Highlights vom SABCS – die neusten Brustkrebsdaten im Überblick

Birgit-Kristin Pohlmann

Im Bereich der Behandlung des Mammakarzinoms gibt es einige neue Erkenntnisse. (Rechts: Professor Dr. Andreas Schneeweiss, Sektionsleiter Gynäkologische Onkologie Universitätsklinikum und Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg) Im Bereich der Behandlung des Mammakarzinoms gibt es einige neue Erkenntnisse. (Rechts: Professor Dr. Andreas Schneeweiss, Sektionsleiter Gynäkologische Onkologie Universitätsklinikum und Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg) © iStock/suravikin; Universitätsklinikum Heidelberg

Ob zirkulierende Tumorzellen als prädiktiver Marker nutztbar sind, warum man sich über die Ergebnisse der monarchE-Studie nicht zu früh freuen sollte und wie sich die Daten aus ADAPT und RxPonder ergänzen statt widersprechen. Im Gespräch teilt Professor Dr. Andreas­ Schneeweiss­ vom Universitätsklinikum und Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg seine Erkenntnisse vom San Antonio Breast Cancer Symposium 2020 mit.

In den Studien RxPonder und ADAPT­ wurde in unterschiedlichen Ansätzen untersucht, ob Patientinnen mit frühem luminalem Mammakarzinom und maximal drei befallenen Lymphknoten sowie einem Recurrence Score ≤ 25 eine adjuvante Chemotherapie benötigen. Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie für den klinischen Alltag?

Professor Dr. Andreas Schneeweiss: Die RxPonder-Studie hat die Fragestellung an einem sehr großen Patientenkollektiv ganz klassisch untersucht, indem sie adjuvante Chemotherapie versus keine adjuvante Chemotherapie verglichen hat. Da die TAILORx-Studie bereits gezeigt hatte, dass postmenopausale Patientinnen ohne axillären Lymphknotenbefall und einem RS* 25 keine adjuvante Chemotherapie benötigen und dass dies wahrscheinlich auch für prämenopausale Patientinnen ohne Lymphknotenbefall und einem RS < 11 gilt, wurde in RxPonder auf Patientinnen mit 1–3 befallenen axillären Lymphknoten und einem RS ≤ 25 fokussiert.

Die Studie zeigt, dass aus dieser Gruppe die postmenopausalen Patientinnen keine adjuvante Chemotherapie benötigen, wohl aber die prämenopausalen Patientinnen. Allerdings hatten nur etwa 16 % der prämenopausalen Patientinnen im endokrinen Arm eine zusätzliche ovarielle Suppression (OFS) erhalten. Daher ist nicht auszuschließen, dass der Chemotherapie-Effekt nicht auf einer zytotoxischen, sondern einer endokrinen Wirkung beruht, die sich auch mit einer OFS erreichen ließe.

Es bleibt die Frage, ob alle prämenopausalen Patientinnen mit frühem HR+/HER2- Mammakarzinom und intermediärem Risiko tatsächlich eine Chemotherapie benötigen. Da greift das Konzept der ADAPT-­Studie ein, in dem wir mit einer kurzen präoperativen endokrinen Therapie die endokrine Sensitivität des Tumors untersuchen. ADAPT hat gezeigt, dass prämenopausale Patientinnen mit RS ≤ 25 und 0–2 befallenen axillären Lymphknoten bei einem Ki-67-Abfall ≤ 10 % unter der endokrinen Therapie keine adjuvante Chemotherapie benötigen. Insofern ergänzen sich die Studienergebnisse.

Was erwarten Sie von der CDK4/6-Inhibition bei Frauen mit frühem HR+/HER2- Mammakarzinom? Hier gab es unterschiedliche Ergebnisse aus der monarchE-Studie mit Abemaciclib im adjuvanten Setting und der PENELOPE-B-Studie mit Palbociclib in der post-neoadjuvanten Situation, jeweils bei Hochrisiko-Patientinnen.

Prof. Schneeweiss: Nach der PALLAS-­Stude ist die PENELOPE-B-Studie die zweite Studie mit Palbociclib, die keinen Vorteil für die zusätzliche Palbociclib-Gabe zeigt. Die monarchE-Studie ist weiterhin positiv, hat aber eine noch deutlich kürzere Nachbeobachtungszeit, sodass abzuwarten bleibt, ob der Vorteil zugunsten von Abemaciclib erhalten bleibt. Auch in der PENELOPE-­B-Studie hatte sich nach zwei Jahren ein Vorteil zuguns­ten des Palbociclib gezeigt. Erst danach liefen die Kurven zusammen.

Unabhängig davon werden die unterschiedlichen Patientenpopulationen und die unterschiedliche Therapiedauer diskutiert – Palbociclib wurde nur über ein Jahr und Abemaciclib über zwei Jahre gegeben. Ungewöhnlich ist zudem für die adjuvante Situation, dass sich in der monarchE-Studie schon nach sehr kurzer Zeit ein deutlicher Effekt zugunsten des Abemaciclib zeigte.

Diskutiert wird, dass ein Teil der Patientinnen bei Studieneinschluss bereits metastasiert war, was möglicherweise nicht aufgefallen ist, weil nicht alle Patientinnen ein Staging mit CT-Thorax und CT-Abdomen erhalten haben. Zudem können wir nicht ganz ausschließen, dass substanzspezifische Unterschiede im frühen Stadium eine Rolle spielen. Es besteht also Klärungsbedarf.

Aber – wenn die monarchE-Studie mit längerer Nachbeobachtungszeit „positiv“ bleibt und die adjuvante Zulassung da ist, ist Abemaciclib eine neue adjuvante Therapieoption beim HR+/HER- Mammakarzinom für Hochrisiko-Patientinnen, deren Einsatz wir im Einzelfall unter Berücksichtigung der Nebenwirkungen mit der Patientin besprechen müssen.

Laut der PRIME2-Studie haben ältere Patientinnen mit einem HR+/HER2- Mammakarzinom keinen signifikanten Überlebensvorteil von einer adjuvanten Ganzbrust-Bestrahlung (WBRT). Kann man zukünftig bei diesen Patientinnen auf sie verzichten?

Prof. Schneeweiss: Wichtig ist bei dieser Studie, dass es sich um ältere Patientinnen ≥ 65 Jahre mit geringer Tumorlast handelte, die alle brust­erhaltend mit einem tumorfreien Randsaum von mindestens 1 mm operiert wurden, und dass alle eine adjuvante endokrine Therapie erhalten haben. Die Daten sprechen dafür, dass bei diesen Patientinnen auf eine adjuvante WBRT verzichtet werden kann.

Trotzdem muss die Patientin über das erhöhte lokale Rezidivrisiko aufgeklärt werden – auch wenn dies keinen signifikanten Einfluss auf das Gesamtüberleben hatte. Der Verzicht auf die adjuvante WBRT ist bei besagten Patientinnen auch deshalb gerechtfertigt, weil gut 93 % der Todesfälle nicht durch das Mammakarzinom induziert waren. Eine alternative Option wäre eine Teilbrustbestrahlung.

Welche Bedeutung haben die gepoolten Daten der deutschen Metaanalyse zum frühen CTC**-Monitoring beim metastasierten Mammakarzinom?

Prof. Schneeweiss: Die gepoolten Daten von über 4000 Patientinnen bestätigen, dass die Anzahl der CTC im Blut sowie die CTC-Dynamik unter der Therapie prognostische Bedeutung haben. Je weniger CTC nachweisbar sind, umso besser ist die Prognose der Patientinnen. Derzeit können wir aber noch keine therapeutische Relevanz aus dem CTC-Monitoring ableiten. Beispielsweise wissen wir nicht, was wir mit Patientinnen tun, die unter Therapie CTC-positiv bleiben.

Wir müssen lernen, CTC auch als prädiktiven Marker nutzen zu können. Dieser Ansatz wurde beispielsweise in der DETECT-III-Studie verfolgt. Ein weiterer Ansatz ist, Alterationen für zielgerichtete Therapien auf der zirkulierenden Tumor-DNA (ct-DNA) zu detektieren.

Aktuelle Ergebnisse aus KEYNOTE-­355 bestätigen die Kombination Pembrolizumab/Chemotherapie unabhängig vom Chemotherapie-Partner als wirksame Erstlinie beim metastasierten und PD-L1-positiven tripel-negativen Mammakarzinom (TNBC) mit CPS*** ≥ 10. Welches Potenzial steckt dahinter?

Prof. Schneeweiss: Die Ergebnisse der Studie sind sehr vielversprechend – auch weil sich nach mittlerweile 2,5 Jahren eine Plateaubildung abzeichnet, sodass wir auf eine Langzeitkontrolle hoffen können. Da sich der Wirksamkeitsvorteil durch die zusätzliche Pembrolizumab-Gabe nicht nur in Kombination mit nab-Paclitaxel, sondern auch mit konventionellem Paclitaxel und in Kombination mit Gemcitabin/Carboplatin zeigt, werden sich unsere therapeutischen Möglichkeiten nach Zulassung von Pembrolizumab erweitern, denn Atezolizumab ist nur mit nab-Paclitaxel zugelassen.

Darüber hinaus setzt Atezolizumab eine PD-L1-Positivität auf den Immunzellen voraus, während die PD-L1-Positivität für den Einsatz von Pembrolizumab anhand des CPS ermittelt wird, der auch die Tumorzellen erfasst. Damit erweitert sich der Kreis der Patientinnen für eine zusätzliche Immuntherapie.

Daten der ASCENT-Studie bestätigen bei Patientinnen mit mehrfach vorbehandeltem metastasiertem TNBC den signifikanten Überlebensvorteil unter Sacituzumab Govitecan gegenüber der Mono-Chemotherapie unabhängig von der Höhe der Trop-2-Expression. Was heißt das für den klinischen Alltag?

Prof. Schneeweiss: Die Daten zeigen, dass die Trop-2-Expression eine prognostische Aussage macht, aber keinen prädiktiven Wert hat, weshalb die Patientinnen unabhängig von der Trop-2-Expression von Sacituzumab Govitecan profitieren. Eine Trop-2-Bestimmung vor Therapiebeginn entfällt damit. Ich sehe in der Substanz eine wichtige Option beim metastasierten TNBC nach Versagen der First-Line-Behandlung, sprich – bei PD-L1-Positivität nach Atezolizumab/nab-Paclitaxel, bei Nachweis einer BRCA1/2-Mutation nach PARP-Inhibition und ansonsten nach First-Line-Chemotherapie.

* Recurrence Score
** zirkulierende Tumorzellen
*** Combined Positive Score

Quelle: Interview

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Im Bereich der Behandlung des Mammakarzinoms gibt es einige neue Erkenntnisse. (Rechts: Professor Dr. Andreas Schneeweiss, Sektionsleiter Gynäkologische Onkologie Universitätsklinikum und Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg) Im Bereich der Behandlung des Mammakarzinoms gibt es einige neue Erkenntnisse. (Rechts: Professor Dr. Andreas Schneeweiss, Sektionsleiter Gynäkologische Onkologie Universitätsklinikum und Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg) © iStock/suravikin; Universitätsklinikum Heidelberg