Höhenkrankheit auf Kilimandscharo-Gipfel

Dr. Dorothea Ranft, Foto: thinkstock

Die Höhenkrankheit ist keine Frage der Fitneß - eher der Vorbereitung. Ein Experte rät, wie Sie ihre Patienten unterstützen können.

Höhenkrank kann jeder werden – unabhängig vom Trainingszustand, betont Dr. Andreas Neumayr, Schweizerisches Tropen- und Public Health-Institut, Basel. Fragen Sie Ihren Patienten nach bereits durchgemachten Episoden der „acute mountain sickness“ (AMS) und nach kardiopulmonalen Vorerkrankungen, weil diese das Risiko erhöhen. Entscheidend für den Ausbruch der Symptome ist die unzureichende Anpassung an den abnehmenden Sauerstoffgehalt der Luft.

Deshalb heißt die Prophylaxe: Aufstieg verlangsamen! Entscheidend ist dabei die Schlafhöhe, nicht die am Tag maximal erreichte. Ab ca. 2500 m sollte die Schlafhöhe täglich um maximal 300 bis 500 m gesteigert werden. Zudem kann es sinnvoll sein, alle drei bis vier Tage oder pro 1000 m Höhensteigerung einen zusätzlichen Ruhetag einzuplanen.


Für Patienten mit besonderer AMS-Disposition oder wenn ein langsamer Aufstieg – z.B. zum Kilimandscharo – nicht möglich ist, kommt auch eine Prophylaxe mit Acetazolamid infrage.

Reiseberatung in vier Schritten

  • Anamnese: Kardiopulmonale Risikofaktoren? Höhenkrankheit bereits durchgemacht?
  • Aufstiegsprofil der geplanten Reise ermitteln
  • Aufklärung: Anzeichen der Höhenerkrankung, Möglichkeiten zu Vorbeugung und Therapie
  • Indikation für medikamentöse Prophylaxe eruieren, ggf. Notfallmedikamente für schwere Erkrankung mitgeben

Das milde Diuretikum hemmt die renale Bikarbonatausscheidung und induziert so eine metabolische Alkalose mit kompensatorischer Hyperventilation. Durch die verbesserte Sauerstoffsättigung wird die Akklimatisation erleichtert.


Die Einnahme sollte 24 Stunden vor dem Aufstieg über 2500 m beginnen (empfohlene Dosis zweimal täglich 125–250 mg). An Nebenwirkungen kann es zu (dosisabhängigen) Kribbelparästhesien, Geschmacksstörungen und ggf. ausgeprägter Diurese kommen (Cave Dehydratation).

Vorab Verträglichkeit der Medikamente prüfen

Um die Verträglichkeit zu testen, rät Dr. Neumayr seinen Patienten, das Mittel schon 10–14 Tage vor der Abreise für 2–3 Tage zu nehmen. Treten unter der höheren (zuverlässigeren) Dosis unerwünschte Effekte auf, empfiehlt er die niedrigere. Bei Kontraindikationen (v.a. Sulfonamid-allergie) kommt in Einzelfällen eine Dexamethason-Prophylaxe infrage.


Die Mitnahme von Acetazolamid als „Stand-by-Notfallmedikament“ ist umstritten. Während amerikanische Guidelines dafür plädieren, wurde es mangels symptomatischer Wirkung in die europäischen Leitlinien nicht aufgenommen.

In wenigen Tagen auf 4200 Meter - das birgt Gefahr

Besonders sorgfältig zum Thema Höhenkrankheit beraten sollten Sie Kilimandscharo-Touristen, rät Dr. Neumayr. Denn dieser Berg wird zurzeit am meisten unterschätzt. Statt der eigentlich notwendigen 10 bis 14 Tage (für 4200 m Anstieg) bieten Pauschalveranstalter Turbo-Touren in 4–5 (oder 6–9) Tagen an. Mit der Folge, dass 77 % der Gipfelstürmer akut höhenkrank werden, 14 % entwickeln ein Lungen- und 4 % ein Hirnödem.


Deshalb rät der Reisemediziner den meisten „Aspiranten“ zu medikamentöser Prophylaxe und weist sie zudem auf das ganzjährig erhöhte Malariarisiko hin, ggf. sollte auch Mefloquin vorab auf Verträglichkeit getestet werden. Dessen ZNS-Nebenwirkungen lassen sich oft schwer von der Höhenkrankheit abgrenzen.


Auch bei hoch gelegenen Flugzielen in Südamerika oder Tibet droht unerwünschte Bekanntschaft mit der Höhenkrankheit. Sie ist ebenso häufig wie die Reisediarrhö, nach Direktflügen nach La Paz (4085 m) klagen 80 % der Reisenden über entsprechende Symptome, in Cuzco (3400 m) 50 %. Nicht zu unterschätzen sind auch hoch gelegene Eisenbahnstrecken, z.B. nach Lhasa in Tibet und der Ferrocaril Centro Andino in Peru.


Dr. Neumayr empfiehlt, vor allem bei Direktflügen eine mehrtägige Akklimatisation einzuplanen und diese ggf. durch Acetazolamid zu erleichtern. Bei Reisen in Gebiete mit schlechter medizinischer Versorgung kann auch die Mitnahme von Therapeutika wie Dexamethason oder Nifedipin sinnvoll sein, denn die Mortalität für das Höhenhirnödem liegt dort über 70 % (Lungenödem 25 %).



Drei Formen der Höhenkrankheit

Akute HöhenkrankheitSymptomeMaßnahmen
Leichte FormKopfschmerz (dominiert), Appetitverlust, Übelkeit, unruhiger SchlafAufstieg abbrechen, Ruhetag, bei fehlender Besserung um 500 bis 1000 m absteigen, Ibuprofen, ggf. Metoclopramid
Schwere FormErbrechen, Schlaflosigkeit, leichte Gleichgewichtsstörungensofortiger Abstieg/Abtransport (so tief wie möglich, mindestens, bis sich die Symptome bessern), Dexamethason

HöhenhirnödenSchwerste Kopfschmerzen, ausgeprägte Gleichgewichtsstörungen (Rumpfataxie), Bewusstseinsstörungen bis zum Komasofortiger Abtransport, Sauerstoffgabe, hyperbare Therapie (Überdrucksack), Dexamethason
HöhenlungenödemSymptomeMaßnahmen
FrühstadiumProgredienter Leistungsabfall, BelastungsdyspnoeSofortiger Abstransport, Oberkörperhochlagerung, Sauerstoff, hyperbare Therapie, Nifedipin, ggf. Tadalafil
SpätstadiumRuhedyspnoe, Tachypnoe, Tachykardie, Zyanose, trockener Husten, schaumig-blutiger Auswurf

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