Innovative Antibiotika und Kombinationen schließen Entwicklungslücke

Dr. Susanne Meinrenken

Neue Antibiotika verfügen über eine breite Wirkung gegen Erreger und Resistenzen. Neue Antibiotika verfügen über eine breite Wirkung gegen Erreger und Resistenzen. © 220 Selfmade studio – stock.adobe.com

Die Entwicklungslücke bei den antiinfektiven Medikamenten scheint sich allmählich zu schließen. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche neue Substanzen und Kombinationen entwickelt. Einige sind bereits zugelassen und erstattungsfähig.

Weltweit starben 2019 geschätzt 4,95 Millionen Menschen im Zusammenhang mit einer Anti­biotikaresistenz. Als Erreger stehen dabei multiresistente Enterobakterien und Tuberkuloseerreger sowie methicillinresistente Staphylococcus aureus im Vordergrund, berichtet Prof. Dr. Florian­ Wagenlehner­ von der Uniklinik Giessen­. Noch immer gibt es bei den Antibiotika eine Art Entwicklungslücke aus den Jahren 1990 bis 2010, beschreibt der Experte. Erst mit Gepotidacin sei im Jahr 2010 eine neue Antibiotikaklasse auf den Plan getreten. 

Bei der Erforschung neuer Anti­biotika sind Harnwegsinfektionen (HWI) von großer Bedeutung. Ziel ist vor allem die Bekämpfung gram­negativer Erreger und deren Resistenzen. Zu beachten ist aber stets, dass die neuen Präparate erst nach Nichtansprechen der gängigen Anti­infektiva und sehr umsichtig eingesetzt werden sollten, betont Prof. Wagenlehner­. Die neuen Präparate verfügen über eine breite Wirkung gegen zahlreiche Erreger mit den verschiedensten Resistenzmechanismen, auch gegenüber Bakterien, die unterschiedliche Betalaktamasen produzieren.

Die Neuentwicklungen sind mitunter effektiver als die etablierten Präparate und erzielen etwa bei komplizierten HWI oder bei Pyelo­nephritiden klinische Heilungsraten von etwa 70 % bis mehr als 90 %, erläutert der Autor. In der Gruppe der Kombinationspräparate liegt etwa das neuartige Cephalosporin Ceftolozan gemeinsam mit dem bereits bekannten Betalaktamase­hemmer Tazobactam vor. In der Phase-3-Studie ASPECT-cUTI erwies sich Ceftolozan/Tazobactam im Vergleich zu Levofloxacin bei komplizierten HWI und Pyelonephritiden als überlegen, so Prof. Wagenlehner­.

In ähnlicher Weise wurde Ceftazidim erfolgreich mit dem neueren Betalaktamasehemmer Avibactam kombiniert. Die Phase-3-Studien RECAPTURE und REPRISE demonstrieren die gute Effektivität des Präparates bei komplizierten HWI.

Die Kombination von Cefepim mit dem neuartigen Betalaktamase­inhibitor Enmetazobactam schneidet bei komplizierten Harnwegsinfekten nicht schlechter ab als die etablierte Kombination aus Piperacillin und Tazobactam. Bezüglich des gewählten primären Endpunkts der Phase-3-Studie ALLIUM konnte Cefepim/Enmetazobactam gar seine Überlegenheit demonstrieren. Neue Betalaktamasehemmer enthalten auch die Kombinationspräparate Imipenem/Relebactam sowie Meropenem/Vaborbactam. Auch für diese Medikamente wurde bereits die Nichtunterlegenheit gegenüber den bekannten Antibiotika gezeigt, wie Prof. Wagenlehner­ erläutert.

Neue Einzelwirkstoffe sind etwa das Cephalosporin Cefiderocol, das Carbapenem Tebipenem, das Breitband-Fluor­chinolon Sitafloxacin sowie Plazomicin, ein halbsynthetisches Sisomicinderivat-Aminoglykosid. Auch sie erwiesen sich in klinischen Studien als effektiv.

Moderne Reserveantibiotika stehen bereits zur Verfügung

Trotz positiver Phase-3-Daten ist Tebipenem bisher nicht zugelassen. Als vom Gemeinsamen Bundesausschuss anerkannte Reservemedikamente sind mittlerweile Ceftazidim/Avibactam, Ceftolozan/Tazobactam, Imipenem/Cilastatin/Relebactam sowie Cefiderocol verfügbar.

Quelle: Wagenlehner FME. Urologie 2023; 62: 705-710; DOI: 10.1007/s00120-023-02121-5

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