HPV-Impfung: Breiter Nutzen für beide Geschlechter laut aktualisierter S3-Leitlinie

Dr. Angelika Bischoff

Die HPV-Impfung senkt das Risiko deutlich, solche Genitalwarzen zu entwickeln. Die HPV-Impfung senkt das Risiko deutlich, solche Genitalwarzen zu entwickeln. © Science Photo Library/ Mazzari, Dr. P.

Obwohl die STIKO die HPV-Schutzimpfung seit 2014 bzw. 2018 für Mädchen und Jungen empfiehlt, sehen die Impfquoten hierzulande eher mau aus. Dabei zeigt sich an Beispielen aus anderen Ländern, welches enorme Potenzial die Maßnahme für die Prävention von anogenitalen Neoplasien bietet.

Anogenitale Infektionen mit humanen Papillomviren (HPV) zählen zu den häufigsten sexuell übertragenen Infektionen. In den allermeisten Fällen sind diese transient und nach ein bis zwei Jahren nicht mehr nachweisbar. Persistieren die Viren jedoch, können anogenitale Neoplasien entstehen.

So ließen sich im Jahr 2013 hierzulande mehr als 7500 Krebserkrankungen einer chronischen HPV-Infektion zuschreiben. Besonders gefährdet sind immundefiziente Personen, z.B. nach einer Organtransplantation oder HIV-Positive. Es gibt also gute Gründe, die Übertragung mit humanen Papillomviren einzudämmen.

Dass sich mit einer Impfung die Inzidenz von HPV-assoziierten Erkrankungen allgemein senken lässt, zeigen Beispiele aus Australien und Großbritannien, in denen sich 70–85 % der Mädchen haben impfen lassen. Von der damit erreichten Herdenimmunität profitieren die Mädels nicht nur selbst. Auch bei Jungen bzw. Männern sank in der Folge die Ansteckungsrate mit den Viren – bevor äquivalente Empfehlungen auch für sie galten.

Auf dem deutschen Markt stehen derzeit zwei Impfstoffe mit gereinigten HPV-Kapsidproteinen zur Verfügung:

  • die bivalente Vakzine mit den Proteinen der HPV-Typen 16 und 18
  • die nonavalente Vakzine der Typen 6, 11, 16, 18, 31, 33, 45, 52 und 58

Letztere hatte 2017 den quadrivalenten Impfstoff abgelöst. Für beide Vakzine werden zwei Dosen im Abstand von fünf Monaten empfohlen. Eine dritte Dosis sollte verabreicht werden, wenn der Abstand kürzer ist oder die Impfung jenseits des 14. Lebensjahres nachgeholt wird.

Gemäß dem STIKO-Vorbild raten die Autoren der S3-Leitlinie dazu, alle Kinder zwischen 9 und 14 Jahren möglichst frühzeitig zu impfen. Als weitere Zielgruppen nennen sie HPV-impfnaive Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren sowie HPV-impfnaive Erwachsene bis 26 Jahre. Ebenso sprechen sich die Experten für einen primärpräventiven Schutz Immunsupprimierter zwischen 9 und 26 Jahren aus – allerdings mit einem Drei-Impfdosen-Schema.

83 % weniger Infektionen mit HPV-16 und -18

Grundlage dieser Empfehlungen bilden vorrangig kontrollierte Studien. Daneben bezeugen aber auch populationsbezogene Erhebungen die Wirksamkeit der Maßnahme, wie etwa ein systematisches Review inkl. Metaanalyse, in dem Daten vor/nach Einführung der Schutzimpfung aus 14 Industrienationen analysiert worden waren, darunter Deutschland. Unabhängig von der tatsächlichen Durchimpfungsrate kam es fünf bis acht Jahre nach Implementierung im Schnitt zu 83 % weniger HPV-16- und -18-assoziierten Infektionen bei 13- bis 19-jährigen Mädchen.

Im Kollektiv der 15-bis 19-jährigen Mädchen ließ sich eine Reduktion der Inzidenz anogenitaler Warzen von 67 % feststellen. Äquivalent dazu lag die Rate in derselben Altersgruppe bei Jungen um 48 % niedriger. Auch traten histologisch gesicherte schwere Zervixdysplasien bis hin zu invasiven Zervixkarzinomen fünf bis neun Jahre nach Einführung der HPV-Impfung bei den 15- bis 19-jährigen Mädchen nur noch etwa halb so häufig auf.

Die Inzidenz von anogenitalen Warzen und zervikalen Dysplasien ging in Ländern mit einer breiteren Impfempfehlung für mehrere Alterskohorten (z.B. 9–26 Jahre) sowie Impfraten über 50 % stärker und schneller zurück als in Nationen, die die Impfung nur auf einzelne Altersgruppen beschränkten und in denen sich weniger als 50 % impfen ließen.

Vor einer Impfung sollte grundsätzlich keine HPV-Testung durchgeführt werden. Das Ergebnis könnte Unsicherheiten bei den Patienten hervorrufen, falls beispielsweise passagere, klinisch irrelevante HPV-Infektionen entdeckt werden. Ferner betreffen persistierende Infektionen meist nur einen HPV-Typ, erklären die Autoren, wobei der Schutzeffekt des Impfstoffs gegen andere HPV-Typen vermutlich trotzdem erhalten bleibt.

Kein therapeutischer Effekt, aber weniger Rezidive

Prinzipiell sollte man für eine Impfserie den gleichen Impfstoff nehmen. Falls aber mit der quadrivalenten Vakzine begonnen wurde, kann auch auf die nonavalente gewechselt werden, höchstwahrscheinlich ohne die Schutzwirkung zu gefährden. Zwar wird in der Leitlinie von Auffrischungsimpfungen abgeraten. Um den Schutz auf weitere HPV-Typen auszudehnen, kann nach einer vollständigen Impfserie mit der bi- oder quadrivalenten Vakzine aber eine Impfung mit der nona­valenten Vakzine erwogen werden.

Im Rahmen einer Therapie HPV-assoziierter Läsionen sollte man von einer Impfung absehen, da in dieser Situation keine therapeutischen Effekte zu erwarten sind. Erwogen werden kann die Maßnahme nach der Behandlung einer zervikalen intraepithelialen Neoplasie, um das Rezidivrisiko zu senken, wie einzelne Studien nahelegen.

Quelle: S3-Leitlinie Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien; AWMF-Register-Nr. 082-002, www.awmf.org

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