährungs Umschau 2018; 65: 12-21

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Sieht aus wie gewolftes Rind, wurde aber aus dessen Stammzellen gezüchtet. Sieht aus wie gewolftes Rind, wurde aber aus dessen Stammzellen gezüchtet. © fotolia/vitals; wikipedia/World Economic Forum