Risikofaktoren en masse

Dr. Susanne Gallus

Künstliches UV-Licht, wie im Solarium, erhöht das Risiko für hellen Hautkrebs. Künstliches UV-Licht, wie im Solarium, erhöht das Risiko für hellen Hautkrebs. © Rido – stock.adobe.com

UV-Strahlung – ob künstlich oder natürlich – ist ein klarer Risikofaktor für weißen Hautkrebs. Aber auch Nahrungsmittel und verschiedene Medikamente sollen zur Hautkrebsentstehung beitragen. Für welche Faktoren gibt es ausreichend Evidenz und welche bleiben fraglich?

Glaubt man den Studiendaten, wäre es im kommenden Sommer besser, Gin-Sour oder Aperol-Spritz durch einen Eiskaffee zu ersetzen. Nicht, weil man danach noch Autofahren dürfte oder es die Leber schont: Sowohl der Konsum von Alkohol als auch der von Zitrusfrüchten (und zu viel Folsäure) scheint das Risiko für ein Basalzellkarzinom zu erhöhen. Koffein senkt dieses. „Das ist zwar interessant, aber es sind natürlich nur Assoziationen, die nicht in einer prospektiven Studie untersucht wurden“, betonte Prof. Dr. Carola Berking von der Universitätshautklinik Erlangen.

Zum Einfluss von Statinen auf das Risiko für nicht-melanozytären Hautkrebs (NMSC) gibt es dagegen eine prospektive Auswertung. Einige frühere Untersuchungen zeigten Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Einnahme und NMSC-Risiko. Wissenschaftler gingen dem im Rahmen einer prospektiven Kohortenstudie mit mehr als 62.000 Französinnen nach. Hinsichtlich des Auftretens von kutanen Plattenepithelkarzinomen (cSCC) unterschieden sich die fast 20.000 Frauen unter Statintherapie nicht signifikant von denen ohne die Medikation. Für das Basalzellkarzinom verringerte sich das Risiko leicht (Hazard Ratio, HR 0,89). Dosis, Therapiedauer und Alter der Teilnehmerinnen beeinflussten das Ergebnis nicht signifikant.

Verlauf der aktinischen Keratose immer noch unklar

Definitiv einen Einfluss auf das Krebsrisiko hat die UV-Strahlung. Die langfristige Exposition verur­sacht unter anderem aktinische Keratosen (AK), Präkanzerosen des cSCC. Der natürliche Verlauf der AK bleibt weiterhin wenig erforscht. Das erschwert es abzuschätzen, welche Läsionen zu einem Plattenepithelkarzinom fortschreiten. Einzelne Läsionen können persistieren, progredieren oder sich auch ohne Therapie (siehe Kasten unten) spontan zurückbilden. Letzteres ist aber laut Studien relativ selten und kam in einer Vergleichsstudie bei Organtransplantierten so gut wie nie vor, führte die Expertin weiter aus.

Mit Volldampf gegen die aktinische Keratose

Insgesamt hat man zahlreiche Therapieoptionen für die aktinische Keratose. Seit 2021 gehört dazu auch eine 1%ige Tirbanibulin-Salbe. Wo sich die Substanz innerhalb der anderen Therapeutika einreiht, bleibt abzuwarten. Die Odds Ratio für eine komplette Abheilung unter der Therapie lag in einer Metaanalyse von 35 Studien bei 11,1. Diese OR liegt etwa in der Mitte der OR anderer Interventionen und damit im indirekten Vergleich auf einem ähnlichen Niveau wie die der MAL-PDT. Eine weitere neue Möglichkeit bietet die Kombination von 5-FU (5 %) und Calcipotriol (0,005 %).1 In einer Studie erprobt wurde die Applikation an vier aufeinanderfolgenden Tagen (2x täglich) – was relativ kurz ist. „Läsionsbezogen war die Abheilungsrate mit 87 % sehr, sehr gut, im Vergleich zu nur 37 % bei 5-FU alleine über diese kurze Zeit“, so Prof. Berking. Auch in der Subgruppe mit hypertrophen AK im Gesicht zeigte das zusätzliche Calcipotirol einen deutlichen Effekt (Abheilungsraten 54 % vs. 15 %). Zwar erhöhte sich auch der Erythem-Score in der Interventionsgruppe deutlich, zu systemischen Nebenwirkungen, Wunden oder Krustenbildung kam es aber nicht.

1. Azin M et al. JID Innov. 2022; 2:100104 DOI: 10.1016/j.xjidi.2022.100104

Wer sich freiwillig künstlichem UV-Licht aussetzt, erhöht damit konsequent sein Hautkrebsrisiko, wie eine Studie erneut untermauert. Teilnehmer, die sich mehr als zehn Mal im Jahr ins Solarium legten, steigern ihr relatives Risiko für hellen Hautkrebs auf 1,56. Bei jüngeren Personen (< 50 Jahre bei Erstdiagnose oder bei der ersten Solariennutzung < 20 Jahre) hatte die regelmäßige Sonnenbanknutzung das Risiko verdoppelt. Allerdings bleibe es fraglich, wann die Argumente endlich ausreichen, um gegen die Solarium-Lobby anzukommen, fügte Prof. Berking hinzu.

Ein Sonderfall sind diejenigen, deren Exposition nicht freiwillig, sondern auf ärztliche Anordnung erfolgt. Denn auch eine Fototherapie mit Schmalband-UVB, Breitband-UVB oder einer Kombination aus UVA und UVB, wie sie unter anderem bei Ekzempatienten verordnet wird, könnte das NMSC-Risiko erhöhen.

In einer retrospektiven Kohortenstudie (PUVA war von der Analse ausgeschlossen) mit 925 Ekzempatienten gingen Wissenschaflter genau dieser Frage nach. 14 Teilnehmer entwickelten innerhalb der medianen Nach­beobachtungszeit von ungefähr fünf Jahren eine neue Hautkrebserkrankung. Insgesamt bedeutet das aber keine gesteigerte Inzidenz, verglichen mit generellen Krebsregisterdaten. Ein höheres Risiko hatten allgemein ältere Ekzempatienten und solche, die zuvor systemische Immunsupressiva erhalten hatten. Hinsichtlich der absoluten Anzahl der UVB-Sitzungen (< 25, > 25 bzw. > 100) unterschieden sich die Gruppen nicht signifikant.

Doch kein Schutz durch Sonnencreme?

Wenn die UV-Exposition die Gefahr erhöht, haben dann Menschen, die draußen einen hohen LSF verwenden, nachweislich ein reduziertes Risiko? Ganz so pauschal darf man es wohl nicht sehen. In einer norwegischen Kohorte zeigte die Stärke des verwendeten LSF (< 15 vs. > 15) innerhalb einer medianen Nachbeobachtungszeit von 14,3 Jahren keinen Effekt auf die cSCC-Entwicklung. „Es war sogar so, dass die Nichtnutzerinnen von Sonnencreme ein niedrigeres SCC-Risiko hatten“, so Prof. Berking. Die Hintergründe dieser paradoxen Situation bleiben offen. Fraglich ist, ob diese Menschen eine ohnehin weniger gefährdeten Hauttyp hatten oder ob sich eingecremte Menschen in der Folge länger der Sonne aussetzen.

Die Crux mit der Immunsuppresion

Als die NMSC-Risikogruppe schlechthin gelten Transplantatempfänger. Bei ihnen erhöht sich das Risiko aufgrund der erforderlichen kontinuierlichen Immunsuppression. Zwar besteht die Möglichkeit von systemischen Calci­neurininhibitoren auf Sirolimus zu wechseln, um das Risiko zu reduzieren. Sirolimus wird aber von Patienten meist schlechter toleriert.

Ein neuer Ansatz besteht darin, den mTOR*-Inhibitor topisch zu verwenden. Der Gedanke dahinter ist die zusätzliche antikanzerogene Wirkung der Substanz, da auch bei cSCC der mTOR-Signalweg hochreguliert ist, erläuterte Prof. Berking. Zudem inhibiert Sirolimus den von Tumorzellen exprimierten VEGF**.

Lässt sich die Entartung topisch verhinden?

In einer Studie erhielten 29 Transplantatempfänger ein 1%iges Sirolimus-Gel zur topischen Anwendung (einmal täglich). Voraussetzung war, dass bei ihnen mindestens fünf Basalzell- oder Plattenepithelkarzinome in den vergangenen fünf Jahren aufgetreten waren und sie aktuell fünf oder mehr keratotische Läsionen an Unterarmen und Handrücken aufwiesen. Jeder Teilnehmer behandelte eine Seite mit dem Wirkstoff und die Gegenseite mit der Trägersubstanz.

Nach zwölf Wochen hatten die keratotischen Läsionen auf der behandelten Seite um 31 % abgenommen, auf der Kontrollseite nahmen sie um 6 % zu. Nach zwei Jahren zeigte sich ein dreifacher Rückgang intraepithelialer Karzinome im Vergleich zum „Kontrollarm“. Bisher habe sie keine eigene Erfahrung damit gemacht, betonte die Expertin, sie sei aber gespannt auf kommende Ergebnisse.

* Mammalian Target of Rapamycin: eine Serin/Threonin-Kinase, die durch Rapamycin inhibiert wird
** Vascular Endothelial Growth Factor

Quelle: Kongressbericht 16. Dermatologie-Update-Seminar

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Künstliches UV-Licht, wie im Solarium, erhöht das Risiko für hellen Hautkrebs. Künstliches UV-Licht, wie im Solarium, erhöht das Risiko für hellen Hautkrebs. © Rido – stock.adobe.com