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Hormonelles Chaos kann Diabetes triggern

Ein polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS) liegt vor, wenn zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt sind: Oligomenorrhö/Amenorrhö, eine klinische und/oder laborchemisch bestätigte Hyperandrogenämie oder typische sonografische Veränderungen der Ovarien.
Klinisch relevant sind jedoch auch eine Glukoseintoleranz und Insulinresistenz, die mit einem knapp 2,5-fach erhöhten Risiko auftritt. Daraus ergibt sich der Bedarf einer weiteren Diagnostik und Beratung, schreibt Prof. Dr. Katharina Hancke.
Studien zufolge leiden 8−13 % der prämenopausalen Frauen an PCOS. Sie kommen vornehmlich in die Praxis wegen unregelmäßiger Menstruationszyklen (bis zur Amenorrhö) oder klinischen Symptomen des Androgenüberschusses: unreine Haut oder ein männliches Behaarungsmuster. Dem zugrunde liegt eine gestörte Balance zwischen weiblichen und männlichen Geschlechtshormonen mit Überwiegen des freien Testosterons im Serum. Die Ätiologie ist ungeklärt, es besteht eine familiäre Häufung.
Bei Verdacht auf PCOS gibt der freie Androgen-Index Aufschluss. Das Gesamttestosteron im Serum zu bestimmen ist hingegen nicht zielführend, weil dieses Hormon zu 98 % gebunden vorliegt. Eine Sonografie wird in den Leitlinien erst empfohlen, wenn zwischen Untersuchung und Menarche mindestens acht Jahre liegen, um eine Überdiagnostik zu vermeiden. Bei PCOS zeigen sich im transvaginalen Ultraschall mehr als 20 Follikel (< 10 mm) in einem Ovar oder das Ovarvolumen übersteigt 10 ml.
Insulinresistenz verstärkt den Androgenüberschuss
An die PCOS-Diagnose sollte sich im nächsten Schritt der Test auf eine Insulinresistenz anschließen, betont die Expertin. Und zwar unabhängig vom Gewicht, denn nicht nur adipöse Patientinnen, sondern auch etwa drei Viertel der schlanken Betroffenen weisen eine gestörte Glukosetoleranz auf. Gleichzeitig wirkt die Insulinresistenz pathophysiologisch verstärkend auf das PCOS. Das Insulin steigert die Androgenproduktion in den Eierstöcken und erhöht zudem die Sekretion von luteinisierendem Hormon (LH) in der Hypophyse, was die Androgenproduktion antreibt. Unter hohen Insulinspiegeln wird zudem weniger SHBG (sex hormone binding protein) hergestellt: Es kann weniger Androgen gebunden werden und das freie Testosteron steigt.
Ob eine Insulinresistenz vorliegt, zeigt z.B. der Quotient aus Nüchtern-Glukose-Wert und Nüchtern-Insulin-Wert (HOMA-Index). Ob bereits ein manifester Diabetes besteht, lässt sich über den HbA1c-Wert feststellen. Liegen weitere Risikofaktoren vor, hält Prof. Hancke einen oralen Glukose-Toleranz-Test für sinnvoll. Eine Reevaluation ist alle drei Jahre zu empfehlen.
Der Ausschluss einer Insulinresistenz bei PCOS sollte auch vor einer geplanten Schwangerschaft erfolgen, weil das PCOS mit einem erhöhten Risiko für Gestationsdiabetes sowie Schwangerschaftshypertonie und Präeklampsie einhergeht. Das Risiko scheint bei Hyperandrogenämie besonders hoch.
Für Frauen mit Kinderwunsch heißt das Ziel der Therapie: Follikelreifung mit Ovulation. Es lässt sich durch die Gabe des selektiven Östrogenmodulators Clomifen, des Aromatasehemmers Letrozol oder – wenn beide erfolglos bleiben – durch Gonadotropine erreichen.
Übergewichtige Patientinnen mit PCOS, Insulinresistenz und Kinderwunsch sollten zusätzlich unbedingt ihre Ernährung umstellen und sich mehr körperlich betätigen, schreibt die Expertin. Wie Studien belegen, konnten manche betroffenen Frauen sogar nur durch eine Gewichtsreduktion ohne medikamentöses Nachhelfen schwanger werden.
Viele PCOS-Patientinnen schaffen die Gewichtsabnahme aber nicht, daher kommt bei PCOS und Insulinresistenz häufig Metformin zum Einsatz, allerdings off label. Insgesamt geht die Metformingabe mit einer Gewichtsreduktion einher – obwohl die Datenlage relativ heterogen ist.
Metformin erhöht nicht die Fehlbildungsrate
Auf Normalgewicht schaffen es die Patientinnen auf diesem Weg allerdings kaum. Außerdem wirkt das Medikament sich nicht auf die Hyperandrogenämie aus, betont Prof. Hancke. Um Nebenwirkungen bei Therapiebeginn zu reduzieren, sollte Metformin langsam eingeschlichen werden.
Wird eine Frau unter Metformin schwanger, führt dies nicht zu einem höheren Fehlbildungsrisiko beim Neugeborenen. Die Datenlage hinsichtlich der körperlichen und neurologischen Entwicklung der Kinder ist allerdings heterogen – daher hält man sich derzeit noch mit Empfehlungen zurück. Aktuell lautet der Rat, das Medikament abzusetzen, sobald die Patientin schwanger ist.
Auf die Insulinresistenz könnte sich möglicherweise auch (Myo-)Inositol günstig auswirken. Ein signifikanter Effekt auf die Gewichtsreduktion konnte bisher allerdings nicht belegt werden. Eine neue Option für betroffene Frauen mit einem BMI > 30 ist Liraglutid, ein GLP1-Rezeptoragonist. Eine gesicherte Kostenübernahme durch die GKV fehlt jedoch bislang.
Quelle: Hancke K. Dtsch Med Wochenschr 2023; 148: 34-39; DOI: 10.1055/a-1813-1176
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