Herzschwäche bei Diabetespatienten besser beachten

Dr. Andrea Wülker

Welche Mechanismen beim Diabetes zu einer HI führen, ist noch nicht vollständig geklärt. Welche Mechanismen beim Diabetes zu einer HI führen, ist noch nicht vollständig geklärt. © iStock/magicmine

Eine Herzinsuffizienz kommt bei Menschen mit Diabetes etwa doppelt so häufig vor wie bei Stoffwechselgesunden und verschlechtert die Prognose der Betroffenen deutlich. Doch es stehen Antidiabetika zur Verfügung, die das Herz schützen. Dia­betespatienten mit symptomatischer Herzschwäche und eingeschränkter Ejektionsfraktion benötigen eine konsequente spezifische Herzinsuffizienztherapie.

Etwa 25–40 % der Herzinsuffizienzpatienten haben auch einen Diabetes, der in vielen Fällen sogar gar nicht bekannt ist. Daher sollte bei Herzinsuffizienzpatienten immer auch ein Diabetesscreening erfolgen. Liegen beide Erkrankungen vor, besteht nicht nur ein erhöhtes Risiko für Klinikeinweisungen wegen Herzinsuffizienz, sondern gegenüber nicht-dia­betischen Herzinsuffizienten auch eine deutlich erhöhte Mortalität.

Welche Mechanismen umgekehrt beim Typ-2-Diabetes zu einer Herzinsuffizienz führen, ist noch nicht vollständig geklärt, doch vermutlich spielen metabolische Veränderungen im Herzmuskel eine Rolle, insbesondere im Kalzium- und Energiestoffwechsel. Nach wie vor findet die Herzschwäche bei Diabetespatienten in der klinischen Praxis zu wenig Beachtung, sodass sie oft erst spät diagnostiziert wird. Kardiologen unterscheiden verschiedene Formen der Herzinsuffizienz, erklärte Professor Dr. Nikolaus­ Marx­ von der Universitätsklinik der RWTH Aachen:

  • Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF; linksventrikuläre Ejektionsfraktion [LVEF] ≥ 50 %)
  • Herzinsuffizienz mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion (HFrEF; LVEF < 40 %)
  • Herzinsuffizienz mit mittelgradiger („mid-range“) Ejektionsfraktion (HFmrEF; LVEF 40–49 %)

Für die Therapieentscheidung spielt aber insbesondere auch die Symptomatik des Patienten eine Rolle bzw. in welchem NYHA-Stadium (I–IV) er sich befindet, betonte Prof. Marx. Die Therapie der Herzinsuffizienz bei Patienten mit bzw. ohne Diabetes unterscheidet sich nicht und sollte nach den aktuellen Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) erfolgen. 

ESC-Leitlinien zur Therapie der Herzinsuffizienz (HI)

Die ESC empfiehlt für symptomatische HI-Patienten in den NYHA-Stadien II–IV und mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion (LVEF < 40 %) einen ACE-Hemmer und einen Betablocker. Für die Prognose ist es irrelevant, ob mit dem Betablocker oder mit dem ACE-Hemmer begonnen wird. Beide sind anfangs niedrig zu dosieren und die Dosis ist im Zwei-Wochen-Intervall zu verdoppeln. Verträgt der Patient den ACE-Hemmer nicht, kann ein AT1-Rezeptorblocker gegeben werden. Patienten, die weiterhin symptomatisch bleiben und eine Ejektionsfraktion ≤ 35 % aufweisen, erhalten zusätzlich einen Aldosteronantagonisten. Im NYHA-Stadium II und mit Flüssigkeitsretention sowie im NYHA-Stadium III und IV sollten alle HI-Patienten Diuretika bekommen. Die diuretische Therapie sollte beibehalten werden, um einer erneuten Flüssigkeitsretention entgegenzuwirken. Falls unter der kombinierten Therapie immer noch Symptome vorliegen, kann bei Patienten, die einen ACE-Hemmer oder einen AT1-Rezeptor-Antagonisten gut vertragen haben, diese Medikation durch einen ARNI ersetzt werden. Patienten mit Sinusrhythmus und einer Herzfrequenz ≥ 70/min können von Ivabradin profitieren. Digoxin wird heute nur noch selten eingesetzt.

Medikamentöse Therapie – was geht und was nicht?

In der antidiabetischen Therapie herzinsuffizienter Menschen mit Diabetes ist es ratsam, frühzeitig SGLT2-Hemmer einzusetzen, da sie kardioprotektiv wirken. So führten z.B. Dapagliflozin oder Empagliflozin in CV-Outcome-Studien bei Patienten mit Typ-2-Diabetes zu einer Reduktion des kombinierten Endpunkts von Hospitalisierung wegen HI und kardiovaskulärem Tod. Daher empfehlen aktuelle Leitlinien den frühen Einsatz von SGLT2-Hemmern bei Diabetespatienten mit bestehender oder beginnender Herzinsuffizienz. Sie wirken aber auch bei HFrEF-Patienten ohne Diabetes kardioprotektiv. So wurde Dapagliflozin erst kürzlich für die Behandlung der symptomatischen HFrEF zugelassen – unabhängig von der Diagnose Typ-2-Diabetes, betonte Prof. Marx. Als „neutral“ im Hinblick auf die Herzinsuffizienz gelten die meisten DPP4-Hemmer, GLP1-Rezeptor­agonisten, Insulin und Sulfonylharnstoffe. Kontraindiziert bei Diabetes­patienten mit HI sind dagegen Glitazone und der DPP4-Inhibitor Saxagliptin.

Quelle: Diabetes Herbsttagung 2020

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Welche Mechanismen beim Diabetes zu einer HI führen, ist noch nicht vollständig geklärt. Welche Mechanismen beim Diabetes zu einer HI führen, ist noch nicht vollständig geklärt. © iStock/magicmine