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Hautbiopsie klärte Parotisschwellung

Seit einem Jahr schwoll die Parotis einer 52-jährigen Frau beidseitig immer weiter an. Schmerzen oder andere Beschwerden hatte sie allerdings keine. Der Hausarzt vermutete einen M. Sjögren und überwies seine Patientin zur Abklärung in die Rheuma-Ambulanz, berichtete Prof. Dr. Torsten Witte von der Medizinischen Hochschule Hannover.
Dort entdeckten die Kollegen neben der Drüsenschwellung noch einen Hautausschlag an Armen und Beinen. Dieser juckte zwar nicht, breitete sich aber seit zwei Jahren immer weiter aus, wie die Patientin angab. Außerdem berichtete sie von einer früheren schmerzlosen Augenschwellung mit Exophthalmus, die vom Augenarzt als Dakryoadenitis diagnostiziert worden war. Und schließlich litt sie seit über 30 Jahren an allergischem Asthma und Rhinokonjunktivitis.
Hautstanze war schneller zur Hand
Zur Abklärung setzte Prof. Witte zunächst auf das Labor. Von den Entzündungsparametern über rheumatische Antikörper inkl. SSA/Ro-Ak und SSB/La-Ak bis hin zu Blutbild, Lipiden, Quantiferontest und Hepatitisserologie war alles unauffällig. Nur das IgE tanzte aus der Reihe. Es war mit 453 IE/ml erhöht (Norm < 100), was aber durchaus zur allergischen Vorgeschichte passte.
Nun galt es, mittels Biopsie ein malignes Geschehen auszuschließen. Primär hätte sich dafür natürlich die geschwollene Parotis geeignet. Weil in der rheumatologischen Ambulanz jedoch die Hautstanzen schnell zur Hand sind, entschloss sich Prof. Witte zunächst pragmatisch für eine Biopsie aus den Hautläsionen. Die ergab keinen malignen Vorgang, war aber sonst wenig erhellend. Aufgrund von chronisch vernarbenden entzündlichen Reaktionen im Gewebe und gemischtzelligen CD20- und CD3-reagiblen lymphoiden Zellen äußerten die Pathologen den Verdacht auf eine autoimmune Genese.
Erhöhte IgG4-Spiegel auch bei einigen Malignomen
Jetzt fuhren die Kollegen zweigleisig weiter. Sie baten die Pathologie um eine IgG4-Spezialfärbung und bestimmten das IgG4 im Serum. Letzteres war mit 3,89 g/l deutlich erhöht (der Normwert liegt zwischen 0,08 und 1,4 g/l). Zusammen mit der beidseitigen Parotisschwellung (beim Sjögren oder bei Tumoren schwillt meist nur eine Seite an) und der Tränendrüsenentzündung wies die Konstellation auf eine IgG4-assoziierte Erkrankung hin.
Erhöhte IgG4-Spiegel finden sich allerdings auch bei einigen Malignomen. Der histologische Nachweis ist daher entscheidend. Die Pathohistologie war in diesem Fall ein Volltreffer, wie Prof. Witte ausführte. Denn die weitere Aufarbeitung ließ Infiltrate IgG-exprimierender Plasmazellen erkennen, von denen sich über 50 % als IgG4-positiv herausstellten. Jetzt war klar: Die Frau litt an einer IgG4-assoziierten Erkrankung mit Beteiligung von Tränen- und Speicheldrüsen.
IgG4-Erkrankungen treten meist bei Menschen über 50 Jahren auf und kommen bei Männern dreimal so häufig vor wie bei Frauen. Die Organbeteiligungen sind vielfältig und reichen von den Speicheldrüsen über Schilddrüse, Tränendrüsen und Niere bis zum Pankreas (Autoimmunpankreatitis Typ 1). Bei bis zu 50 % der Patienten ist mit einer Form des M. Ormond das Retroperitoneum betroffen. Behandelt werden IgG4-assoziierte Erkrankungen je nach Organbeteiligung und Ausmaß.
In schweren Fällen empfiehlt sich Rituximab
Ist nur die Parotis betroffen und liegen außer einer kosmetischen Beeinträchtigung keinerlei Beschwerden vor, kann unter engmaschigen Kontrollen erst einmal abgewartet werden. Ansonsten behandeln die meisten Rheumatologen gleich mit Prednisolon, berichtet Prof. Witte, bei Rückfällen oder Non-Response kommen Immunsuppressiva dazu. In schweren Fällen ist Rituximab zudem empfehlenswert. Der Wirkstoff depletiert (wahrscheinlich) die treibenden Zellen hinter der Erkrankung. Gemeint sind CD4+ Memory-T-Zellen mit zytotoxischer Funktion.
Quelle: 128. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
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