Frauen haben Zervixkarzinome noch immer am Hals

Dr. Angelika Bischoff

Im Jahr 2016 erkrankten hierzulande 4.380 Patientinnen an Gebärmutterhalskrebs. Im Jahr 2016 erkrankten hierzulande 4.380 Patientinnen an Gebärmutterhalskrebs. © Science Photo Library/ Cavallini, James

Durch die Impfung gegen humane Papillom­viren können bis zu 90 % der Zervixkarzinome verhindert werden. Auch das Risiko für andere HPV-assoziierte Neoplasien lässt sich senken. Doch die Impfrate in der deutschen Bevölkerung dümpelt zwischen 45 und 60 % herum. Die WHO fordert: Das muss mehr werden!

Der durchschlagende Erfolg, den die Impfung gegen das humane Papilloma-Virus (HPV) in einer ersten Studie vor etwa 20 Jahren brachte, führte schon vier Jahre später weltweit zur Zulassung von Impfstoffen. In Deutschland gehört die HPV-Impfung für 9- bis 14-jährige Mädchen und Jungen heute zu den Standardimpfungen im STIKO-Kalender. Wenn sie vor dem ersten Geschlechtsverkehr erfolgt, kann das Auftreten von Zervixkarzinomen bei Frauen nahezu verhindert werden, wie es sich inzwischen in der praktischen Anwendung bestätigt­ hat.

Jährlich werden fast 60.000 Konisationen durchgeführt

Weltweit ist das Zervixkarzinom die dritthäufigste Krebserkrankung und die vierthäufigste Krebstodesursache von Frauen. In Deutschland erkrankten im Jahr 2016 4.380 Frauen daran, schreiben Professor Dr. Peter­ Hillemanns von der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe an der Medizinischen Hochschule Hannover. Der regelmäßige Krebsabstrich hat in den letzten 50 Jahren bereits eine Abnahme der Inzidenz um 60–70 % bewirkt. Aber immer noch finden jährlich knapp 60.000 Konisationen statt, um Krebsvorstufen zu beseitigen. 

Mit der HPV-Impfung hat man die Möglichkeit, viel früher und wirksamer präventiv anzusetzen. Denn ohne eine persistierende HPV-Infektion entsteht kein Zervixkarzinom. Ein besonders hohes Erkrankungsrisiko ist mit den HPV-Typen 16 und 18 verbunden, die weltweit die Mehrzahl aller Zervixkarzinome auslösen. Der Weg zum Krebs verläuft über präkanzeröse Läsionen. Diese können sich zwar auch zurückbilden. Aber je höhergradig sie sind, desto wahrscheinlicher entwickelt sich ein invasiver Tumor daraus.

HPV-Impfstoffe bestehen aus dem L1-Protein der Virushülle, das sich zu leeren Kapseln zusammenlagert. Diese Kapside (Virus-Like Particles) sind nicht infektiös, da sie keine Nukleinsäure enthalten. Das Immunsystem kann sie aber nicht von echten Papillomaviren unterscheiden­. 

Mit Gardasil® und Cervarix® stehen zwei Impfstoffe zur Verfügung, die sich als sicher und gut verträglich erwiesen haben. Beide wirken hocheffektiv gegen die onkogenen HPV-Typen 16 und 18. Gardasil® schützt zudem ebenso hocheffektiv vor den HPV-Typen 6 und 11, den Hauptauslösern von Genitalwarzen, sowie gegen fünf weitere Subtypen, die in verschiedene andere dysplastische Läsionen und Neoplasien involviert sind. 

Laut bevölkerungsbasierten Daten lässt sich damit die Entwicklung von invasiven Zervixkarzinomen um bis zu 90 % reduzieren. Zudem scheint der Impfschutz nach aktuellem Kenntnisstand auch langfristig nicht nachzulassen. Auffrischimpfungen werden somit nicht empfohlen. 

Bei einer bestehenden HPV-Infektion hilft eine Impfung zwar nicht, das Virus schneller zu eliminieren. Aber die Immunisierung kann das künftige Rezidivrisiko halbieren. Das Gleiche gilt für eine Impfung kurz vor oder nach einer Konisation. 

Im letzten Jahr hat die WHO eine Initiative gestartet, die das realistische Ziel verfolgt, den Gebärmutterhalskrebs zu eliminieren. Geeignete Maßnahmen dafür wären eine Impfung von 90 % aller Mädchen bis 15 Jahre, ein Screening von 70 % aller Frauen zweimal im Alter zwischen 35 und 45 Jahren und eine Therapie inzidenter Karzinome bei mindestens 90 % der Frauen. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht Deutschland ein effizienteres Programm, z.B. mit Impfungen in Schulen. 

Pap-Abstrich ist in anderen Ländern bereits überflüssig

Persistierende HPV-Infektionen können auch bei Männern Dysplasien und Neoplasien im Anogenital- und Oropharyngealbereich auslösen. Aus diesem Grund und um das Erreichen von Herdenimmunität zu erleichtern, empfiehlt die STIKO, Jungen im Alter zwischen 9 und 14 Jahren ebenfalls zu impfen. Insgesamt sollte eine Durchimpfungsrate von mindestens 80 % angestrebt werden. In Ländern, die diesem Ziel schon näher sind als Deutschland, hat die Häufigkeit schwergradiger Dysplasien bereits deutlich abgenommen. Damit wurde es möglich, das Screening vom Pap-Abstrich auf einen HPV-Test umzustellen.

Quelle: Hillemanns P et al. Internist 2021; 62: 816-826; DOI: 10.1007/s00108-021-01102-0

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Im Jahr 2016 erkrankten hierzulande 4.380 Patientinnen an Gebärmutterhalskrebs. Im Jahr 2016 erkrankten hierzulande 4.380 Patientinnen an Gebärmutterhalskrebs. © Science Photo Library/ Cavallini, James