Halsschmerzen bei Kindern erledigen sich meist von selbst

Maria Weiß

Auf Antibiotika-Gabe kann und sollte in vielen Fällen verzichtet werden. Auf Antibiotika-Gabe kann und sollte in vielen Fällen verzichtet werden. © analysis121980 – stock.adobe.com

Wenn Kinder Halsschmerzen haben, lässt sich mit Antibiotika nur in wenigen Fällen eine rasche Besserung erzielen. Zudem hat die Therapie zahlreiche Nachteile. Zwei Kinderärzte listen auf, wann der Einsatz gerechtfertigt ist.

Bakterien sind nur selten die Ursache akuter Halsschmerzen bei Kindern, betonen PD Dr. Nicole Töpfner, Universitätsklinikum Dresden, und Roland Tillmann vom Ärztenetz Bielefeld. Wenn doch, dann sind am ehesten Gruppe-A-Streptokokken die Übeltäter. Neben viralen Atemwegsinfektionen kommen u.a. spezifische Virusinfektionen (z.B. EBV, Stomatitis aphthosa, Hand-Fuß-Mund-Krankheit, Herpangina), Peritonsillar- bzw. Retropharyngealabszesse oder auch seltene Erkrankungen wie das PFAPA-Syndrom als Auslöser infrage. Der Mc Isaac-Score hilft bei der Einschätzung, wie wahrscheinlich eine Infektion mit A-Streptokokken ist (siehe Tabelle).

Weder bei unspezifischer Tonsillopharyngitis ohne Schluckbeschwerden noch bei Schluckbeschwerden ohne veränderte Tonsillen muss man Antibiotika geben. Auch jüngere Kinder unter zwei bis drei Jahren benötigen sie meist nicht. Gibt es Hinweise auf eine virale Genese wie Schnupfen, Husten, Heiserkeit, Durchfall, Konjunktivitis, vesikuläre Pharyngitis, Stomatitis oder EBV, kann man sich Antibiotika ebenfalls sparen.

McIsaac-Score
PunkteSymptom/Merkmal
1Körpertemperatur > 38 °C
1kein Husten
1schmerzhafte zervikale Lymphknotenschwellung
1Tonsillenschwellung oder Exsudat
1Alter 3.–14. Lebensjahr
0Alter 15.–18. Lebensjahr
SummeWahrscheinlichkeit der Infektion
0ca. 1 %
1ca. 10 %
2ca. 17 %
3ca. 35 %
≥ 4ca. 50 %

Bei Streptokokken ebenfalls Vor- und Nachteile abwägen 

Selbst wenn Bakterien nachgewiesen sind, will der Griff zum Antibiotikum gut überlegt sein. Grundsätzlich muss man den möglichen Vorteil einer Verkürzung der Symptomdauer gegen die Nachteile wie Durchfall, Exanthem, Auswirkungen auf das Mikrobiom und Resistenzentwicklung abwägen. Nur um immunologische Streptokokkenfolgeerkrankungen zu vermeiden, werden Antibiotika nicht mehr gegeben. Asymptomatische Patienten ohne Risikofaktoren und Kinder mit isoliert erhöhten Streptokokken-Antikörpertitern sollten sie ebenfalls nicht erhalten. Der Nachweis anderer Bakterien wie Staphylococcus aureus, Moraxella catarrhalis oder Haemophilus influenzae ist in der Regel ebenso kein Grund für eine antibiotische Therapie.

Besteht ein hochgradiger Verdacht auf eine Infektion mit A-Streptokokken, können Antibiotika in folgenden Situationen sinnvoll sein:

  • Wunsch nach schnellerer Symptomlinderung (im Mittel um ca. 16 Stunden)
  • schnellere Reduktion der Ansteckungsgefahr bzw. Wiederzulassung in Gemeinschaftseinrichtungen
  • Vollbild des Scharlachs mit deutlicher Beeinträchtigung
  • Risikofaktoren (z.B. Zustand nach akutem rheumatischem Fieber, Immunsuppression)

Zu den Red Flags gehören Hinweise auf eine Sepsis, Atemstörung und Kieferklemme. Auch auf Einschränkungen der HWS-Beweglichkeit oder eine ausgeprägte Halsschwellung ist zu achten. Bestehen schwere komorbide Erkrankungen, muss die Therapie ggf. angepasst werden.

Entscheidet man sich gemeinsam mit den Eltern für ein Antibiotikum, sind Penicillin V, Benzathin-Penicillin und Clarithromycin für fünf bis sieben Tage Mittel der ersten Wahl. In der Regel ist eine Streptokokken-A-Infektion auch ohne Antibiotikum in etwa einer Woche abgeklungen. Zur symptomatischen Therapie können Analgetika, fiebersenkende Mittel und Lutschtabletten eingesetzt werden. Die Patienten sollten ausreichend trinken und sich schonen. 

Verzichten kann man auf nicht therapierelevante Rachenabstriche, routinemäßige Labordiagnostik und Antikörperbestimmungen. In der Nachsorge braucht es keine routinemäßige Kontrolle von Rachenabstrich, EKG oder Urinstatus.

Quelle: Töpfner N, Tillmann R. Kinderärztliche Praxis 2024; 95: 34-37

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