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Frauen und Männer sind nicht gleich

Männer erkranken etwa ab dem 40. Lebensjahr an Typ-2-Diabetes und damit fünf bis zehn Jahre früher als Frauen. Nach der Menopause steigt jedoch das Diabetesrisiko bei Frauen stärker als bei Männern und sie erreichen die gleiche Prävalenz, sagte Professor Dr. Hans Hauner, Technische Universität München. Ausnahmen bilden Frauen mit polyzystischem Ovarialsyndrom (PCOS), die vor der Menopause ein ebenso hohes Diabetesrisiko haben wie Männer und dazu ein hohes kardiovaskuläres Risiko. Das wird oft unterschätzt.Wichtig ist auch die mit 10 bis 20 % relativ große Gruppe der jüngeren Frauen mit stammbetontem Fettverteilungsmuster. Diese sind oft normalgewichtig, aber haben aufgrund der viszeralen Fettdepots ein hohes kardiovaskuläres Risiko.
Wie Professor Dr. Robert Ritzel, München Klinik, ergänzte, haben Östrogene pathophysiologisch einen kardioprotektiven Effekt. Daher sei es wichtig, den Zeitpunkt der Menopause zu kennen und ggf. ein kardiovaskuläres Risikofaktor-Management einzuleiten.
Unterschiedlicher Einfluss von kardiovaskulären Risikofaktoren
„Die Zeit ist reif, eine geschlechtersensible Betrachtung in die tägliche klinische Praxis zu integrieren“, sagte Prof. Ritzel. Denn die verschiedenen kardiovaskulären Risikofaktoren beeinflussen das Gesamtrisiko von Frauen anders als von Männern. Der Einfluss von fünf modifizierbaren Risikofaktoren (BMI, systolischer Blutdruck, Nicht-HDL-Cholesterin, Nikotinstatus und Diabetes) auf das Erkrankungsrisiko beträgt bei Frauen 57,2 % und bei Männern 52,6 %. Die Gesamtmortalität wird zu 22,2 % bei Frauen und zu 19,1 % bei Männern durch diese fünf Risikofaktoren beeinflusst.
Bei Frauen ist zu beachten, dass sowohl ein erhöhter Blutdruck als auch Diabetes stärkere Risikofaktoren für das Auftreten einer kardiovaskulären Erkrankung sind als bei Männern. Andersherum erhöht bei Männern das Rauchen das Erkrankungsrisiko stärker als bei Frauen. In der Praxis sollte man diese unterschiedlichen Gewichtungen der Risikofaktoren bei den Geschlechtern kennen und berücksichtigen – vor allem, wenn es darum geht, wie streng die Risikofaktoren kontrolliert bzw. eingestellt werden.
Welche Faktoren beeinflussen das individuelle Diabetes- und/oder das kardiovaskuläre Risiko?
- Bei Frauen: Menopausenalter (Östrogen wirkt kardioprotektiv.)
- Fettverteilungsmuster (Viszerales Fett erhöht das Risiko.)
- Bei Frauen: starker Einfluss von hohem Blutdruck und Diabetes auf das kardiovaskuläre Risiko
- Bei Männern: starker Einfluss des Rauchens auf das kardiovaskuläre Risiko
Betrachtet man die glukosesenkenden Therapien, gibt es keine gravierenden Unterschiede zwischen Frauen und Männern, fasste Prof. Ritzel zusammen. Einschränkend muss man jedoch sagen, dass es auch 2023 zu wenig geschlechtergetrennte Studienauswertungen gibt. Das sei ein großer Fehler, meint Prof. Ritzel.
Das Lebensstilmanagement bei Menschen mit Typ-2-Diabetes ist unzureichend und hat sich in den letzten 20 Jahren kaum verändert, konstatierte Prof. Hauner anhand der NHANES-Studie, die Lebensstilparameter bei 8.412 Erwachsenen (48 % Frauen) in den USA erfasst hat. Danach ernähren sich Frauen etwas gesundheitsbewusster als Männer, rauchen seltener als Männer und trinken weniger Alkohol – allerdings gleichen sich die Unterschiede allmählich an, weil Frauen zunehmend mehr rauchen und Alkohol trinken. Auf der anderen Seite bewegen sich Frauen weniger, sind häufiger gestresst und leiden häufiger unter Depressionen.
Angepasste Angebote fürs Lebensstilmanagement
Wie Prof. Dr. Gertraud Stadler, Charité – Universitätsmedizin Berlin, betonte, gibt es zu wenig geschlechterangepasste Angebote zum Lebensstilmanagement. Als ein Beispiel nannte sie Angebote zur Gewichtsabnahme. Diese seien häufig zu stark auf Frauen fokussiert. Hier brauche es männerfreundliche Angebote, sagte Prof. Stadler, wie das Projekt „Fußballfans im Training“. An einem solchen Ernährungsberatungs- und Bewegungsprogramm, das bei Profi-Fußballclubs stattfindet, nehmen Männer gerne teil und die Erfolge lassen sich sehen.
Prof. Stadlers Tipps, um geschlechterspezifische Verhaltensänderungen im Lebensstil zu unterstützen:
- Bei Frauen sollte eher die Motivation gestärkt und emotionale Unterstützung angeboten werden.
- Bei Männern sollten diabetesbezogenes Wissen und Fähigkeiten gestärkt werden.
- Familiäres Umfeld bzw. Partnersituation sollten bei der Therapieplanung berücksichtigt werden.
Symposium „Gender und Diabetes“, veranstaltet von München Klinik und dem Münchner Gesundheitsreferat
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