Hochpräzisionsbestrahlung als Alternative zur Chirurgie?

Dr. Carola Gessner; Foto: Wikipedia, James Heilmann, MD

Körperstereotaktische Strahlentherapie beseitigt Oligometastasen präzise. Dabei wird die Indikation nicht nur palliativ gestellt, sondern auch kurativ. Das Verfahren ist ambulant anzuwenden und nicht-invasiv.

Eine metastasierte Krebserkrankung erfordert im Allgemeinen eine palliative Behandlung. Doch es gibt Ausnahmen: Bei einer „Oligometas­tasierung“ hat der betroffene Patient nur eine begrenzte Anzahl isolierter Metastasen entwickelt. Meist handelt es sich um drei bis fünf Filiae, die lokal per Chirurgie, mittels ablativer Verfahren oder der neueren stereotaktischen Körperstrahlentherapie (SBRT) durchaus auch in kurativer Absicht eliminiert werden können.

Prinzipiell steht mit der SBRT nicht invasives und nebenwirkungsarmes Werkzeug zur Verfügung. Und ein effizientes: Es gelingt, vor allem kleinere Metastasen kurativ zu entfernen beziehungsweise zumindest das systemtherapiefreie Intervall zu verlängern, sagte Professor Dr. Jens Ricke, Direktor der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.

Stereotaktische Bestrahlung
Die stereotaktische Körperstrahlentherapie (SBRT) ist eine durch neue Strahlenfokussierungs- und Bildgebungstechniken ermöglichte Behandlungsoption, bei der mit hoher Präzision definierte Felder mit hohen Dosen bestrahlt werden können. Bei Oligometastasen reicht je nach Indikation eine einzelne oder eine kleine Zahl von tumoriziden Fraktionen aus, um die Tumorherde zu eliminieren, das umliegende gesunde Gewebe wird geschont. Tumorkontrolle und Verträglichkeit sind gut, Einsatzgebiete sind sowohl die kurative als auch die palliative Situation.

Radiatio und Chirurgie gleichwertig?

Bisher werden die Radiologen allerdings überwiegend bei operativ nicht behandelbaren Oligometastasen gerufen, vor allem dann, wenn keine pathologische Aufarbeitung mehr benötigt wird. „Leider war bisher noch nicht genügend Finanzkraft vorhanden, um eine solide Evidenz für diese Methode zu schaffen, zum Beispiel auch zum Nachweis der Gleichwertigkeit von operativen und radiotherapeutischen Verfahren“, so der Referent.

Als spärlich erweist sich außerdem die Datenlage zur Lebensverlängerung durch die SBRT bei Oligometastasen – soweit eine solche Datenerhebung im Rahmen des gesamten systemischen Metastasenprozesses überhaupt möglich ist. Dennoch hat die SBRT in verschiedenen Bereichen mittlerweile ihren Stellenwert, gestützt durch überwiegend kleinere Studien. So bilden pulmonale Oligometastasen beim nicht kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) eine zunehmend anerkannte Indikation für die SBRT, erläuterte Professor Dr. Matthias Guckenberger, Direktor der Klinik für Radio-Onkologie des UniversitätsSpitals Zürich.

Oligometastasen bei NSCLC als anerkannte Indikation

Etwa 7 % der NSCLC-Patienten entwickeln Oligometastasen, die sich mit stereotaktischer Radiatio behandeln lassen. In retrospektiven Untersuchungen sowie mehreren Phase-I/II-Studien erwies sich die SBRT zumindest bei ein oder zwei Metas­tasen als sicher. Toxizitäten vom Grad 3 oder höher traten insgesamt nur selten auf. Die lokale Tumorkontrolle war in diesen Studien mit 70 bis 90 % gut, wobei natürlich wie bei allen SBRT-Einsatzgebieten die Grunderkrankung und deren Progress das Outcome beeinflussten so Prof. Guckenberger. In kleineren Studien ergab sich zudem beim Endpunkt lokale Tumorkontrolle kein Unterschied zwischen Chirurgie und SBRT.

Prinzipiell seien oligometastasierte Situationen beim NSCLC u.a. durch die SBRT heilbar, resümierte Prof. Guckenberger. Doch sollte man sich die neue Nomenklatur genau anschauen: Neben der Oligometastasierung gibt es beim NSCLC auch Oligo-Rezidive und den Oligo-Progress. In diesen Situationen lässt sich durch lokale Interventionen, wie der SBRT, lediglich die Chemotherapie bzw. ein Chemotherapeutika-Wechsel hinauszögern.

Stereotaktische Strahlentherapie gegen Lebermetastasen

Ein weiteres Einsatzgebiet hat die stereotaktische Strahlentherapie bei Lebermetastasen, z.B. wenn ein Kolorektal-, Mamma- oder Lungenkarzinom gestreut hat, referierte Professor Dr. Thomas Brunner, geschäftsführender Oberarzt an der Klinik für Strahlenheilkunde des Universitätsklinikums Freiburg. Bei den betroffenen Patienten erwies sich das Verfahren als lokal hoch effektiv. Hier kann sich die SBRT sowohl mit der operativen Resektion als auch mit alternativen lokalen Verfahren wie der Radiofrequenzablation problemlos messen.

Nicht beeinflussen lässt sich natürlich das Fortschreiten der Tumor­erkrankung außerhalb der Bestrahlungszone, sodass eine Verbesserung des Gesamtüberlebens wohl nur im Rahmen eines interdisziplinären Gesamtkonzepts zu erwarten sei, sagte Prof. Brunner. Erfreulich: Randomisierte Studien laufen bereits, um die vordringlichsten Fragen zu beantworten. Wie Prof. Brunner meint, müsse zwar noch ein langer Weg zur Etablierung der SBRT in der Behandlung von oligometastasierten Patienten zurückgelegt werden, „aber die Grundlagen für einen evidenzbasierten Einsatz zumindest in einigen Indikationen werden derzeit gelegt.“

Quelle: 21. Jahrestagung der DEGRO, Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie, Hamburg, 2015

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